Belgarath der Zauberer
der verschwommen zu erkennenden Ebene. Ich strengte meine Augen an und erblickte eine riesige Anzahl von Menschen, die aus dem Nebel zu wachsen schienen – eine gewaltige, gesichtslose Masse, die sich von einem nassen Horizont zum anderen erstreckte. Kal Torak war an der Feste angelangt.
38. K APITEL
ist du sicher, daß Torak dort ist?« fragte ich, während ich noch immer auf die Armee starrte, die sich langsam und unerbittlich näherte.
»Ja, Vater. Ich habe nachgesehen. Der eiserne Pavillon befindet sich genau in der Mitte der anrückenden Streitmacht.«
» Was hast du getan? Polgara, Torak ist dort draußen. Jetzt weiß er, daß du hier bist!«
»Reg dich nicht auf, alter Mann. Ich habe auf Befehl gehandelt. Torak weiß nicht daß ich hier bin. Er befindet sich in dem Pavillon, und Zedar ist bei ihm.«
»Wie lange geht das schon so?«
»Seit er Mallorea verlassen hat, glaub’ ich. Wir sollten die Algarer warnen, und dann wird es Zeit für ein Frühstück. Ich war die ganze Nacht auf und bin halb verhungert.«
Am frühen Vormittag hatten die Angarakaner die Feste eingekesselt und zur Mittagszeit unternahmen sie ihren ersten Angriff. Die Algarer und die drasnischen Lanzenträger hielten sich verborgen, und ich glaube, daß Toraks Generäle darüber ein wenig beunruhigt waren. Sie ließen ihre Belagerungsmaschinen heranfahren und versuchten, Steine in die Feste zu schleudern. Das gelang ihnen aber nicht denn die Mauern waren zu hoch. Ich beobachtete, wie die Pioniere versuchten, die Katapulte zu justieren, um die Flugbahn der Geschosse zu ändern.
Dann versuchten sie einen Angriff auf das Haupttor. Vermutlich wollten sie eine Reaktion der Verteidiger provozieren. Sie rollten Rammböcke heran, aber das war überflüssig, denn das Tor war nicht verschlossen. Die ersten Truppen, die durch das Tor stürmten, waren Thulls. In der angarakanischen Gesellschaft schienen Thulls stets die schmutzigsten Arbeiten verrichten zu müssen.
Ich bin mir keineswegs sicher, ob die Thulls sich darüber im klaren waren, was sie vorfanden, als sie durch das Tor stürmten. Wie ich schon erwähnte, ist die Feste keine Stadt im herkömmlichen Sinne. Diese gewaltigen Mauern umschließen keine Häuser und öffentlichen Gebäude. Sie sind um ein Labyrinth errichtet, das aus schmalen, hohen Gängen ohne erkennbares Dach besteht. Die Thulls stürmten hinein und fanden geometrische Strukturen vor, gerade Gänge und gewundene Gänge, die so komplex waren, daß sie in sich selbst verschlungen wirkten und sich scheinbar in unvorstellbare Dimensionen auflösten.
Die Verteidiger erlaubten den Thulls, eine Stunde lang in diesem Labyrinth herumzuirren; dann erhoben sie sich von ihren Deckungen oben auf den zwanzig Fuß hohen Mauern und vernichteten die Eindringlinge.
Und die malloreanischen Generäle und die Könige der westlichen angarakanischen Länder hatten noch immer nicht einen einzigen Verteidiger gesehen. Auch ihre thullischen Soldaten sahen sie nie wieder. Sie hatten einige tausend Männer durch das Tor gesandt, und nicht einer kam zurück – jedenfalls nicht durch das Tor.
In der folgenden Nacht jedoch sahen sie die Männer wieder. Die algarischen Katapultschützen auf den Mauern schleuderten die toten Thulls in das Lager der Angarakaner. Es ist äußerst schwierig zu schlafen, wenn es Thulls regnet.
Am nächsten Tag rollte die zweite Angriffswelle. In der Feste befanden sich drei algarische Klans, während die restlichen Klans außerhalb zuschlugen. Kal Torak hatte die Feste umzingelt, und die frei umherziehenden Algarer umzingelten ihn. Sie bezogen keine Stellungen oder bauten Befestigungsanlagen, wie Belagerer es für gewöhnlich tun. Sie nutzten die Strategien der Partisanen und blieben stets in Bewegung, und Kal Toraks Generäle sowie die untergebenen Könige wußten nie, wann oder wo die Algarer das nächstemal zuschlagen würden. Außerhalb der Mauern war es fast so gefährlich wie im Inneren.
Nach einigen Tagen war ich davon überzeugt, daß Cho-Rams Taktiken ihren Zweck erfüllten, und Pol und ich verabschiedeten uns von Gelane, seiner Mutter und den algarischen Klanchefs, die die Feste verteidigten. Dann flogen wir westwärts durch die regnerische, windige Düsternis, die kein Ende zu nehmen schien. Andere Aufgaben warteten auf uns.
Da Kal Torak nun in Algarien festgenagelt war, hatten wir ein wenig Zeit, unsere Pläne auszuweiten und zu verfeinern. Wir verlagerten die Treffen von Riva nach Tol Honeth, damit wir auf
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