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Bekentnisse eines möblierten Herren

Bekentnisse eines möblierten Herren

Titel: Bekentnisse eines möblierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Die Gesetze der Ritterlichkeit geben für derartige Situationen keinerlei Anhaltspunkte, dachte er.
    »Dann wollen wir so langsam...«
    Er trat vor den Schrank, und Rücken an Rücken begann die Notgemeinschaft mit der Entkleidung. Man hörte, was der andere auszog. Und wie der Nichtschwindelfreie beim Blick über die Brüstung in die Tiefe gezogen wird, hatten beide das Gefühl, sich nacheinander umdrehen zu müssen. Schweigend war die Lage nicht länger zu meistern.
    »Brauchst du was?«
    »Was soll ich brauchen?«
    »Pyjama?«
    »Danke, ich habe alles dabei. Nur ins Bad würde ich gerne noch gehen.«
    »Das müssen wir uns leider aus dem Kopf schlagen. Wenn Renate aufwacht
    »War auch nur eine Frage. Wir sind ja im Bahnhofsbunker!«
    Im Turnus seiner Ausziehgewohnheiten drehte sich Lukas nach seinen Hausschuhen um.
    »Entschuldige, ich »Keine Ursache!«
    Barfuß stand er vor dem Schrank und zupfte an seinen Schlipsen, bis sie alle gleich lang über der Leiste hingen. »Ich bin fertig«, sagte Sylvia endlich.
    Da lag sie, die sonst so Männergewandte, scheu und winzig und sah ihn mit großen Augen an, wie ein Kind, bevor die Mutter das Licht ausmacht.
    »Ja, wie ist es dir am liebsten... Kopf bei Fuß, nach Sardinenart, oder
    »Komm«, sagte sie mütterlich, »wir schlafen wie ein Ehepaar.«
    »Das dürfte auch das sicherste sein«, antwortete er, knipste das Licht aus und kletterte über sie hinweg zur Wand. Sie drehte sich um, eine uferlose Hüfte schob sich in seine Weichteile.
    »Gute Nacht!«
    »Lukas!«
    »Mmmmm?«
    »Lukas... bitte!«
    Er fuhr hoch.
    »Ja, hallo? Was machst du denn hier...?«
    »Lukas, es tut mir schrecklich leid. Schon seit einer Viertelstunde versuche ich dich wachzukriegen, ich »Warum hast du mir nicht einfach die Nase zugehalten?«
    »Ich hab’ mich nicht getraut. Ich weiß doch nicht, wie du reagierst im Bett — Männer sind da sehr verschieden.«
    »Mußt du raus?«
    Sie nickte. »Entschuldige, ich bin sonst nicht so...«
    Er gab ihr seinen Bademantel und brachte sie zur Tür. »Die zweite rechts; die erste ist die Besenkammer. Aber bitte leise!«
    Er nahm eine Zigarette, setzte sich aufs Bett und wartete, bis der Wasserfall ihre Rückkehr meldete, trat in den Stollen, um gleich wieder abzuschließen.
    Mit verschränkten Armen stand Sylvia vor dem Bett und kicherte.
    »Schau mal, was ich mitgebracht habe!«
    Sie zog die Linke unter dem Revers des Bademantels hervor und präsentierte ihm ein Glas mit Eingemachtem.
    »Bist du wahnsinnig?«
    »Entschuldige, ich konnte einfach nicht widerstehen. Es sind Quitten! Das ganze Regal steht voll!«
    In ihrer Stimme lag etwas Rührendes. Mild schüttelte er den Kopf. Dann saßen sie auf dem Bett, mit hochgezogenen Knien, und fischten — in Ermangelung eines Löffels — die Früchte mit den Fingern heraus. Lukas reichte ihr aus der Brusttasche seines Pyjamas ein frisches Taschentuch. Sylvia entfaltete es.
    »Auch noch mit Monogramm! Du Snob!« Sie gab ihm das Glas. »Komm, trink den Saft aus, das ist Männersach’!« Lukas trank aus und lehnte sich zurück.
    »Haben wir es nicht gemütlich?« fragte sie und legte den Kopf auf ihre Knie. Er sah sie an. Ja, sie hatten es wirklich gemütlich.
    Sylvia verbreitete Wärme und Häuslichkeit auf eine besonders angenehme und heitere Weise; von der Seite kannte er sie bisher noch nicht.
    »Jetzt hätte ich nur noch eine Bitte«, fuhr sie fort, »wäre es dir möglich, mir eine Zigarette zu verabfolgen?«
    »Wie Madame befehlen«, fiel er in ihren Ton ein.
    »Oh, ich will Sie aber nicht berauben!«
    »Nicht doch, schöne Frau! — Feuer?«
    »Sie verwöhnen mich, mein Herr!«
    Auch er zündete sich eine Zigarette an.
    »Wünscht die Dame vielleicht noch etwas Musik? Einen bunten Strauß gepflegter Melodien?«
    Lukas schaltete den Apparat ein.
    »Hoffentlich denken Sie nicht schlecht von mir«, sagte er.
    »Wie sollte ich?«
    »Weil ich Sie nicht wissend machte, Ihnen gewissermaßen nicht nahe genug trat.«
    »Oh, nicht doch! Ich weiß bereits ums Leben! Sollte jedoch Ihre geschätzte Männlichkeit einer Verstärkung bedürfen, so bin ich gerne bereit, aller Welt zu verkünden, Sie wären ein umwerfender Liebhaber.«
    »Da möchte ich Pauli sehen!«
    Sie wurde plötzlich ernst.
    »Wenn ich mir’s recht überlege, so war es unmöglich von ihm, mich einfach auszuleihen — bei aller Freundschaft. Und das hat er doch! Mich einfach abgeschoben! Wäre der Vorschlag von mir gekommen, und ich hätte ihn

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