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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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leichte Drehung des Kopfes verschaffte ihr freie Sicht auf Lees weißes Gesicht.
    »Du hast versprochen, nicht wieder in Ohnmacht zu fallen«, sagte Lee anklagend.
    »Ich bin nicht in Ohnmacht gefallen«, murmelte sie.
    »Dann hast du es aber ziemlich gut nachgeahmt«, brummte Michael.
    »Was hast du denn dann gemacht?«, fragte Lee und packte ihre Hand mit schmerzhaft festem Griff.
    »Ich -« Was war eigentlich geschehen? »Haben wir die Dunklen Strömungen hinter uns gelassen?«, fragte sie und versuchte, ihre Hand aus Lees Griff zu befreien, damit sie im Gegenzug die seine umklammern konnte.
    Sie hatte nicht gedacht, er könnte noch bleicher werden, doch Lee erblasste.
    »Ja, wir haben beigedreht, bevor wir mehr als nur den Rand berührt haben«, sagte er. »Obschon ich glaube, du hast Kenneday und die Mannschaft halb zu Tode erschreckt, als du angefangen hast zu schreien.«
    »Ich habe nicht geschrien.«
    »Sicher, Liebling«, sagte Michael. »Bevor du nicht in Ohnmacht gefallen bist, hast du nicht geschrien.«
    »Es hat mich einfach überrascht, das ist alles.«
    »Dann erinnere mich daran, dich niemals zu überraschen.«
    Das schien ihr ungerecht, doch jetzt, da sie ihr Gleichgewicht wiedergewann, beanspruchte das Rätsel, warum sie so auf diese Dunklen Strömungen reagiert hatte, ihre ganze Aufmerksamkeit.
    Sie brauchte Hilfe beim Aufstehen, was ihr so unangenehm war, dass sie Michael und Lee anfuhr. Dann erblickte sie Caitlin, die sich an der Reling festklammerte, in der Nähe ein Matrose, der aussah, als hoffe er inniglich, ihr nicht zu Hilfe kommen zu müssen.
    »Was ist mit Caitlin los?«
    »Konnte plötzlich ihr Frühstück nicht mehr bei sich behalten«, sagte Michael. »Ich muss zugeben, mir war selbst einen Moment ganz flau im Magen, aber ich dachte mir, das käme daher, dass du mir solche Angst eingejagt hast.«
    Lee sah von einem zum anderen. »Drei Landschaffer, gewissermaßen. Drei Reaktionen auf ein Knäuel Dunkler Strömungen. Ihr spürt sie die ganze Zeit. Warum sind diese hier anders?«
    Das Resultat einer formalen Ausbildung. Glorianna sah Lee in die Augen und verspürte Erleichterung darüber, dass es noch jemanden gab, der die Welt so verstand wie sie - und genug wusste, um diese Frage zu stellen.
    »Können wir uns dieser Stelle langsamer nähern?«, fragte sie.
    »Warum würdest du das tun wollen?«, entgegnete Michael.
    »Weil diese Stelle nicht natürlich ist. Ich glaube, deshalb haben wir alle so heftig darauf reagiert. Wenn also der Weltenfresser sie nicht geschaffen hat, würde ich gerne wissen, was es getan hat.«
    Michael seufzte. »Ich rede mit Kenneday. Obwohl ich nicht weiß, ob er sein Angebot über diese Reise hinaus aufrechterhalten wird bei dem Schreck, den du ihm eingejagt hast.«
    Sobald sie die Einzigen am Bug waren, sagte Lee: »Was erwartest du zu finden, Glorianna?«
    »Vielleicht gar nichts«, erwiderte sie. »Vielleicht mehr als eine Antwort.« Sie zitterte. Zuvor war ihr einigermaßen warm gewesen, doch jetzt, ohne den Trost von Michaels schützender Gegenwart, schien sie die Kälte nicht so gut abhalten zu können.
    Caitlin kam zu ihnen herüber, grün im Gesicht und zittrig. Bevor sie etwas sagen konnte, kehrte Michael zurück. Kenneday war deutlich unglücklich darüber, in Gewässer zurückzukehren, die eine solche Reaktion hervorgerufen hatten, doch er drehte das Schiff wieder der Stelle zu und fuhr mit weniger Segel, um ihre Geschwindigkeit zu verringern.
    »Sag dem Kapitän, er soll sich rechts von dieser Dunklen Strömungen halten«, sagte Glorianna.
    »Wie soll er das denn machen?«, fragte Michael. »Es ist ja nicht so, als hätte das Wasser dort eine andere Farbe.«
    Ephemera, hör mich an.
    »Herrin des Lichts«, flüsterte Michael einen Augenblick später, als ein paar der Seeleute begannen, zu rufen und ins Wasser zu zeigen.
    Seetang füllte eine große Stelle im Meer und grenzte so den Knoten der Dunklen Strömungen ab. Glorianna hielt sich an der Reling fest und öffnete sich den Strömungen. Diesmal auf ihre Stärke vorbereitet, erkannte sie, was sie waren. Es machte sie elend und traurig. Und es reizte sie.
    Es lag etwas Schreckliches und Verführerisches in diesem Stück Meer mit seinem wogenden Seegras, etwas Unwiderstehliches in seiner Böswilligkeit. Und die Verlockung, sich dem Wasser hinzugeben, die Umarmung des Seetangs zu spüren, während das Verlangen zu einem Anker wurde, der sie nach unten ziehen würde, war beinahe überwältigend.
    Sie

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