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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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schwielig, seine Berührungen grob, als er mit ihr machte, was er wollte. Zum ersten Mal in ihrem Leben behielt Lena nicht die Kontrolle. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie völlig hilflos diesem einen Mann ausgeliefert. Sie empfand eine Leere, die nur von ihm ausgefüllt werden konnte. Was auch immer er verlangte, sie würde es tun. Jeden Wunsch, den er äußerte, würde sie ihm erfüllen.
    Sein Mund bewegte sich an ihrem Körper hinab, seine Zunge ging zwischen ihren Beinen auf Erkundung, seine Zähne taten ihr ein wenig weh. Sie wollte ihn mit den Händen erreichen und ihn dichter an sich ziehen, aber sie stellte fest, dass sie wie gelähmt war. Plötzlich war er auf ihr, stieß ihre Hände von ihrem Körper weg, als wollte er sie unter sich festnageln, als er in sie eindrang. Sie wurde von einer Welle der Lust überschwemmt, die stundenlang anzudauern schien, bis schließlich, plötzlich die heftige Erlösung kam. Ihr ganzer Körper öffnete sich ihm, und sie krümmte sich ihm entgegen,
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    um ihr Fleisch mit seinem zu verschweißen.
    Dann war es vorüber. Lena spürte, dass sie sich von ihrem Körper löste und wieder klar zu denken begann. Sie bewegte den Kopf hin und her, genoss die Nachwirkung. Sie leckte sich die Lippen und öffnete die Augen nur ein wenig, um in den dunklen Raum zu sehen. Aus der Ferne kam ein Klicken. Ein anderes und deutlicheres Geräusch kam von allen Seiten, ein unregelmäßiges Ticktack wie von einer Uhr, nur dass es von Wasser hervorgerufen wurde. Merkwürdig, sie konnte sich nicht mehr an das Wort für Wasser erinnern, das aus den Wolken fiel.
    Lena versuchte sich zu bewegen, aber ihre Hände schienen sich zu widersetzen. Sie sah sich um, nahm ihre Fingerspitzen wahr, obwohl es kein Licht gab, das sie beleuchtete. Da war etwas um ihre Handgelenke, eng und unerbittlich fest. Mit dem Verstand befahl sie ihren Fingern, sich zu bewegen, und sie spürte eine raue Holzoberfläche unter ihrem Handrücken.
    Entsprechend umschnürte auch etwas ihre Knöchel und presste ihre Füße an den Boden. Sie konnte weder Beine noch Arme bewegen. Sie war mit ausgebreiteten Armen an den Boden gefesselt. Eine Erkenntnis durchfuhr elektrisierend ihren Körper: Sie war gefangen in einer Falle.
    Lena befand sich wieder in dem dunklen Raum, wohin man sie vor Stunden gebracht hatte: Oder war es vor Tagen gewesen?
    Vor Wochen? Das Klicken war da, der langsame Takt der Wasserfolter, die ihr Hirn marterte. Der Raum hatte weder Fenster noch Licht. Da gab es nur Lena und das, was sie am Boden gefesselt hielt.
    Plötzlich ging ein Licht an, ein blendendes Licht, das in ihren Augen brannte. Lena versuchte wieder, sich aus ihren Fesseln zu befreien, aber sie war hilflos. Jemand war da; jemand, von dem sie wusste, dass er ihr helfen müsste. Aber er tat es nicht. Sie wand sich unter den Stricken, drehte den Körper, versuchte sich zu befreien. Aber es war zwecklos. Ihr Mund öffnete sich, aber Worte wollten nicht kommen. In Gedanken formte sie mit aller
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    Kraft die Worte - Bitte, hilf mir doch! -, aber mit dem Klang ihrer Stimme wurde sie nicht belohnt.
    Sie drehte den Kopf zur Seite, blinzelte und versuchte, an dem Licht vorbeizusehen, als sie einen ganz leichten Druck auf ihrer Handfläche spürte. Es war nur ein dumpfes Gefühl, aber Lena konnte im Licht sehen, dass die Spitze eines langen Nagels in ihre Handfläche gepresst wurde. Und im Licht wurde auch ein Hammer erhoben.
    Lena schloss die Augen. Schmerz spürte sie nicht.
    Sie befand sich wieder am Strand. Nur diesmal nicht im Wasser. Diesmal flog sie.

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    VIERUNDZWANZIG

    Eine angenehme Frau war Mary Ann Moon nicht. Ihre Miene drückte ganz deutlich aus: «Kommen Sie mir bloß mit keinem Scheiß», noch ehe Jeffrey sich vorstellen konnte. Sie hatte einen Blick auf Wrights zerrissene Überwachungsmanschette geworfen.
    «Wissen Sie eigentlich, wie viel diese Dinger kosten?» Und von da an war es nur noch bergab gegangen. Jeffreys größtes Problem mit Moon, wie sie genannt werden wollte, war die Sprachbarriere. Moon stammte von irgendwo oben im Osten, aus einem jener Orte, wo die Konsonanten ein Eigenleben führten. Außerdem sprach sie laut und abgehackt, was in den Ohren von Südstaatlern sehr ungehörig klang. Im Fahrstuhl auf dem Weg von der zentralen Aufnahme zu den Verhörräumen stand sie zu dicht neben ihm. Ihr Mund war eine schmale Linie der Missbilligung, die Arme hatte sie unterhalb der Taille gekreuzt. Moon war ungefähr vierzig

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