Belial
gegenüberliegenden Seite gab es so etwas wie eine lange Theke, an der Getränke verkauft wurden. Hinter ihr schufteten sechs Angestellte, drei Männer und drei Frauen, die Glitzerkleidung trugen und grell geschminkt waren.
Belial interessierte sich nicht für sie. Es machte ihm auch nichts aus, daß er stehengeblieben war und die Tänzer behinderte. Ihn interessierte etwas anderes. Es war die Kabine, die unter der Decke und über der Tanzfläche schwebte.
Sie sah auch deshalb wie eine verglaste Baggerschaufel aus, weil sie von einem mächtigen und schräg nach vorn gereckten Arm gehalten wurde.
Eingerahmt wurde die Kabine von zahlreichen Scheinwerfern, die ihre bunten und kreisenden Lichtspeere über die Körper der Gäste ergossen und manche von ihnen aussehen ließ wie Kasperlefiguren auf einer kleinen Kinderbühne.
Belial lächelte. Es war ein wissendes Lächeln, das da über seine Lippen hinwegglitt, denn die Kabine war sein Ziel. Das war die Zentrale, er sah dort einen Mann, dessen Glatze schimmerte. Der DJ. stand vor einem Mischpult, wo er LPs, CDs und Kassetten einlegte. Zwischendurch sprach er ins Mikro und heizte die Stimmung an. Sein Organ schrillte aus zahlreichen Lautsprechern. Er war der große Zampano, er dirigierte, die anderen tanzten nach seiner Pfeife.
Eine junge Frau mit grün gefärbten Haaren huschte an Belial vorbei. Er nahm sie nicht zur Kenntnis. Für ihn war die Gondel über der Tanzfläche wichtiger.
Er mußte hinein. Seine Kräfte wollte er nicht ausspielen. Er hätte auf sie zufliegen können, aber das war nicht gut. Später wollte er sein Inkognito lüften. Es gab deshalb nur eine Möglichkeit für ihn. Er mußte den normalen Weg gehen.
Belial schlug einen Bogen, um den Ort zu erreichen, wo der lange Tragearm begann, an dem die verglaste Kabine hing. Um die Tanzenden kümmerte er sich nicht. Er ging stur weiter, und es störte ihn auch nicht, wenn er angerempelt wurde oder er anrempelte. Der breite Arm war auf einer eisernen Plattform befestigt. Diese wiederum hatte man mit dem Boden verankert, da konnte nichts bewegt werden, und an der Außenseite des Armes führte eine Leiter in die Höhe.
Belial blieb stehen. Er schaute die Leiter hoch. An deren Ende sah er die Rückwand der Kabine. Sie war nicht verglast, deshalb hatte man auch die Tür einbauen können.
Sehr gut!
Er lächelte, ging den letzten Schritt und wollte seinen Fuß auf die unterste Sprosse stellen, als sich plötzlich eine schwere Hand auf seine linke Schulter legte.
Belial blieb stehen.
Die Hand zog ihn von der Leiter weg. Finger gruben sich in seine Schulter, der Stoff war dabei kaum ein Hindernis. Belial gab dem Druck nach und ließ sich herumziehen.
Ein Aufpasser starrte ihn an. Auch er trug einen Ring in der Nase. Sein Grinsen war kalt und böse. Das Gesicht schimmerte dunkel, weil Bartschatten auf den Wangen wuchsen, und der kleine Mund sah aus wie eine feuchte Wunde.
»Willst du da hoch?«
Belial nickte.
»Hast du eine Erlaubnis?«
»Nein!«
»Dann verpiß dich, Schmächtiger, sonst trete ich dich in den Boden, verstanden?«
Belial nickte. Er hatte verstanden, aber er wollte nicht weichen. Die Hand lag noch immer auf seiner Schulter, und Belials Gesicht verdüsterte sich weiter, als sich die Augenbrauen zusammenzogen.
Auch der Aufpasser erkannte die Veränderung. Er wußte nicht mehr, was er tun sollte. Von dieser Gestalt ging etwas aus, das er noch nie in seinem Leben gespürt hatte. Eine unheimliche, gefährliche, vielleicht auch tödliche Aura streifte ihn. Was tun?
Wenn er sich zurückzog, wenn dies von anderen gesehen wurde, war sein Respekt dahin.
Er kam zu keinem Ergebnis, denn das ließ der andere einfach nicht zu.
Belial hob den linken Arm an, drückte die Hand an seine Brust vorbei und umfaßte das Gelenk des Mannes.
Er drückte es zusammen.
Der Aufpasser hatte schreien wollen. Er brachte aber nur ein Stöhnen zustande, das in der Geräuschkulisse unterging.
Mit der anderen Faust schlug ihm Belial auf den Kopf. Der Mann brach zusammen und blieb vor dem Podest liegen.
Belial schleifte ihn in den Schatten. Es war ihm auch egal, ob seine Tat beobachtet worden war. Ihm kam es darauf an, das Ziel zu erreichen, um von dort oben die Menschen regieren zu können.
Ohne daß er aufgehalten wurde, stieg er die Leiter hoch, und er knöpfte dabei seinen Kittel auf.
Er wollte frei und beweglich sein, wenn er sich den Massen zeigte.
Nach vorn gebeugt und sich an den Griffen festhaltend
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