Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
Vom Netzwerk:
nicht häufiger als zehnmal pro Minute. Meine Atemfrequenz war auf einmal pro Minute gesunken. Sie schaffte es schließlich, mich zu wecken, brauchte aber dafür fast fünf Minuten, und selbst dann befand ich mich immer noch in einem halb bewusstlosen Zustand und war dankbar, als sie mich weiterschlafen ließ.

12. Kapitel
    A m Abend desselben Tages war ich kaum aufgestanden, als sie auch schon wie eine Furie auf mich losging. »Lucia von Stratmann, ich habe jetzt endgültig die Nase voll!«
    »Oh, bitte, lass mich eben duschen gehen, dann können wir reden.«
    Doch sie folgte mir ins Bad und stellte einen Fuß in die Tür, damit ich nicht absperren konnte. Achselzuckend zog ich mein Nachthemd aus – mittlerweile war ich aus Sicherheitsgründen auf ein hochgeschlossenes, langärmeliges, knöchellanges Modell umgestiegen – und ging unter die Dusche.
    Solveig riss den Vorhang zur Seite. »Ich habe es satt, hier den Renfield zu spielen!«
    Ich schäumte mir die Haare mit Shampoo ein. Ihre Laune war noch schlechter als beim letzten Mal, weshalb ich wohl davon ausgehen konnte, dass die Auseinandersetzung, die mir heute bevorstand, um einiges schlimmer ausfallen würde.
    »Wer ist Renfield?« Noch während ich danach fragte, fiel es mir ein. Sie meinte den kleinen, kriecherischen, Kellerasseln fressenden Schleimer, der Draculas Schönheitsschlaf bewachte.
    »Luzie, wir müssen einfach wieder miteinander reden. Es ist ewig her, dass wir uns unterhalten haben, und es fehlt mir so!«
    Sie hatte recht. Es war eindeutig zu lange her.
    »Mir fehlt es auch«, sagte ich zögernd.
    »Dann lass uns endlich wie früher miteinander sprechen!«
    »Von mir aus.« Ich lächelte sie hoffnungsvoll an, stieg aus der Duschwanne und trocknete mich ab, dann kämmte ich meine wüsten Locken in Form. Derweil betrachtete Solveig mich eingehend. »Dein Körper sieht eigentlich aus wie immer. Nicht dünner oder so. Du bist super in Form.«
    »Ich weiß.«
    »Und wie geht es dir sonst so?«
    »Gut«, versicherte ich.
    »Ich kann so nicht weitermachen«, bekannte sie, während sie mir meinen Bademantel reichte. Ich schlüpfte hinein und ging hinter ihr her ins Wohnzimmer, wo wir uns zum ersten Mal seit Wochen zusammensetzten. Sie bei einem Glas Rotwein, ich bei einem Glas Wasser.
    Solveig räusperte sich. »Du bist meine beste Freundin, aber du lässt einen überhaupt nicht mehr an dich ran. Und nachdem du nicht aus deinem Schneckenhaus rauskommst, muss ich ja wohl oder übel den ersten Schritt machen.«
    »Ich habe nichts dagegen.« Wärme breitete sich in mir aus. Ich hatte ihre Freundschaft so vermisst! Am liebsten hätte ich geweint, und mir wurde klar, dass meine Fähigkeit zu tiefen Gefühlen nicht gelitten hatte, wofür ich Gott, sofern er dafür verantwortlich war, aus vollem Herzen dankte.
    »Soll das jetzt immer so bleiben?«, fragte sie.
    »Was meinst du damit?«
    »Na, deine neuen Lebensgewohnheiten.«
    »Ich kann vor Sonnenuntergang nicht mehr wach sein, wenn du das meinst. Es ist nicht nur die normale Müdigkeit, wie du sie kennst, sondern viel schlimmer. Ich muss schlafen, solange es draußen hell ist. Und ich bin noch nicht so weit, dass ich abends weggehen könnte.«
    »Ich verstehe.« Sie nippte an ihrem Wein, dann stellte sie das Glas weg und legte die Fingerspitzen zusammen, wie sie es immer tat, wenn sie etwas ausheckte. Mit einem Mal merkte ich, dass das nicht einfach nur ein nettes freundschaftliches Gespräch werden sollte. Ich witterte Unheil und war wieder auf der Hut.
    »Ich habe noch einmal gründlich über all das nachgedacht. Über dich. Über uns. Darüber, was aus dir geworden ist und wie es dazu kam. Und ich möchte, dass du eins weißt: Ich trage dir nichts nach.«
    Ich rang mir ein demütiges Lächeln ab und befahl mir, die Geschichte aus ihrer Warte zu sehen. Schließlich hatte ich den eigentlich meiner besten Freundin zugedachten Liebesbiss ihres neuen Lovers kassiert und genoss nach diesem Verrat zu allem Überfluss auch noch an ihrer Stelle den Vorzug, niemals fett zu werden. Dabei konnte ich noch von Glück sagen, dass sie nur die frisierte Version kannte. Wenn sie gewusst hätte, wie es sich wirklich abgespielt hatte, hätte sie mich vermutlich längst im Schlaf ermordet. Dafür hätte sie nicht mal Hand an mich legen müssen. Es brauchte dazu nichts weiter als eine alltägliche kleine Verrichtung – sie hätte nur an einem sonnigen Tag mittags das Rollo hochziehen müssen und dann seelenruhig zuschauen

Weitere Kostenlose Bücher