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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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großzügiger Mann, Käpt’n Kenneday. Ihr habt mir schon öfter angeboten, mich mitzunehmen, um mir das Reisen zu erleichtern, aber bevor ich diesmal einwillige, würde ich gerne wissen, was hinter dem Angebot steckt.«
    Einen Moment lang sah Kenneday auf, und Michael erhaschte einen Blick auf eine gequälte Seele. Dann richtete der andere Mann seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Glas und die Kreise, die er damit auf den Tisch malte.
    »Sicherheit«, sagte Kenneday schließlich. »Sicherheit für mein Schiff und meine Mannschaft. Das steckt hinter dem Angebot.« Er zögerte, dann beugte er sich vor, sodass seine Stirn beinahe gegen Michaels stieß. »Ich bin den Großteil meines Lebens Seemann gewesen. Bin als Junge in See gestochen, sobald ich alt genug war, um angeheuert zu werden. Und so habe ich ganz schön was von der Welt gesehen, und ich kann dir sagen, es gibt etwas Seltsames in Ephemera und der Art, wie die Welt auf manche Menschen reagiert.«
    Magier. Das war das Wort, das zwischen ihnen schwebte. Erst Shaney, jetzt Kenneday. Vielleicht war er nie so unbemerkt geblieben, wie er geglaubt hatte.
    »Man hört Geschichten aus dem Norden«, sagte Kenneday, »und es gibt Kapitäne, die an einer Stelle vorübergesegelt sind und schwören, sie versenken lieber ihr eigenes Schiff, bevor sie noch einmal über diesen Teil des Meeres segeln.«
    Er verspürte einen Stich im Leib, seine Schultern versteiften sich. »Was für Geschichten?«
    »Etwas Böses hat sich aus den Tiefen des Meeres erhoben. Eine riesige Bestie mit Tentakeln. Sie hat fünf Fischerboote zerstört und alle an Bord getötet. Jetzt liegt Nebel über der Stelle im Wasser - ein Nebel, den man nicht sehen kann, bis man in ihn hineinsegelt. Und während man in ihm gefangen ist, kann man die Männer hören. Sie flehen um Gnade, rufen um Hilfe, rufen …«  Kenneday schluckte schwer. »Sie rufen einfach nur. Die Stimmen verlorener Männer, bereits tot.«
    »Es gibt Geschichten über alle möglichen Seeungeheuer«, murmelte Michael. »Seemannsgarn.«
    »Kannst du mir in die Augen sehen und mir sagen, dass es keine Bestien auf dieser Welt gibt, Michael? Kannst du mir sagen, dass hinter diesen Geschichten keine Wahrheit steckt?«
    Er konnte es nicht. Er wusste, dass Dämonen auf der Welt wandelten. Schließlich gab es Wasserpferde in Ephemera, die einem Mann einen tödlichen Ritt versprachen, und die Nachtschwärmer, die ihre Beute mit Lichtern und Musik in die Sümpfe lockten.
    »Ich habe gesehen, wie sich die Stimmung in einem Raum verändert, nur weil du anfängst, auf dieser Flöte zu spielen«, fuhr Kenneday fort. »Das ist alles, worum ich dich bitte. Wir müssen an dieser Stelle im Wasser vorbei, um zur Weißen Insel zu gelangen, und ich werde nur meine halbe Mannschaft dabeihaben, wenn ich versuche, ohne irgendeinen Talisman Anker zu lichten, der uns beschützt, wenn wir diesen Nebel erreichen. Aber wenn ein Glücksbringer an Bord ist, der ein bisschen Musik spielt, um die See und was immer sich in ihr rührt zu beruhigen, werden meine Männer gelassener sein.«
    »Ich weiß nicht …« Michael zuckte zurück, als zwei fleischige Hände zwei weitere Gläser Bier auf den Tisch stellten. »Big Davey.«
    Big Davey nickte Kenneday zu. »Seins wird nicht das letzte Angebot sein, nur damit du’s weißt. Ich glaube, im Moment würde man dich zum Preis von ein paar Liedern auf jedem Schiff mitnehmen.« Er zog ein gefaltetes und mit Wachs versiegeltes Blatt Papier aus der Tasche der fleckigen Schürze, die er sich um die Hüfte gebunden hatte. »Das ist für dich gekommen. Der Seemann, der es zurückgelassen hat, sagte, eine Herrin des Lichts hätte ihn gebeten, es für dich hier zu hinterlegen, weil bekannt  sei, dass du hier Halt machst, wenn du nach Kendall kommst.«
    Michael schlug das Herz bis zum Hals, doch seine Hand war ruhig, als er den Brief entgegennahm.
    »Ich glaube, wir brauchen noch einen Whisky«, sagte Kenneday leise und blickte zu Big Davey.
    Big Davey nickte und ging. Kenneday nahm sein Bierglas in die Hand, dann lehnte er sich zurück, drehte sich halb im Stuhl um und musterte die anderen Männer in der Taverne, um Michael die Illusion zu verschaffen, ungestört zu sein.
     Michael,
    komm so bald du kannst. Es geht etwas vor sich. Träume, Omen. Es ist möglich, dass der Zerstörer sich aus jenem Ort des Schattens erhoben hat, der ihm als Versteck diente.
    Ich hatte einen Traum, Michael, und in dem Traum sagte eine Stimme: »Die

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