Belgarath der Zauberer
sagte ich. »Wir werden das auf meine Weise machen. Ich will nicht, daß dir etwas zustößt.«
Und um eine mögliche Auseinandersetzung zu vermeiden, nahm ich meine Wolfsgestalt an.
Ihre ersten Flüge waren kurz. Sie flog von Baum zu Baum und blieb stets folgsam in meiner Nähe. Am frühen Vormittag jedoch wurden die Entfernungen zwischen den einzelnen Landungen immer größer, und ich sah mich gezwungen, vom gemütlichen Wolfstrab in eine flottere Gangart zu wechseln. Zur Mittagszeit rannte ich dahin. Schließlich blieb ich stehen, hob meine Schnauze und heulte ihr nach.
Sie flog einen Bogen, kam zurück und landete auf dem Boden. Dann schimmerte sie zurück in ihre eigene Gestalt »Oh, das war schön!« rief sie aus, und ein Freudenschauder erfaßte sie.
Ich wollte ihr gerade eine Strafpredigt halten; schließlich hatte sie mich an jenem Morgen ordentlich gejagt. Doch ihr Lächeln ließ mich meine Absicht vergessen, noch ehe ich einen Ton gesagt hatte. Polgara lächelte selten, und diesmal schien ihr Gesicht geradewegs zu glühen, und die weiße Locke über ihrer Stirn glitzerte wie ein sonnenbeschienenes Schneefeld. Bei den Göttern, sie war ein wunderschönes Mädchen! »Du mußt deine Schwanzfedern etwas stärker einsetzen«, war alles, was ich ihr sagte.
»Ja, Vater«, erwiderte sie lächelnd. »Was nun?«
»Wir werden ein wenig rasten«, beschloß ich. »Bei Sonnenuntergang machen wir uns wieder auf den Weg.«
»Im Dunkeln?«
»Du bist eine Eule, Polgara Eulen fliegen stets in der Nacht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Nacht oder Tag - einem Wolf ist das gleich.«
»Wir mußten unsere Vorräte zurücklassen«, stellte sie fest »Was sollen wir essen?«
»Das liegt ganz an dir, Pol – was immer das Pech hat, dir über den Weg zu laufen, würde ich sagen.«
»Du meinst roh?«
»Du wolltest eine Eule sein, Liebes. Spatzen fressen Samen, aber Eulen bevorzugen Mäuse. Ich kann dir nur raten, nie die Gestalt eines Wildschweins anzunehmen. Das könnte dich ein wenig überfordern, aber es bleibt natürlich dir selbst überlassen.«
Sie entfernte sich von mir und stieß leise Flüche aus.
Ich muß zugeben, daß ihre Idee gut war. Zu Fuß wären wir nach Darin zwei Wochen unterwegs gewesen. Auf diese Weise schafften wir es in drei Tagen.
Als wir den Hügel südlich der Hafenstadt erreichten, ging die Sonne auf. Wir nahmen wieder unsere eigene Gestalt an und begaben uns zum Stadttor. Wie fast jede andere Stadt damals, war auch Darin aus Baumstämmen errichtet. Eine Stadt muß wohl ein paarmal abbrennen, ehe die Leute erkennen, daß, Holz nicht das geeignete Baumaterial ist. Wir gingen durch das unbewachte Tor, und ich fragte einen schläfrigen Passanten, wo ich Hatturk finden konnte, den Anführer des Klans. Algar hatte mir gesagt daß Hatturk in Darin die Dinge regelte. Der Mann erklärte mir den Weg zu einem großen Haus am Hafen; dann stand er ziemlich dümmlich da und gaffte Polgara an. Es ist gewiß nett, schöne Töchter zu haben, aber sie erregen doch recht viel Aufmerksamkeit.
»Wir müssen uns vor Hatturk in acht nehmen, Pol«, sagte ich, als wir durch die schlammigen Straßen zum Hafen gingen.
»Ach?«
»Algar meint, daß die Klans, die aus den Ebenen hierher gezogen sind, die Teilung Aloriens nicht ohne Widerspruch hinnehmen, vor allem, weil sie mit dem Grasland nichts anzufangen wissen. Sie zogen hierher, weil sie sich nach Bäumen sehnten. Die primitiven Alorner lebten im Wald; offenes Land macht sie unglücklich. Flinkfuß sprach es zwar nicht direkt aus, aber ich habe den starken Verdacht, daß Darin eine Hochburg des Bärenkults sein könnte. Also laß uns vorsichtig sein mit dem, was wir sagen.«
»Ich überlasse das Reden dir, Vater.«
»Das wird wohl das beste sein. Die Leute hier sind gewiß rückfällige Alorner der primitivsten Art. Ich werde Hatturks Zusammenarbeit brauchen; deshalb muß ich behutsam mit ihm umgehen.«
»Bedränge ihn doch einfach, Vater. Das tust du doch meistens.«
»Nur wenn ich jemandem auf die Finger schauen kann, um sicherzugehen, daß er tut was ich von ihm will. Wenn man jemanden bedrängt hat kann man ihm nicht lange den Rücken zukehren. Darin ist kein anziehender Ort; deshalb möchte ich nicht die nächsten zwanzig Jahre hier verbringen, um sicherzugehen, daß Hatturk meinen Anweisungen Folge leistet.«
»Ich lerne so einiges auf dieser Reise.«
»Gut. Vergiß nicht zuviel davon.«
Hatturks Haus war ein großes Gebäude, das aus Baumstämmen
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