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Bel Ami

Bel Ami

Titel: Bel Ami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Uhlmann
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Französisch mit Gilbert. Hätte ich mir denken können. Natalie saß daneben und wartete freundlich ab. Sie wusste um ihre Wirkung, auch ohne Konversation.
    »Detlef. Eine Flasche Champagner!«
    Sofort hatte ich das Geforderte in der Hand und stand neben der Ruferin.
    »Er sagt, er schafft es zehnmal hintereinander!«, erklärte mir Conny lachend und zeigte auf den Fußballer, der seine Hosenbeine nach oben gekrempelt und mir die Flasche aus der Hand genommen hatte. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ein Kreis aus Schaulustigen hatte sich um den Mann gebildet und feuerte ihn nun an. Ich sah eine muskelbepackte Wade, einen Schuh von Ferragamo und meinen Champagner – der gefährlich von links nach rechts kippelte, von einem Fuß zum anderen flog, ohne dabei den Boden zu berühren. … Acht, neun, zehn! Mit dem letzten Schwung flog die Flasche kopfhoch und … rutschte ihm aus der Hand. Sie landete unversehrt auf dem Teppich, nachdem sie zuvor zehn fehlerfreie Flüge hinter sich gebracht hatte. Damit war die Wette gewonnen. Ich hoffte sehr, dass das arme Ding nicht Opfer und Trophäe in einem sein musste. Zu spät. Sie wurde geköpft und sprudelte aus vollem Hals. Der tosende Applaus erinnerte mich an das Fußballspiel, das vor wenigen Stunden stattgefunden hatte.
    Fußballer sind in erster Linie Athleten, aber nichtsdestotrotz  – oder vielleicht gerade deswegen – Männer mit großer Libido. Kein Alkohol, kein Nikotin, kein Müßiggang bremst die Ausschüttung ihres Testosterons. Meine Mädchen waren begeistert von so viel Muskelmasse.
    Nach dieser Nacht hatten sich meine beiden polnischen Lockvögel hausintern den Beinamen »One-Million-Dollar-Babys« eingehandelt und ich war ein begeisterter Fußball-Fan geworden.
Hausarrest für Gefühle
    »Ach, komm schon, Süße, jetzt trinken wir einen zusammen, und dann vergessen wir den Scheißkerl einfach, okay?«
    »Davon bekomm ich Kopfweh!«
    Langsam begann sich Rosi zu ärgern. Seit fast 20 Minuten hatte sie von Marlen nichts anderes gehört als immer wieder: »Das ist nicht fair, das ist nicht richtig.« Sie sah nicht nur kindlich aus, sie verhielt sich auch so. Rosi langte nach ihrer Elfenbeindose und schob zwei schöne weiße Linien auf dem Tresen zusammen. Mit einem zusammengerollten Geldschein zog sie sich den Stoff in die Nase, schloss die Augen und wartete auf die Wirkung. Augenblicklich wurde es kühl im Hals, dann im Rachen. Sie warf ihren Kopf nach hinten und schaute mit schwarzen Pupillen an mir vorbei, dann auf die trauernde Marlen. Entschieden drückte sie ihr das Röllchen in die Hand.
    »Dann nimm das! Davon bekommst du bestimmt kein, hmm … Kopfweh!«
    Wie leicht ihr nun fiel, sich auf ihre infantile Kollegin einzulassen. Marlen richtete sich auf, wischte sich mit dem Handrücken über die verheulten Wangen und zog dann den Stoff samt Rotz geräuschvoll durch die Nase.
    Ich stand auf der anderen Seite des Tresens, sah mir das Drama also aus nächster Nähe an. Marlen wirkte mit ihrem Porzellangesichtchen wie eine minderjährige Klosterschülerin, und wenn sie wie jetzt vor einem saß, den schmalen Rücken gebeugt und eine Haarsträhne vor dem Gesicht, dann musste man einfach von ihrer Kindlichkeit gerührt sein. Egal, wie sehr ihr Gehabe einem sonst auf die Nerven ging. Immer öfter fragte ich mich, ob es nicht doch ein Fehler gewesen war, Marlen aus dem alten Bel Ami zu übernehmen.
    »Er hat immer gesagt, wie sehr er mich liebt und begehrt. Dass ich die Einzige bin, das Schönste, was er je gesehen hat. Und immer hat er mir was mitgebracht. Einen Ring, Unterwäsche, manchmal auch nur meine Lieblingsschokolade. Letzte Woche hat er mir eine Kassette mit Aretha Franklin geschenkt, die er selber zusammengestellt hat. Manchmal haben wir nichts weiter gemacht als zu reden oder uns zu streicheln. Dann haben sich seine Haare immer aufgestellt. Meine Finger über seine Brust: Haare hoch. Finger weg: Haare runter.«
    Marlen hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte. Dann weiteten sich ihre Augen und füllten sich wieder mit Tränen. Rosi war jetzt deutlich wacher und schien der schnellen Abfolge der Gefühle besser folgen zu können.
    »Fast ein ganzes Jahr ist er ausschließlich zu mir gekommen. Und dann spaziert er heute hier rein und lächelt mich so beiläufig an, als wäre ich irgendeine x-beliebige Hure.«
    Von einem Moment zum anderen hatte sich Marlens Gesicht in eine Fratze aus Hass und Zorn verwandelt.
    »Er pflanzt seinen dürren

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