Beißen will gelernt sein (German Edition)
Sebastian die Schuld an meiner beklagenswerten geistigen Verfassung. »Der Mann, der dir den Laufpass gegeben hat, war Sebastian?«
»Ja, natürlich!«
Ich nahm ihn ins Visier. »Du warst mit meiner Mitbewohnerin zusammen?«
Sebastians Wangenmuskeln zuckten. »Ich lasse mich nicht in diese Auseinandersetzung hineinziehen! Du bist meine Auserwählte. Wir sind vereinigt. Jetzt gehörst du zu mir, und nichts und niemand kann uns auseinanderbringen.«
»Aber ich bin doch deine Auserwählte«, protestierte Noëlle und schlug Sebastian auf den Arm. Ich wusste genau, wie ihr zumute war. »Das hast du jedenfalls gesagt, als wir das letzte Mal zusammen aus waren!«
»Du hast zwei Auserwählte?«, fragte ich. »Ist so etwas möglich?«
»Ich habe nur eine und das bist du«, entgegnete er mit störrischer Miene.
»Das kannst du so oft sagen, wie du willst – es ändert nichts an den Tatsachen«, stieß Noëlle grimmig hervor. »Ich kenne die Wahrheit.«
Sebastian hatte offensichtlich die Nase voll. Er packte mich am Handgelenk und zog mich zur Tür. »Absolute Zeitverschwendung, hier herumzustehen und zu streiten. Wir müssen dieses Haus augenblicklich verlassen. Ich muss Ysabelle an einen sicheren Ort bringen, bevor ich mir den Dämon vorknöpfe, der inzwischen sicherlich schon eine Armee aufstellt, um sie sich zu holen.«
Mein Herz fühlte sich an wie ein Klumpen Blei, der in meiner Brust rumpelte. Ich war wie betäubt vor Fassungslosigkeit und Verwirrung. Ich hatte gefühlt, was Sebastian fühlte – er war ehrlich davon überzeugt, dass wir zusammengehörten. Aber wie war das möglich, wenn Noëlle seine Auserwählte war? Und wie konnte ich bei ihm bleiben, wo ich doch wusste, wie unglücklich sie darüber war, dass er sie verlassen hatte? »Es tut mir leid, Sebastian, aber ich gehe nirgendwohin, bevor wir diese Sache nicht geklärt haben.«
»Da gibt es nichts zu klären!«, brüllte er und alle ringsum erstarrten vor Schreck. »Du bist meine Auserwählte! Du bist der Schlüssel zu meiner Rettung. Wir sind vereinigt! Frühere Beziehungen sind irrelevant!«
»Quoi? Was hat er gesagt?« Sally blieb mitten im Flur stehen. »Noëlle est aussi seine Auserwählte?«
»Bitte, Sally, nicht jetzt«, sagte ich, während ich versuchte, mir einen Reim auf die ganze Geschichte zu machen.
»Der Dunkle war offensichtlich mal mit der Wächterin zusammen«, sagte Williams Oberkörper mit einer unerträglichen Heiterkeit. »Das ist ja wie im Fernsehen, oder, Kumpel? Ich wünschte, ich hätte was zum Knabbern da. Sag mal, äh … brauchst du alle deine zehn Finger?«
Damian rutschte die Treppe ein paar Stufen herunter, um näher am Geschehen zu sein.
»Na«, sagte Sally und musterte Sebastian. »S’il a zwei Auserwählte, il est vraiment ein toller Hecht.«
»Beweis es!«, sagte Noëlle zu Sebastian, zog energisch ihre Jacke glatt und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
»Was gibt es denn da zu beweisen?«, fragte ich fest davon überzeugt, dass Sebastian die Wahrheit gesagt hatte.
»Wenn sie deine Auserwählte ist«, sagte sie, ohne mich zu beachten, »und ihr euch vereinigt habt, wo ist dann deine Seele?«
Ich sah Sebastian an und erinnerte mich an die finstere bedrückende Leere in seinem Inneren. Hast du deine Seele nicht zurückbekommen?
Er zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. Mag sein, dass es ein bisschen dauert, bis es passiert.
Ich schloss die Augen. Das unausgesprochene Eingeständnis hinter seinen Worten tat mir unglaublich weh. Sie ist deine wahre Auserwählte, nicht wahr?
Nein. Sie ist eine Auserwählte, aber nicht meine. Du bist meine Auserwählte, in jeder Hinsicht bis auf eine. Spürst du nicht, wie wir einander ergänzen? Du bringst mir Licht, Ysabelle. Du weckst Gefühle in mir, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Ich will dich behüten und beschützen. Ich möchte den Rest meines Lebens damit verbringen, alles über dich zu erfahren. Ich kenne dich noch keine Stunde, aber schon jetzt bist du für mich lebensnotwendig. Nur meine Auserwählte kann mich so fest an sich binden. Du bist mein Gegenstück. Wir sind jetzt eins, und daran wird sich nichts ändern, ganz egal, was Noëlle oder sonst jemand sagt.
Ich stand etwas verloren da und schlang die Arme um meinen Oberkörper. Mir brannten Tränen in den Augen. Sebastian versuchte nicht, mich anzufassen, er sah mich nur an und öffnete mir sein Bewusstsein, damit ich mich von der Wahrheit seiner Worte überzeugen konnte. Ich
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