Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Tischreservierer ab. Ich habe keine Lust auf Tatortbesichtiger und will auch nicht auf den letzten Drücker in Heins Sportwagen zum Einkaufen fahren. Den Gedanken an das NRW-Sammeltaxi, das mich abholen könnte, verdränge ich sofort. Ich möchte nicht an die SMS erinnert werden, die ich einst Marcel geschickt hatte und bei der mir in der Eile ein Tippfehler unterlaufen war: Fahre mit dem Rammeltaxi nach Hellenthal. Nein, daran darf ich gar nicht denken.
Wir werden das Restaurant erst am Montag wieder öffnen und morgen nur die geschlossene Gesellschaft bewirten. Allerdings können wir die Fackelwanderer nicht nur mit der Überraschungs-Crème-Brûlée abspeisen. Ich sichte unsere Vorräte.
»Der Rosenkohl muss weg«, ruft mir Gudrun zu, »aber der reicht nicht für so viele Leute.«
»Doch«, widerspreche ich, »wenn wir das noch dazutun.«
Ich ziehe Tüten mit roten Linsen und getrockneten Aprikosen sowie ein paar Dosen Kokosmilch und ein Glas roten Curry aus dem Schrank und stelle alles auf die Anrichte. Dazu lege ich ein Netz roter Zwiebeln, drei Süßkartoffeln und ein paar schrumpelige Äpfel.
»Ein bunter Eintopf, den wir mit Gemüsebrühe aufgießen können.«
»Was für ein fleischloses Durcheinander!«, bemerkt Hein.
»Ich würde meine Würstchen opfern«, bietet Jupp an und deutet zum Kühlschrank, wo er Unmengen seiner ekligen eingeschweißten Wiener lagert.
Ich lehne dankend ab und spitze die Ohren, als draußen eine Autotür zuknallt. Wird Zeit, dass mir Marcel meinen Wagen zurückbringt.
»Nein, wir haben wirklich geschlossen«, höre ich Hein sagen. »Ja, furchtbar. Schön, dass Sie dafür Verständnis haben. Kommen Sie doch Montag wieder.«
Jupp, Hein und Robert sind längst fort, und Gudrun hat sich in ihr Zimmer zurückgezogen, für morgen gut ausgeschlafen zu sein.
Die Aufgaben für die Bewirtung der Fackelwanderer sind verteilt. Hein, Robert und Bianca werden beim Servieren helfen. Jupp kann vom Stuhl in der Küche aus das Telefon bedienen und die gerösteten Mandelsplitter auf die Eintopfteller streuen. Als Gudrun sich erkundigte, ob sich Marcel um Getränke kümmern werde, wie er das früher immer getan habe, ließ ich sie wissen: »Früher ist jetzt endgültig vorbei.«
Es wird in der Tat immer später. Wo bleibt der belgische Autodieb? Der mir die am Mittag gestellte Frage, wie er denn ohne Wagen nach St. Vith zurückzukehren gedenke, nie befriedigend beantwortet hat. Ich werde ihn jedenfalls nicht kutschieren. Leider gelingt es mir nicht, Erinnerungen an frühere Freitagabende und die darauf folgenden ausufernden Nächte zu verdrängen. An eine Nähe, die selbstverständlich und behaglich war. Wie lange ist es her, dass mir jemand vor dem Frühstück einen Kaffee ans Bett gebracht hat?
Bloß nicht sentimental werden. Sachlich bleiben.
Wir sollten über einiges reden.
Ja, zum Beispiel darüber, wie die Fingerabdrücke von Jean-Marie Lambert in die Wohnung eines toten Mannes in Eupen gekommen sind. Diesmal sind es frische Abdrücke, hat Marcel gesagt, also muss der Pfarrer kurz vor seiner finalen Einkehr in meinem Restaurant den alten Mann aufgesucht haben. Wie ich den belgischen Polizeiinspektor kenne, wird er mit mir ganz bestimmt nicht über Ermittlungsergebnisse reden wollen.
Wahrscheinlich wird es wieder auf einen Deal hinauslaufen, bei dem wir beide über unsere Schatten springen müssen. Auch wenn ich nicht die geringste Lust dazu verspüre, mich in der Dunkelheit nach St. Vith und wieder zurück zu quälen, wenn mir Marcel mein Auto zurückgebracht haben wird.
Plötzlich steht er in der Tür. Ich habe keinen Wagen gehört. Er sieht müde aus, unrasiert, grau und sehr schmal. Ich ziehe meinen Vorsatz vom Mittag zurück und biete ihm zur Stärkung den frisch geschmuggelten Whisky an.
Er lehnt ab.
»Ich muss einen klaren Kopf behalten, für meinen Bericht zu schreiben.«
»Heute Abend noch?«
»Ja.«
»Viele neue Erkenntnisse?«
»Ja.«
»Habt ihr die Frau?«
»Nein.«
»Aber ihr wisst jetzt, wer sie ist?«
»Katja, sei mir nicht bös, aber ich muss direkt weg.«
Er legt den Autoschlüssel neben das Durcheinander, das morgen einen Eintopf ergeben soll.
»Ich kann dich nicht fahren. Du siehst ja, ich muss jetzt kochen.«
»Ja, sieht sehr spannend aus. Gute Nacht.«
»Willst du etwa zu Fuß gehen wie der Pfarrer?«
Ich folge ihm vor die Tür.
Erwin winkt mir aus dem Polizeijeep neben meinem Auto zu.
»Guten Abend, Katja!«
Klar, Marcel hat die Polizeizone
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