Belgarath der Zauberer
stürmten dann in eine Stadt, deren Bewohner bereits allesamt verbrannt waren. Das schien die Alorner jedesmal zu enttäuschen.
Zu seiner Verteidigung muß ich sagen, daß Torak schließlich Widerstand leistete. Seine Angarakaner walzten die Berge von Korim herunter wie eine Lawine, und wir mußten uns ihnen auf allen vier Seiten stellen. Ich mag den Krieg nicht ich habe ihn nie gemocht. Es ist die dümmste Art und Weise, Probleme zu lösen. Aber in diesem Fall hatten wir keine andere Wahl.
Das Ergebnis war vorauszusehen. Wir waren den Angarakanern zahlenmäßig etwa fünf zu eins überlegen, oder sogar noch mehr, und wir rieben sie auf. Sucht anderenorts nach Einzelheiten über dieses Abschlachten. Mir ist nicht danach zumute, zu wiederholen, was ich in diesen schrecklichen zwei Wochen erlebte. Schließlich trieben wir sie zurück in die Berge von Korim und begannen unseren unerbittlichen Vormarsch auf Toraks Festung, den Stadttempel, der den höchsten Gipfel überragte. Häufig ermahnte unser Meister seinen Bruder, den Orb zurückzugeben. Er wies Torak daraufhin, daß die Angarakaner sich am Rande der völligen Vernichtung befanden und daß er, Torak, ohne seine Kinder nichts war. Der Drachengott allerdings hörte nicht auf ihn.
Das zerklüftete Terrain der östlichen Berghänge von Korim hatte die Marager und Nyissaner gezwungen, sich von Süden her zu nähern. Anderenfalls wäre die Katastrophe, die darauf folgte, noch schlimmer geworden.
Es war die Aussicht darauf, alle seine Kinder zu verlieren, die den Drachengott schließlich die Grenze zum Wahnsinn überschreiten ließ. Vor die Wahl gestellt, entweder den Orb herauszugeben oder alle seine Anbeter einzubüßen, verlor er, schlicht gesagt, den Verstand. Wahnsinn ist schlimm genug, aber der Wahnsinn eines Gottes? Furchtbar!
Von Verzweiflung getrieben, unternahm der Bruder meines Meisters den letzten Schritt, der nur aus dem Wahnsinn geboren sein konnte. Er wußte, was geschehen würde; das ist gewiß. Trotzdem rief er, die Ausrottung der Angarakaner vor Augen, den Orb. Seine Macht über den Orb meines Meisters konnte bestenfalls dürftig gewesen sein, doch er rief ihn trotzdem.
Und mit dem Orb zerbrach Torak die Welt.
Das Geräusch glich keinem, das ich bisher gehört hatte oder jemals wieder hören sollte. Es war der Klang zerreißenden Gesteins. Bis zum heutigen Tag schrecke ich aus dem Schlaf, schweißgebadet und zitternd, wenn die Erinnerung an den grauenvollen Klang durch die Jahrtausende hallt.
Die Melcener, die ja begabte Geologen sind, haben beschrieben, was wirklich geschah, als Torak die Welt zerbrach. Meine eigenen Studien bestätigen ihre Theorien. Der Kern der Welt ist noch immer geschmolzen, und der Urkontinent, den wir alle für so fest und unerschütterlich hielten, trieb auf diesem gärenden Meer aus flüssigem Gestein, ähnlich wie ein Floß.
Torak verwandte den Orb, um die Stricke zu zerreißen, die dieses Floß zusammenhielten. In seiner Verzweiflung, seine Angarakaner zu retten, spaltete er die Kruste dieser riesigen Landmasse entzwei, damit der Rest der Menschheit die Vernichtung seiner Kinder nicht zu Ende führen konnte. Der Spalt, der entstand, war Meilen breit, und der flüssige Stein aus dem Inneren der Erde spritzte durch diese ungeheure Kluft empor. Das wäre an sich schon katastrophal genug gewesen – aber dann ergoß sich die See in diesen neu entstandenen Riß. Glaubt mir, es ist gefährlich, kaltes Wasser auf kochendes Gestein zu gießen!
Alles explodierte!
Ich will gar nicht versuchen, mir vorzustellen, wie viele Menschen ums Leben kamen, als das geschah – die Hälfte der Menschheit gewiß, wahrscheinlich aber weitaus mehr.
Wäre die Landschaft Korims weniger zerklüftet gewesen, hätte es für die Marager und Nyissaner wahrscheinlich den Tod durch Ertrinken bedeutet – oder sie würden jetzt in Mallorea leben. Wie dem auch sei, die Welt, wie wir sie kannten, endete in diesem Augenblick.
Torak bezahlte einen hohen Preis für sein Tun. Dem Orb gefiel es gar nicht, solcherart verwendet zu werden. Belsambar hatte recht gehabt: Torak hatte in seiner Zukunft Feuer erkannt, und Feuer war es, das der Orb ihm brachte. Als es geschah, hielt Torak den Orb in seiner hoch erhobenen linken Hand, und nachdem er die Welt zerbrach, hatte er keine linke Hand mehr. Der Orb verbrannte sie zu Asche. Dann, als wolle er seine Unzufriedenheit unterstreichen, brannte er Toraks linkes Auge aus und verwüstete die linke Seite seines
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