Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
gebuchten Zimmers und einer Flasche Dom Pérignon auf Eis flachzulegen. Es wäre so einfach gewesen, meine Kleider bei Barneys unterzubringen, aber ich war nicht bereit, mich unter Chester Pittmans Speckfalten zu prostituieren. 53
In der ersten Reihe saß Gil Johannessen von Women’s Wear Daily zwischen Natalie Portman und einem von den Strokes . 54
Ben war natürlich da. Ebenso Philip, Rudy Cohn, Dreama Van der Sheek und Ester Braun von Pho(2). Viele meiner Freunde aus Williamsburg waren gekommen, um die leeren Plätze aufzufüllen und das Label zu unterstützen. Musiker, Künstler und Models. Ich hatte ein Tanzstudio gemietet, und die Spiegel zu beiden Seiten ließen die Veranstaltung voll und wichtig erscheinen. Die Typen vom Design-und-Bau-Kollektiv in der Zahnstocherfabrik hatten mir für einen Freundschaftspreis den Laufsteg gebaut.
Michelle kam allein, weil ich schon den ganzen Tag mit den Vorbereitungen zu tun gehabt hatte. Sie sah zuckersüß aus in dem Jill-Stuart-Kleid, das ich ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich setzte sie vorne neben Ben, weit genug weg von Rudy, mit der ich einen nicht ganz so harmlosen Flirt am Arbeitsplatz angefangen hatte. Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis zwischen uns etwas passieren würde. Dass unsere Freundschaft enger wurde und wir andauernd Pläne machten, um unsere nächste Begegnung nicht dem Zufall zu überlassen, bestätigte meinen Verdacht. Wenn ich in Rudys Nähe war, ging meine hyperaktive Phantasie mit mir durch. Ich träumte davon, ihre schamlosen Lippen zu küssen, die dann meine Anakonda umschlangen, während meine Küsse sich ihren anderen duftenden Lippen näherten.
Ahmed kam auf dem Weg zum Flughafen vorbei, um mir Glück zu wünschen.
»Bedeckt euch, Mädels«, rief er. »Opa im Anmarsch. Da bist du ja, Boy! Schau dir bloß diese Kleider an! Wir mischen das Textilgeschäft richtig auf. Also: Da das hier unsere erste gemeinsame Fashion Show ist, möchte ich dir alles Gute für deinen großen Abend wünschen. Hals- und Beinbruch, wie man in unserer Wahlheimat sagt. Und ein paar Rippen noch dazu! Ich hab heute Abend leider einen Termin draußen am Flughafen, deshalb kann ich nicht bleiben. Aber wie ich sehe, hast du alles unter Kontrolle.«
»Aber Ahmed …?«
»Ich weiß, ich weiß. Du hast was gut bei mir, Boy. Ciao, okay?«
»Ich kann nicht mal richtig sauer werden, so aufgeregt bin ich gerade.«
Olya kam und küsste Ahmed zur Begrüßung. Sie trug nichts als die Paillettenpasties über den Brustwarzen und den passenden Stringtanga. Beides würde später durch die transparente Burka zu sehen sein.
»Schätzchen, du bist so schön, wie der Tag lang ist.«
»Ahmed, warum rufst du mich nicht an?«, sagte sie mit einem Schmollmund.
»Nicht eine Minute würde ich mit dir überstehen. Das weißt du doch. Meine Pumpe macht so was nicht mehr mit.« Er schlug sich auf die Brust.
»Olya, wo ist dein Oberteil? Und warum bist du noch nicht geschminkt?«
»Boy, ich trag Burka mit Schleier vor dem Gesicht. Bleib locker! Ich geh jetzt in Maske.«
»Genau, bleib locker, Boy.« Ahmed zwinkerte. »Wir finden Olyas Oberteil schon. Komm, Liebes. Zeig es mir.«
Sie nahm ihn beim Arm, und Ahmed begleitete sie in die Maske, wo die meisten Mädchen das Gesicht schneeweiß gepudert bekamen.
Ich schielte durch den Vorhang, und das Haus füllte sich langsam. Aber im Moment waren immer noch mehr Leute backstage als im Saal. Ich hatte alle meine Freunde zusammengetrommelt, damit sie mir bei der Show halfen, allerdings hatten diese Freunde wiederum ihre Freunde eingeladen, weshalb so ziemlich alle backstage herumwuselten. Zugegeben, es herrschte Bombenstimmung, aber wir waren jetzt schon eine halbe Stunde zu spät dran.
»Alle mal herhören«, rief ich, »wer nicht arbeitet, verpisst sich jetzt bitte! Sorry, dass ich hier der Arsch sein muss, aber wir müssen uns konzentrieren. Ahmed? Wo ist der Kerl? Ahmed?«
»Anya, Olya … Olya …«
»Was? Komm ja schon«, rief sie und lief mit der Burka und einem leichten Schleier, hinter dem der tiefrote, perfekte Lippenstift schimmerte, zum Vorhang. Die Mädchen stellten sich der Reihe nach auf. »Vajda, Marijka, Irina, Katrina …« Der Raum leerte sich langsam. Olya schob den Schleier beiseite, lehnte sich zu mir herab und gab mir einen dicken Schmatzer. Ich sah mich noch einmal um, konnte Ahmed aber nirgends finden. Er war verschwunden. Weit und breit nichts als ein Hofstaat von Nymphen und Göttinnen in
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