Bel Ami
Arsch neben Maria, die wenigstens 20 Kilo schwerer ist als ich, und sabbert auf ihren fetten Busen, als wär’s ’ne Weihnachtsgans!«
Nach kurzem Zögern erlag Rosi der Versuchung, sich eine Zigarette anzustecken. Sie inhalierte tief. Dann betrachtete sie nachdenklich Marlens Dekollete. Sie hatte Körbchengröße B, wie ich wusste. Eindeutig die kleinsten Titten von allen. Klein, aber fest und wohlgeformt mit hellrosa Nippeln. Rosi warf mir einen Blick zu und sah mir wohl an, woran ich dachte. Ein irrationales Kichern stieg ihr den Hals hoch. Sie griff nach dem Champagner und spülte es hinunter. Irgendetwas schien sehr bitter zu schmecken.
Dass sich in Marlens Augen erneut Tränen bildeten, war Rosi nicht entgangen, und sie schien froh darüber zu sein, nicht wirklich laut losgelacht zu haben.
»Er hat meine Brüste so oft geküsst und gestreichelt und mir gesagt, wie schön er sie findet!«, jammerte Marlen.
Rosi tätschelte ihren Arm.
»Hätte sich der Arsch nicht wenigstens verabschieden können? Warum mache ich diesen Job überhaupt?«
Marlen tat sich leid.
Rosi machte ein neutrales Gesicht und klang betont gleichgültig: »Du wusstest doch, dass er nur ein Kunde ist. Das ist unser Geschäft. Männer sind so. Die wollen eben nicht jeden Tag Eintopf essen. Selbst wenn es feinster Kaviar wäre, würde es sie irgendwann anöden. Das muss ich dir doch nicht erzählen, Süße. Du bist doch lange genug dabei.«
»Das heißt doch nicht, dass ich keine Gefühle habe, und man auf mir herumtrampeln kann! Jeder Mensch hat Gefühle, oder nicht? Ist eine Hure etwa kein Mensch? Vielleicht gibt’s ja irgendwo ’ne Klinik, die einem das Gefühlsleben rausschneidet. Wie einen Tumor, verstehst du. Oder …«
Rosi schaute auf die Uhr. Die Chancen, noch einen Kunden ins Bett zu kriegen, waren inzwischen nicht mehr sonderlich hoch.
Marlen gab ein kicherndes Geräusch von sich.
»Oder man schluckt ein paar Pillen und scheißt die ganzen Gefühle aus. Wie Schmetterlinge, alle tot, für immer!«
»Marlen …«
»Ja was denn, Miss Neunmalklug? Erzähl mir nicht, dass du nicht weißt, wovon ich rede. Was bist DU denn für Detti? Glaubst du, du bist die Einzige, die er vögelt? Wusstest du, dass er gestern, gleich nachdem du nach Hause gegangen bist, mit den beiden polnischen Lesben mit raufgegangen ist?«
Marlen konnte nicht wissen, dass Treue nicht die Basis unserer Beziehung war und musste davon ausgehen, einen Trumpf ausgespielt zu haben. Gehässig starrte sie Rosi an und wartete auf die Wirkung ihrer Worte. Ich fragte mich, ob die blöde Kuh wirklich so zugedröhnt war, dass sie mich nicht bemerkte, oder ob sie mir absichtlich eins hatte auswischen wollen. Vielleicht würde ich sie doch rausschmeißen müssen. Natürlich erntete ich nun einen Blick von Rosi, in dem die Überraschung kurz aufflackerte und dann von etwas abgelöst wurde, das ich nicht richtig einschätzen konnte. Ich begann allmählich, mich über beide Frauen zu ärgern.
Angeekelt betrachtete Rosi Marlens tränenverschmiertes Gesicht, und es war klar, dass sie sich mit ihrer Petzerei auch bei ihr unbeliebt gemacht hatte.
»Ich denke, du solltest jetzt nach Hause gehen.«
Später hockte Rosi mit angewinkelten Beinen auf der Couch in meinem Büro.
Ich schloss das Fenster. Die Nacht war eiskalt. In der Scheibe sah ich, dass sie mich beobachtete, und ich drehte mich um.
»Was hatte sie denn?«
»Liebeskummer!«
»Ralf?«
Rosi nickte.
»Der ist mit Maria grad hoch.«
»Er hätte sich wenigstens von ihr verabschieden können!«
»Na, was glaubst du denn, warum die Männer hierherkommen?«, blaffte ich sie wütend an.
»Weil sie scharf drauf sind, euch Frauen zu verstehen? Um Schuldgefühle haben zu müssen? Erklären, entschuldigen, trösten – das müssen sie zu Hause machen. Hier nicht. Dafür bezahlen sie. Wenn ihr das nicht begreift, hättet ihr euch im Supermarkt hinter die Kasse stellen oder Briefe abtippen und es dem Chef dann umsonst besorgen sollen. Das hier ist doch nicht Barbie-Land, in dem Ken auf Knien um eure Hand anhält. Es gibt hier klare Regeln, wie in jedem anderen Job auch. Niemand wird zu irgendwas gezwungen, jeder kann jederzeit gehen. Marlen hat die Regeln missachtet – nicht Ralf!«
Rosi hatte mir schweigend zugehört, ihr Glas geleert und stand nun auf.
»Wir sind keine Roboter, Detlef.«
Dann ging sie.
Ich stellte mich vor den Spiegel und sah mir in die Augen. Deutlich und langsam formulierte ich:
»Schade
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