Bel Ami
ganze Band ins Bel Ami . Typen, die lange Sonette schrieben, in denen von Herzen die Rede war, die füreinander bestimmt waren, von Errettung oder der Vision eines glücklichen Lebens zu zweit, solche Typen mochte ich nicht. Bis er sich in Alicia verguckt hatte, waren er und sein Vater regelmäßige Besucher bei mir gewesen. Der Vater, ein stinkreicher Geschäftsmann um die 60, hatte ihn als Geschäftsführer eingesetzt und ihn dabei gleich in die Firmeninterna eingeführt: Geschäfte lassen sich am besten in der Sauna abwickeln, hübsche Mädchen steigern den Umsatz. Eine Rechnung vom Bel Ami pro Monat gehörte in jede ordentliche Buchhaltung – steuerlich absetzbar und auch persönlich sehr befriedigend. Anfänglich fand ich die Idee des alten Herrn sehr gut, zumal sein Sohn kein Kostverächter und ebenso spendabel wie der Vater war. Bis diese Sache mit Alicia angefangen hatte.
»Er muss zumindest ganz gut verdienen!« Alicia hielt ihre Nase in die Rosen und schloss die Augen.
»Der Vater hat die Kohle. Den solltest du dir angeln, wenn du noch immer auf eine lukrative Ehe scharf bist!«
In Wahrheit war ich nicht mal ansatzweise bereit, meine lukrativsten Pferde im Stall so schnell von der Leine zu lassen. Was Malila anging, hatte sie sich zwar schon öfter Wutausbrüche und derartige Anfälle von blinder Zerstörungswut geleistet, aber so schlimm wie heute war es noch nie gewesen. Ich wusste also nicht, ob sie wiederkommen würde. Und es konnte ja wohl nicht sein, dass ich gleich zwei Mädchen auf einmal verlor. Ich würde ein paar neue heranschaffen müssen. Sicherheitshalber!
Da ging die Tür meiner Bar auf und eine Frau trat ein. Sie war fett, alt und wütend.
»Ist Werner hier? Das ist mein Mann, und er hat einen Pudel bei sich. Ich wette, er ist hier!«
Lag es an der Happypille oder war dieser Abend wirklich so bizarr? Ich spürte ein Kichern im Hals. Ein paar Mädchen hatten sich weniger unter Kontrolle. In der Ecke zwischen Bar und Fenster glaubte ich eine flüchtige Bewegung wahrzunehmen. Ich ergriff die nächstbeste Flasche und ein Glas und eilte der Schachtel entgegen.
»Guten Abend, ich bin Detlef und mir gehört diese Bar. Leider weiß ich nicht, wer Ihr Mann ist. Aber vielleicht darf ich Sie auf ein Gläschen …«, ich schaute auf die Flasche in meiner Hand, »… Rotwein einladen? Und während Sie ein Schlückchen trinken, schauen Sie sich in Ruhe um. Und wenn Sie ihn hier nicht finden, zeige ich Ihnen auch gern unsere Zimmer oben!«
Werners Frau schob das ihr angebotene Glas energisch beiseite und inspizierte misstrauisch meine Bar.
»Harti ist mit Alicia gerade ins Blaue gegangen!«, flüsterte mir Karin zu. Oh, nein! Das war mir entgangen. Harti war ein befreundeter Steuerprüfer in fortgeschrittenem Mannesalter, der mir schon öfter mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte und dem ich auf keinen Fall diesen Drachen auf der Suche nach Werner auf den Hals hetzen wollte. Mittlerweile wurde ICH von der Dame beäugt.
»Gibt es etwas, das Sie mir verschweigen möchten?«
»Meine Teuerste, ich habe gerade erfahren, dass sich einer meiner Gäste in die oberen Zimmer zurückgezogen hat. Den möchte ich ungern stören. Sie verstehen?«
»Ich verstehe sehr gut. Ich denke aber auch, dass ich nach 45 Jahren Ehe das Recht habe, zu erfahren, was mein Ehemann treibt, wenn er eigentlich mit Wolle Gassi gehen soll!«
Damit drängte sie sich an mir vorbei und in Richtung der Zimmer. Nico hob die Arme und schaute mich fragend an. Ich winkte dem Türsteher ab und eilte der Frau hinterher, die zielsicher auf das Blaue Zimmer zusteuerte. Ich überholte sie und appellierte an Vernunft und Diskretion, aber das machte sie nur noch wütender und mich in ihren Augen verdächtiger. Sie pochte gegen die Tür.
»Mach auf, Werner. Ich weiß, dass du da drin bist. Dachtest wohl, ich bin blöd, oder was? Wie viel von unserem Geld …?« Plötzlich öffnete sich die Tür und Harti, der Steuerprüfer, stand breitbeinig und splitternackt vor uns.
»Ich war noch nie verheiratet, junge Frau, und …« Harti musterte die Dame von oben bis unten, weidete sich an ihrem entsetzten Blick und beendete: »… und bereue es auch nicht. Guten Abend!«
Ich schluckte erneut mein Gekicher herunter und bekam davon einen Schluckauf. Hick. Werners Frau schaute mich wütend an, stieß ein angestrengtes Danke hervor, drehte sich um und stampfte hinaus. Hick. Aus dem Blauen Zimmer hörte ich es wiehern. Waren hier alle verrückt
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