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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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gelandet sind.«
    »Bist du denn auch ein Geist?«, fragte Kenneday.
    »Ich bin ein ziemlich nüchterner Brückenbauer, und ich weile sehr wohl unter den Lebenden.«
    Und du wirst von Minute zu Minute ärgerlicher, dachte Michael - und fragte sich, ob er sich mehr Sorgen um Kenneday oder um Lee machen sollte.
    »Also warum setzen wir uns nicht alle hin, und Ihr könnt Michael erzählen, warum Euer Schiff noch immer im Hafen liegt und warum Ihr ihn für tot haltet«, sagte Lee.
    »Ich habe schließlich gesehen, wie er in diese schreckliche Dunkelheit gefallen ist.« Kenneday brach auf einem anderen Stuhl am Tisch zusammen, während Lee den umgestürzten Stuhl wieder aufrichtete und Michael einen  dritten unter dem Tisch hervorzog. »Habe gesehen, wie sich diese Kreatur aus dem Meer erhoben hat. Er stand da und blickte ihr entgegen. Und dann ist die Luft schwarz geworden, und die See blutrot, und als wir wieder sehen konnten, waren Michael und die Bestie verschwunden.«
    Die Teekanne und die Tassen klirrten, als Garvey sie auf den Tisch stellte. »Deine Tante wird froh sein, dass du wieder unter den Lebenden weilst.«
    »Ich war nicht -« Michael schüttelte den Kopf. Sie würden nur glauben, was sie glauben wollten. »Nathan sagte, man hätte Tante Brighid nach dem Brand ins Haus des Doktors gebracht. Ist sie noch dort?«
    »Sie ist jetzt in der Pension in der Zugriemenstraße«, antwortete Garvey. »Der Doktor sieht jeden Tag nach ihr, obwohl es ihr so gut geht, dass sie ihn nicht mehr braucht. Sie trauert natürlich um dich und Caitlin Marie, also wird sie wohl froh sein, dich zu sehen.«
    Wenn der Schreck, uns zu sehen, sie nicht umbringt.  Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke in den Sinn, und er fragte sich, ob Tante Brighid sich wirklich freuen würde, sie zu sehen.
    »Was den Grund betrifft, warum ich noch im Hafen liege«, sagte Kenneday, »ich hatte eine Ladung für die Weiße Insel, also habe ich abgelegt, als ich mir sicher war, nichts mehr für dich tun zu können. Aber sie ist weg, Michael. Man kann sie sehen. So wahr ich hier sitze, man kann sie sehen. Wenn man auf sie zuhält, sieht die Insel so fest und wirklich aus wie deine eigene Hand. Doch dann beginnt sie zu verblassen. Je näher man kommt, desto schwächer wird sie, bis man über Wasser segelt, wo Land sein sollte - und wenn man sich weit genug entfernt, kann man sie wieder sehen, hinter sich. Aber man kann sie nicht erreichen. Kein Schiff kann dort anlegen. Also bin ich zurückgekehrt, den Frachtraum noch voll, und ich habe es nicht übers Herz gebracht, weiterzusegeln. Nicht so schnell.«
    »Besteht die Ladung in Eurem Frachtraum aus Rohstoffen, die haltbar sind, oder aus verderblichem Proviant?«, fragte Lee.
    »Das meiste ist haltbar«, antwortete Kenneday. »Es gibt ein paar Dinge, die verderben, aber erst in einer Weile.«
    »Bevor Ihr Eure Ladung mit Verlust abstoßt, wartet noch einen Tag«, sagte Lee.
    »Weißt du, was aus der Weißen Insel geworden ist?«, fragte Michael.
    Lee nippte an seinem Tee und verzog das Gesicht. Da Michael fand, mit dem Tee sei alles in Ordnung, nahm er an, das Getränk entspräche nicht Lees Geschmack.
    »Belladonna hat die Landschaften verändert, um die Insel dem Weltenfresser zu entziehen«, sagte Lee. »Doch die Resonanz einer anderen Landschafferin hat sich um die ihre geschlungen. Vielleicht ist die Insel deshalb überhaupt erst sichtbar geworden. Denn sie sollte es eigentlich nicht sein.«
    Kenneday blickte ungläubig von einem zum anderen. »Willst du damit sagen, eine Zauberin hat die Weiße Insel verschwinden lassen?«
    Stille lag plötzlich über den Tischen um sie herum und breitete sich dann wie eine Welle durch die Taverne aus. Alle wandten sich in ihre Richtung. Alle warteten auf eine Antwort.
    Und das Lied, das Ravens Hill ausmachte, wurde dunkel und scharf.
    Ohne Hilfe kommen wir hier nicht lebendig raus, dachte Michael, als er die Gesichter der Männer um ihn herum betrachtete - ein paar von ihnen kannte er fast schon sein ganzes Leben.
    Lee lehnte sich in seinem Stuhl zurück, griff in seine Tasche und zog einen kleinen, glatten Stein heraus. »Was kann eine Zauberin tun, das ein Magier nicht tun kann?«
    Schlechte Frage. Schweißperlen erschienen auf Michaels Stirn.
    »Bist du denn ein Magier?« Am Nachbartisch erhob sich ein Mann und ließ seine Fingerknöchel knacken, während er Lee ein gemeines Lächeln zuwarf.
    »Nein, bin ich nicht«, sagte Lee ruhig und rieb mit dem Daumen über

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