Bell ist der Nächste
trotzdem nicht, dass Sie nicht da waren.«
Callie warf mir einen warmen offenen Blick zu. »Glauben Sie ernsthaft, ich hätte Floyd Lambeau dabei geholfen, die Great Lakes Bank klarzumachen?«
Ich wischte die Frage beiseite. »Alan Beckett hat mich das auch schon gefragt. Er wollte mich einwickeln, so wie Sie es jetzt tun.«
»Wieso wickle ich Sie ein?«
»Kormoran hat nie behauptet, dass Sie die Bank klargemacht haben«, sagte ich. »Er hat bloß gesagt, dass er Sie dort mit Lambeau gesehen hat. Vielleicht war es eine zufällige Begegnung. Oder vielleicht hat Lambeau Sie gebeten, ihn dort zu treffen. Ich denke, diese Situation hätte ihm sicher gefallen – dass die Tochter des Sheriffs dabei ist, wenn er die Bank klarmacht. Er hätte gesehen, welche Poesie darin lag.«
Das stritt sie keineswegs ab. Ihr Ausdruck veränderte sich nicht. »Wenn es so gewesen ist«, fuhr ich fort, »dann bringt Sie das in eine ganz unmögliche Lage. Einerseits haben Sie nichts Falsches getan. Andererseits haben Sie siebzehn Jahre lang geschwiegen über das, was wirklich geschehen ist, und das wirkt, als wären Sie schuldig. Und dann kommt diese Lucy Navarro und zerrt alles wieder ans Licht. Das macht sie zu einer Bedrohung für Ihre politische Karriere.«
»Wenn Sie glauben, dass ich Lucy Navarro irgendetwas –«
Ich hob die Hand. »Das glaube ich nicht. Aber ich denke, Alan Beckett könnte es getan haben.«
»Ich würde niemals zulassen, dass –«
»Er hätte das erledigt, ohne es Ihnen mitzuteilen. Er hätte Sie ganz außen vor gelassen.«
Ich dachte, ich würde Zweifel in ihren Augen aufflackern sehen, aber es konnte auch bloße Einbildung gewesen sein. »Nein«, sagte sie. »So etwas würde er nicht tun.«
Ich wartete noch auf etwas mehr, vielleicht eine Lobrede auf Becketts Integrität. Aber es kam nichts. Ich sah zu, wie sie aufstand, und wusste, dass unser Gespräch beendet war.
Sie führte mich zur Tür, und ich bedankte mich für den Drink und sagte Gute Nacht. »Ich bin sicher, Sie irren sich!«, rief sie mir nach, als ich schon wieder auf dem Gehsteig stand.
Ich kam erst nach Mitternacht nach Hause. Elizabeth saß auf dem Fußboden, umringt von Aufschrieben und Notizen. Im Hintergrund lief leise ein Mozartkonzert. Ich setzte mich neben sie und legte ihr meinen Arm um die Schultern. Sie drehte sich zu mir und gab mir einen Kuss. Wir ließen uns Zeit.
»Du schmeckst nach Bier«, sagte sie schließlich, »und du riechst nach Erdbeeren.«
»Ich habe mit Callie Spencer ein Bier getrunken«, sagte ich. »Und das, was du riechst, ist wahrscheinlich ihr Shampoo.«
Ihre Mundwinkel gingen nach oben. »Ach, so ist das?«
»Sie durfte sich an meiner Schulter ausweinen.«
»Was bist du doch galant. Worüber musste sie denn weinen?«
»Ihr Mann hat eine Affäre.« Und dann beschrieb ich ihr die Einzelheiten des Abends.
Als ich fertig war, sagte Elizabeth: »Dann glaubst du jetzt also, dass Jay Casterbridge der fünfte Räuber ist? Und dass er Lucy entführt hat?«
»Entweder so, oder Beckett hat das erledigt«, sagte ich. »Ich kann mir beides vorstellen.«
Elizabeth starrte nachdenklich ins Zimmer. »Ich glaube, du irrst dich, was Beckett anbelangt.«
»Ich sehe nicht, wieso. Am Mittwoch hat er versucht, Lucy zu bestechen, damit sie ihre Nachforschungen einstellt. Sie hat sein Angebot abgelehnt. Am selben Abend ist sie verschwunden.«
Elizabeth schob ihre Unterlagen zusammen. »Genau das ist es ja«, sagte sie. »Das ging viel zu schnell. Wenn sie abgelehnt hat, dann hätte er immer noch andere Möglichkeiten gehabt. Er hätte mit einem besseren Angebot wiederkommen können. Er würde sie doch nicht gleich entführen. Es muss jemand anders gewesen sein.«
»Dann sind wir wieder bei Jay Casterbridge«, sagte ich.
Sie wirkte nicht überzeugt. »Jay Casterbridge ist Mittwochabend hier gewesen, weil er die Aktenordner seiner Frau durchgesehen und Larks Brief gefunden hat.«
»Genau. Lark hat die Bankräuber von damals verfolgt. Falls Casterbridge beteiligt war, hätte er einen Grund, warum Lark gefasst werden sollte.«
»Vorausgesetzt, Lark wusste, dass er einer von ihnen war.«
»Vielleicht war sich Casterbridge nicht sicher, was Lark alles wusste«, sagte ich. »Wann ist er Mittwochabend hier weggefahren?«
»Um viertel nach elf.«
»Dann hätte er genug Zeit gehabt, um zum Winston Hotel zu kommen.«
Elizabeth erhob sich vom Boden. »Ich glaube das nach wie vor nicht. Jay Casterbridge konnte sich ja kaum
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