Belgarath der Zauberer
die Redegewandtheit betrifft, tut er sich nicht sonderlich hervor. Frauen, das habt ihr gewiß schon bemerkt, reden gern. Vielleicht ist es euch schon aufgefallen, daß ich auch gern rede.
Ich zog durch Mar Amon, und so manche Unterhaltung, die mit einem ›guten Morgen‹ an einer Haustür begonnen hatte, dauerte einige Wochen. Die Frauen von Maragor waren großzügig und freundlich; deshalb hatte ich stets zu essen und einen Schlafplatz.
Man kann alles mögliche tun, um seine Sorgen zu vergessen. Was ich in Camaar versucht hatte, ging eindeutig daneben. Was ich in Mar Amon tat war zwar nicht so selbstzerstörerisch, aber es kam auch nichts heraus dabei. Ausschweifende Erotik kann den Geist fast ebenso zersetzen wie ausschweifendes Zechen. Allerdings belastet es die Leber weniger.
Belassen wir es dabei.
Ich verbrachte neun Jahre in Mar Amon gewissermaßen in einem Rauschzustand, und nach einigen Jahren kannte ich jede Frau in der Stadt beim Vornamen.
Schließlich traf an einem Frühlingstag Beldin ein, der auf der Suche nach mir war. Ich frühstückte gerade in der Küche einer hübschen jungen Frau, als er mit einem Gesicht durch die Tür kam, das einer Gewitterwolke glich. »Was glaubst du eigentlich, was du tust, Belgarath?«
»Im Augenblick frühstücke ich. Was denkst du denn?«
»Ich denke, daß du ein Leben in Sünde führst.«
»Du redest wie ein Ulgoner, Beldin. Den Begriff der Sünde legt man in jeder Kultur anders aus. Die Marager erachten diese ungezwungenen Arrangements nicht als sündhaft. Wie hast du mich gefunden?«
»Das war nicht schwierig«, knurrte er. »Du hast reichlich Spuren hinterlassen.« Er kam zum Tisch und setzte sich. Wortlos brachte meine Gastgeberin ihm Frühstück. »Weißt du, daß du in Camaar eine Legende bist?« Er schaute mich noch immer finster an. »Sie haben noch nie jemanden erlebt, der so betrunken werden konnte wie du.«
»Das liegt hinter mir.«
»Nein. Ich sehe, daß du jetzt anderen Vergnügungen nachgehst. Dein Anblick macht mich krank.«
»Dann schau mich nicht an.«
»Das muß ich aber. Meine Idee war es nicht nach dir zu sehen. Wenn es nach mir ginge, könntest du dich in billigem Bier ertränken und dich mit jeder Frau herumwälzen, die dir über den Weg läuft. Ich bin gekommen, weil ich geschickt wurde.«
»Entschuldige mich bei Aldur. Sag ihm, daß ich mich zur Ruhe gesetzt habe.«
»Ach, wirklich? Du kannst dich nicht zur Ruhe setzen, du Trottel. Du hast dich freiwillig gemeldet, und du kannst dich nicht zurückziehen, weil du dir selbst leid tust.«
»Geh fort Beldin.«
»0 nein, Belgarath. Unser Meister hat mich geschickt, damit ich dich ins Tal zurückbringe, und ich werde ihm gehorchen, selbst wenn du es nicht tust. Wir können es auf die leichte Weise machen oder auf die harte. Das überlasse ich dir. Du kannst friedlich mit mir zurückkehren – in einem Stück –, oder ich nehme dich mit zurück – in Einzelteilen.«
»Da hast du dir etwas vorgenommen, Bruder.«
»Meinst du? Wenn all die kindischen Tricks, die du auf deinem Weg hierher vollführt hast, darauf hindeuten, was dir von deinem Talent geblieben ist dann hast du nicht mehr genug Kraft, um eine Kerze auszupusten. Jetzt hör auf, dich in deinem Selbstmitleid einzukapseln, und komm mit nach Hause, wo du hingehörst.« Er stand auf.
»Nein.« Ich erhob mich ebenfalls.
»Du bist widerlich, Belgarath. Glaubst du wirklich, daß diese zwölf Jahre der Ausschweifung und Zerstreuung etwas geändert haben? Poledra ist noch immer tot und deine Töchter sind noch immer im Tal, und du hast noch immer Verpflichtungen.«
»Ich übertrage sie dir, Bruder. Genieße sie.«
»Ich glaube, wir sollten lieber gleich anfangen.«
»Anfangen? Was?«
»Zu kämpfen.« Unvermittelt versetzte er mir einen Schlag in den Magen.
Beldin hat gewaltige Kräfte, und sein Hieb schleuderte mich quer durch den Raum. Nach Luft schnappend, lag ich am Boden und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Doch er ließ nicht locker und trat mir in die Rippen. »Wir können die ganze Woche damit zubringen, wenn du willst«, knurrte er. Dann trat er mich erneut.
Meine Grundsätze hatten während der letzten Jahre tatsächlich gelitten, die Beldin die Jahre der Ausschweifung und Zerstreuung nannte – aber nicht so sehr, daß ich unsere physische Auseinandersetzung auf eine andere, ernstere Ebene ausweiten würde, und das wußte er. Solange er mit Tritten und Schlägen kämpfte, konnte ich es ihm nur mit Tritten und
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