Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul
Bequemlichkeit, um kein härteres Wort zu brauchen. Sind Sie stark in der Mythologie?« »Nicht sehr, Marquis. Da ist zum Beispiel der Gott Hermes. Aber über den bin ich kaum hinausgekommen.« »Was haben Sie’s nötig! Gelehrsamkeit, aufdringliche zumal, ist nicht Sache des Gentlemans, das hat er vom Edelmann. Es ist gute Überlieferung aus Zeiten, wo der Mann von Adel nur anständig zu Pferde zu sitzen brauchte und sonst überhaupt nichts lernte, schon gleich nicht Lesen und Schreiben. Die Bücher überließ er den Pfaffen. Davon ist unter meinen Standesgenossen viel übriggeblieben. Die meisten von ihnen sind elegante Trottel, und nicht einmal immer charmant. – Reiten Sie? – Erlauben Sie jetzt, daß ich Ihnen einschenke von diesem Sorgenbrecher! Ihr Wohl noch einmal! Oh, – meines, da haben Sie gut wünschen und darauf trinken. Dem ist so leicht nicht zu helfen. – Sie reiten also nicht? Ich bin überzeugt, daß Sie aufs beste dafür veranlagt, geradezu dafür geboren sind und im Bois jeden Kavalier ausstechen würden.« »Ich gestehe Ihnen, Marquis: Fast glaube ich es selbst.«
»Das ist nicht mehr als gesundes Selbstvertrauen, lieber Kroull. Ich nenne es gesund, weil ich es teile, weil ich Ihnen selbst Vertrauen entgegenbringe, nicht nur in diesem Punkt … Lassen Sie mich ganz offen sein. Ich habe nicht den Eindruck, daß Sie Ihrerseits eigentlich ein Mann der Vertraulichkeit und der Herzensergießung sind. Mit einem Letzten halten Sie zurück. Irgendwie ist es ein Geheimnis mit Ihnen. Pardon, ich bin indiskret. Daß ich so spreche, zeigt Ihnen meine eigene Lockerkeit und Mitteilsamkeit, eben mein Vertrauen zu Ihnen …« »Für das ich Ihnen aufrichtig verbunden bin, lieber Marquis. Darf ich mir erlauben, mich nach Mademoiselle Zaza’s Befinden zu erkundigen? Fast war ich erstaunt, Sie ohne sie hier zu finden.«
»Wie nett, daß Sie nach ihr fragen! Nicht wahr, Sie finden sie reizend. Wie sollten Sie nicht? Ich erlaube es Ihnen. Ich erlaube der ganzen Welt, sie reizend zu finden. Und doch möchte ich sie wieder der Welt entziehen und sie allein ganz für mich haben. Das liebe Kind hat zu tun heute abend in ihrem kleinen Teater, den ›Folies musicales‹. Sie ist ja vom Soubrettenfach, wußten Sie das nicht? Zur Zeit tritt sie auf in ›Le don de la fée‹. Aber ich habe das Ding schon so oft gesehen, daß ich nicht jedesmal wieder dabei sein kann. Es macht mich auch etwas nervös, daß sie so wenig anhat bei ihren Couplets, – das Wenige ist geschmackvoll, aber es ist wenig, und jetzt leide ich darunter, obgleich es anfangs gerade schuld daran trug, daß ich mich so unsinnig in sie verliebte. Haben Sie jemals leidenschaftlich geliebt?« »Ich bin ganz gut in der Lage, Ihnen zu folgen, Marquis.«
»Daß Sie in Liebesdingen Bescheid wissen, glaube ich ohne Ihre Versicherung. Und doch scheinen Sie mir der Typ, der mehr geliebt wird, als daß er selber liebte. Habe ich unrecht? Gut, lassen wir’s in der Schwebe. Zaza hat noch im dritten Akt zu singen. Dann werde ich sie abholen, und wir werden in der kleinen Wohnung, die ich ihr eingerichtet habe, den Tee miteinander nehmen.« »Meinen Glückwunsch! Das bedeutet aber, daß wir uns mit unserem Lafitte werden beeilen und diese hübsche Sitzung bald werden aufheben müssen. Für mein Teil habe ich ein Billet für die Opéra Comique in der Tasche.« »Wirklich? Eile hab’ ich nicht gern. Ich kann der Kleinen auch telephonieren, daß sie mich etwas später zu Hause erwarten soll. Und Sie, hätten Sie etwas dagegen, erst zum zweiten Akt in Ihre Loge zu kommen?«
»Nicht viel. ›Faust‹ ist eine reizende Oper. Aber wie sollte es mich dringlicher zu ihr ziehen, als es Sie zu Mademoiselle Zaza zieht.«
»Ich würde nämlich gern noch etwas eingehender mit Ihnen plaudern und Ihnen von meinen Sorgen sprechen. Denn daß ich in einer Bredouille bin, einer schweren, einer Herzensbredouille, müssen Sie schon manchem Wort entnommen haben, das mir heute abend entschlüpfte.«
»Ich tat es, lieber Marquis, und habe nur auf einen Wink gewartet, mich nach der Art Ihrer Verlegenheiten mit Teilnahme erkundigen zu dürfen. Sie betreffen Mademoiselle Zaza?«
»Wen denn wohl sonst! Haben Sie gehört, daß ich reisen soll? Für ein Jahr auf Reisen gehen?«
»Ein ganzes Jahr gleich! Warum denn?«
»Ach, lieber Freund, die Sache ist diese. Meine armen Eltern – ich habe Ihnen ja gelegentlich von ihnen erzählt – sind von
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