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Bel Ami

Bel Ami

Titel: Bel Ami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Uhlmann
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Wünschen.
    »Hast du deine Hausaufgaben etwa wieder nicht gemacht, Renate? Mein Gott, du bist so dumm, dass ich schon gar nicht mehr weiß, was ich mit dir machen soll! Geh und hol mir den Rohrstock. Knie dich hin, streck die Hände aus. Handflächen nach oben. Der Zauberlehrling ist ein Gedicht – erster Schlag . Von wem? Falsch! – zweiter Schlag . Und du hast es wieder nicht gelernt! – dritter Schlag . Es hat sieben Strophen mit vierzehn Versen. Drei Schläge für jede nicht gelernte Strophe macht 21. Schau mich nicht an. Schau auf den Boden!«
    Und dann Eveline aus Weimar. Sie war schon 30 und trotzdem die größte Attraktion von allen. Schlanker, fester Körper mit Brüsten, aus denen sie jederzeit Milch spritzen lassen konnte. Es gab Nächte, in denen sie mehr an den Wetteinnahmen verdiente als am Sex. An ihren Brüsten müssen mehr Männer gesaugt haben als Frauen an meinem Schwanz. Sie mischte Koks mit Backpulver und Wasser zu einem Brei, ließ ihn aufkochen und rauchte die entstandenen Klümpchen in einer Pfeife. Gewöhnlich trug sie einen langen schwarzen Kimono, der bei jeder Bewegung kurz aufklappte und ihre Nacktheit darunter erahnen ließ. Wenn sie langsam durch den Raum schritt, in der einen Hand ein Sektglas, in der anderen ihre kleine schwarze Pfeife, zog sie alle in ihren Bann. Sie dürsteten, lechzten und gierten. Sie wollten sie alle.
    Die Mädchen aus dem Osten waren anders. Frischer, offener, natürlicher. Sie ließen sich sogar küssen und gaben meinen Gästen das Gefühl echter Intimität. Ich verdiente so viel wie nie zuvor.
    Es erschienen Artikel über mich und das Bel Ami in der Männer Vogue und im Playboy . Es hieß darin zu Recht, ich würde den besten Club Deutschlands führen. Seitdem brauchte ich die Mädchen nicht mehr zu überreden, damit sie bei mir arbeiteten. Sie kamen von ganz allein und scharenweise. Und mit ihnen kamen die Männer. Sie reisten aus ganz Europa an, zeigten auf die Bilder in der Vogue und wollten sie sehen – die Schönheiten, die bei mir arbeiten. Und ich hatte sie alle, zeigte sie und gab sie ihnen – für Geld. Für sehr viel Geld. Ich war ganz oben.
    Ich ließ mein Elternhaus in Friedrichshagen aufwendig für uns sanieren, kaufte Simone ein Pferd und mir einen Bentley. Wir sahen uns den Film Pretty Woman mit Richard Gere und Julia Roberts an. Danach nannte ich sie heimlich auch so: meine kleine Pretty Woman . Denn, genau wie Richard, legte ich ihr ja auch die Welt zu Füßen: Brasilien, Mexiko, Neuseeland, Dubai, Thailand, die Seychellen, Hawaii und Mauritius. Simone liebte die Reisen, und sie liebte die Oper. Und auch ich fand Gefallen daran. Vielleicht etwas mehr am prunkvollem Interieur und dem gepflegten und vornehmen Publikum als an der Musik. Aber ich zeigte mich gern dort.
    Lag es einfach an der Zeit oder an dem Umstand, dass ich offiziell in festen Händen und damit weniger anrüchig war? Ich wusste es nicht. Aber während wir Opernpremieren besuchten, auf Bälle gingen oder uns auf der jährlichen Aidsgala zeigten, kamen Jahr für Jahr mehr Prominente, Politiker und Würdenträger an unseren Tisch und gaben freimütig ihre Bekanntschaft mit mir zu. Ob sie das ihren Ehefrauen mit gelegentlichen Geschäftsessen erklärten oder es diesen ganz lieb war, zu wissen, wo ihre Männer ihre außerehelichen Gelüste auslebten, war mir egal. Es wurde normal, sich mit uns sehen zu lassen. Wann ich denn ein Bel Ami für Frauen eröffnen würde, wurde ich ganz ungeniert gefragt. Na, das war mir dann doch zu heikel. Man sollte unter keinen Umständen Kunden bedienen, die man nicht versteht.
    Karin kündigte. Für sie kam Marie, um Simone hinter der Bar zu helfen. Die beiden wurden ein unschlagbares Team. Immer gut gelaunt, aufmerksam, schnell und erfindungsreich.
    »Wir sollten wenigstens eine Kleinigkeit zu essen anbieten können!«
    »Wir haben aber keine richtige Küche hier. Und bis jetzt klappte das mit dem Lieferservice doch sehr gut. Hat sich noch keiner beschwert.«
    »Ja, weil sie es nicht anders kennen!«
    Simone gab Marie ein Zeichen.
    »Magst du probieren?«
    Die zierliche Brünette kam mit einem Tablett zu mir. In einer silbernen Schale und auf Eiswürfeln gebettet, lag roter und schwarzer Kaviar. Ein Korb mit dampfendem Toast und kleine Teller mit halben Wachteleiern standen daneben.
    »Vielleicht ein kleiner Imbiss des Hauses mit 200 Gramm Kaviar gefällig?«
    »Kostet?«
    »Dich einen Kuss! Für alle anderen …, hm, 120 Mark?«
    Simone bekam

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