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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Dolan
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war, dann müssen Sie es wiederholen.«
    Auch ihr Kinn senkte sich ein wenig, und ich dachte, ich könnte sehen, wie sich ihre Schultern etwas entspannten. »Das werde ich nicht tun«, sagte sie mit einem bitteren Lächeln. »Möchten Sie etwas zu trinken? Ich habe Bier oder Wein. Oder ich könnte Ihnen etwas mixen.«
    »Ein Bier wäre prima«, sagte ich.
    Sie brauchte länger als nötig in der Küche, um im Kühlschrank herumzusuchen, Schranktüren zu öffnen und wieder zu schließen. Ich ließ sie machen, setzte mich auf eines der beiden Sofas. Sie brachte mir ein Bier in einem Glas und für sich auch eins. Sie trank einen Schluck und setzte sich dann auf das andere Sofa. Ich sah, wie sie es sich bequem machte und das rechte Bein unter sich schob.
    »Wer ist die Frau?«, sagte ich. »Kennen Sie sie?«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen das erzählen will.«
    »Wie Sie wollen«, sagte ich und lehnte mich zurück in die Kissen.
    Noch ein Schluck Bier, und dann sagte sie: »Julia Trent. Sie ist Partnerin in seiner Kanzlei.«
    »Wussten Sie, dass da etwas lief ?«
    »Nein. Aber bei Jay läuft eigentlich immer irgendetwas. Deshalb bin ich ihm heute Abend gefolgt. Er hat mir erzählt, er wolle eine Runde fahren, um seinen Kopf klar zu kriegen.« Sie tippte mit einem Finger ans Glas. »Julia Trent. Auf die wäre ich nie gekommen. Ich dachte immer, sie wäre irgendwie eine vertrocknete Hülse. Die letzte war zumindest jünger als ich und hübscher. Das macht es leichter, es zu ertragen. Warum lächeln Sie?«
    »Sie können nicht erwarten, dass ich das so durchgehen lasse«, sagte ich. »Jünger und hübscher. Das Erste glaube ich Ihnen meinetwegen. Das Zweite nicht.«
    »Sie sind ein Charmeur. Aber es stimmt. Jay hatte immer schon ein Auge für hübsche Frauen. Und er gibt sich nicht sehr viel Mühe, zu widerstehen. Es ist sein großes Laster.«
    Ich trank einen großen Schluck Bier und stellte das Glas dann auf den Couchtisch.
    »Sind Sie sicher, dass er nicht noch andere hat?«
    Ihre braunen Augen wurden schmal. »Sie glauben doch nicht immer noch, dass er der fehlende Bankräuber ist.«
    »Ich habe ihn noch nicht gestrichen. Sie sagten, er hat zu der Zeit Jura studiert.«
    »Genau. In Harvard. Weit weg von Sault Sainte Marie.«
    »Kannten Sie ihn damals schon?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn erst später kennengelernt.«
    »Dann können Sie mir also gar nicht sagen, wo er am Tag des Bankraubes gewesen ist. Wann haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Ein paar Jahre nach dem Überfall während einer der Wahlkampftourneen des Senators. Mein Vater war damals bei vielen Wahlkampfauftritten dabei. Er war bei den Polizeigewerkschaften sehr populär. Sein Wort galt etwas. Also hat der Senator ihn gebeten, bei einer seiner Veranstaltungen zu sprechen, und ich bin mitgegangen. Dabei habe ich Jay kennengelernt.«
    Ich neigte den Kopf. »Und was hat Ihr Vater davon gehalten, als Sie ihn geheiratet haben?«
    »Er fand, ich sei zu jung. Er hat mir geraten, zu warten.«
    »Das ist interessant.«
    »Genau wie Sie es tun würden, wenn Ihre Tochter einen Bankräuber heiraten wollte«, sagte sie ironisch. »Schauen Sie, Sie irren sich, was Jay anbelangt. Ich kenne seine Fehler. Es sind nicht die, an die Sie denken. Er hat keinen Fluchtwagen für Floyd Lambeau gefahren. Und falls er das getan hätte, hätte es mein Vater nicht vertuscht. Nicht mal, um dem Senator einen Gefallen zu tun.«
    »Was macht Sie da so sicher?«
    »Mein Vater ist absolut integer.«
    Ich griff nach meinem Glas und nahm noch einen Schluck. Ich sah keinen Sinn darin, mit einer Tochter über die Integrität ihres Vaters zu streiten. Eine Weile sahen wir einander nur an. Ihre Augen blickten arglos, ihre Lippen hatten einen freundlichen Ausdruck.
    Ich beschloss, mein Glück zu versuchen. »Lassen Sie uns mal über Floyd Lambeau reden«, sagte ich.
    Ihr Ausdruck verdunkelte sich, allerdings nur leicht. »Was soll mit ihm sein?«
    »Henry Kormoran sagte, er habe Sie zusammen mit Lambeau an der Great Lakes Bank gesehen.«
    »Das hatten wir doch alles schon –«
    »Ich weiß. Kormoran behauptete, er hätte Sie an Ihrem bezaubernden Lächeln erkannt, aber damals waren Ihre Zähne schief. Ich habe darüber nachgedacht. Das Gedächtnis ist etwas Merkwürdiges. Wenn er gedacht hat, dass er sich an Sie erinnert, dann hat seine Vorstellung vielleicht einige Details ergänzt. Wenn er dieses eine Detail vielleicht falsch erinnert, heißt das

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