Belial
auftauchte.«
»Das ist seltsam.«
»Wie Sie richtig sagten. Was interessiert denn Scotland Yard daran?«
»Wahrscheinlich alles. Ich hätte gern den Namen des Jungen und die genau Anschrift.«
Bexhill brummte etwas, aber er zeigte sich auch weiterhin kooperativ. Ich bekam beides und noch eine Zusatzbemerkung. »Wissen Sie, Mr. Sinclair, ich bin froh dabei, daß Sie sich um die Sache kümmern. Der Umgang mit Zwölfjährigen ist nicht so mein Fall. Wir haben ihn noch in der Nacht verhört, jetzt wird er schlafen, denke ich. Wenn Sie die Protokolle einsehen wollen, steht dem nichts im Wege.«
»Mir geht es um den Jungen.«
»Auch okay. Ich denke, wir hören noch voneinander.«
»Bestimmt.«
Glenda und Suko hatten mitgehört. Sie sahen meinen triumphierenden Blick, nachdem ich aufgelegt hatte. »Das, Freunde, ist genau die Spur, die wir brauchen.«
»Wieso das denn?« fragte Glenda kopfschüttelnd. »Ihr sucht einen Dämon, aber keinen Heiligen.«
»Irrtum, Glenda. Belial ist der Dämon der Lügen. Er hat dem Zeugen weich gemacht, daß er ein Heiliger ist, und der Junge hat es geglaubt. Ich bin sicher, daß es so gelaufen ist.«
»Da stimme ich zu«, sagte Suko.
Glenda hob die Schultern. »Wie ich euch kenne, werdet ihr bald in dieses Kaff fahren. Wie hieß es noch gleich?«
»Ronston.«
»Ah ja. Trinkt ihr denn noch einen Kaffee?«
Ich grinste sie an. »Immer. Wir brauchen doch unser morgendliches Aufputschmittel…«
***
Ronston empfing uns mit böigem Wind und einem wolkigen Himmel, durch den ein helles Blau schimmerte. Die Häuser sahen allesamt gepflegt aus, als fühlte man sich mehr zu Oxford hingezogen als zum Moloch London.
Vor dem Haus der Familie parkte ein Streifenwagen. Der müde Beamte wurde wach, als wir ebenfalls anhielten und ausstiegen. Er sah sofort, wohin wir wollten. Sein Kollege war einkaufen gewesen, er kehrte mit einer Tüte zurück.
»Wo wollen Sie hin?«
Wir hatten keine Lust, uns auf große Diskussionen einzulassen und präsentierten unsere Legitimationen, von denen sich der Mann durchaus beeindruckt zeigte.
»Außerdem weiß Chief Inspector Bexhill Bescheid«, sagte Suko.
»Aha, gut.«
Ein richtiger Vorgarten gehörte nicht zum Haus. Die Fläche war mit Bruchsteinen ausgelegt worden, wir entdeckten einen Fahrradständer, dann wurde die Haustür geöffnet, und eine ungefähr fünfunddreißig Jahre alte Frau schaute uns mißtrauisch entgegen. Das mußte die Mutter des Zeugen Billy Wilson sein.
Die Frau trug ein graues Wollkleid, das eine rote Brosche schmückte. Ihr Gesicht zeigte Ermüdungserscheinungen. Die Haarfarbe war blond. Mir fielen die ziemlich farblosen Augen besonders auf. »Was wollen Sie?«
Wieder zeigten wir unsere Ausweise, und die Frau zog die Augenbrauen zusammen. »Scotland Yard?«
»Richtig.«
»Sie sind Mrs. Wilson?« fragte Suko.
»Ja.«
»Dürfen wir eintreten?«
Sie überlegte. »Warum? Es ist alles gesagt worden, denke ich. Oder halten Sie Chief Inspector Bexhill für unfähig?«
»Wir haben noch einige spezielle Fragen zu den Beobachtungen Ihres Sohnes. Und es ist sehr wichtig!« drängte ich.
»Er schläft wohl.«
»Schade, aber wir müssen mit ihm reden.«
Widerwillig gab sie uns den Weg frei, schloß hinter uns die Tür, nachdem sie noch einen Blick auf den Polizeiwagen geworfen hatte. Nun ließ sie uns im Flur stehen. Es roch nach Kaffee und nach Zigarettenrauch im Haus.
»He, ist da Besuch gekommen?«
Als die Jungenstimme aufklang, saugte Mrs. Wilson den Atem durch die Nase. »Ja, Billy, es sind zwei Männer, die mit dir reden wollen. Scotland Yard.«
»Wau!«
Ich mußte lächeln, plötzlich schoß ein braunhaariger Junge aus seinem Zimmer hervor. Er trug einen bunten Jogginganzug und leichte Turnschuhe. Seine Augen blitzten, der Mund war zu einem breiten Lächeln verzogen. »Seid ihr wirklich von Scotland Yard?«
»So ist es, Billy«, sagte Suko, stellte sich vor und nannte auch meinen Namen.
»Toll. Nur wegen mir?«
»Du hast etwas gesehen?«
»Ja, ja.« Seine Augen blitzten. »Ich habe einen Heiligen gesehen. Einen richtigen Heiligen! Mir wollte keiner glauben, aber es stimmt. Ich habe erlebt, wie er kam, das war schon cool.«
»Kannst du uns das der Reihe nach erzählen?«
Er schaute mich an und nickte. »Klar, mach ich.«
»Kommen Sie mit in den Wohnraum«, bat Dana Wilson. »Es ist schade, daß mein Mann nicht hier ist, aber er arbeitet in London und kann leider nicht von der Baustelle weg. Ich habe schon mit ihm
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