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Belsazars Ende

Titel: Belsazars Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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unsere beiden Kinder sehr frei erzogen, ohne jegliche Prüderie. Wir vertrauen ihnen vollkommen, und bis jetzt haben sie uns nie ernstlich enttäuscht. Mittlerweile sind beide alt genug, ihre eigenen Wege zu gehen und ihre eigenen Erfahrungen zu machen.« Er trommelte leicht mit seinem Kugelschreiber auf die Schreibunterlage. »Aber ich möchte nicht abschweifen. Ihre Ermittlungen haben Sie zu mir geführt, Frau von Steendijk. Wie also kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Sie konfrontierte ihn hart und trocken mit den Einzelheiten, die sie mittlerweile über die Atelierfeste herausgefunden hatte.
    Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Also, wenn Sie mich fragen, da hat Ihnen meine Tochter einen ganz schönen Bären aufgebunden.« Er lachte kurz auf. »Wunschdenken.. obwohl ich gar nicht wußte, daß sie in dieser Richtung so viel Phantasie entwickelt hat. Aber ich bitte Sie! Alkohol, Kokain! Wir hätten es doch bemerkt, wenn unsere Tochter Drogen genommen hätte! Selbstverständlich bleibt sie manchmal über Nacht weg.
    Das ist doch vollkommen normal in dem Alter. Wir wissen immer, wo sie ist, und alles andere ist ihre Sache. Wenn sie an einem größeren Projekt arbeiteten, an der Holocaustgruppe zum Beispiel, und es spät wurde, blieb sie natürlich auch bei Roderik. Wir haben uns nichts dabei gedacht. Orgien! Das ist doch lächerlich!«
    »Kennen Sie Christopher Hunold?«
    »Selbstverständlich! Er ist einer der wenigen großen Mäzene, die wir in diesem unseren Vaterlande haben. Und er ist ein enger Freund von Roderik van Velden gewesen.«
    »Und hat es mit Vierzehnjährigen getrieben«, stieß Astrid hervor. »Unter anderem auch auf van Veldens sogenannten Atelierfesten.«
    »Ach, kommen Sie! Das ist doch Humbug! Hat Ihnen das auch meine Tochter erzählt? Glauben Sie mir, die hat einfach zuviele Teenieblättchen gelesen.«
    Er musterte sie eingehend, dann schlug er sich gegen die Stirn. »Jetzt verstehe ich endlich, warum Sie zu mir gekommen sind. Haben Sie gedacht, Sie fänden hier den eifersüchtigen Vater, den Schützer der Moral seiner unschuldigen Tochter, der als klassischer Racheengel den bösen Verführer meuchelt?« Er lachte laut und herzlich.
    Astrid sagte nichts. Sie sammelte die Fotos ein und schob sie in den Umschlag zurück.
    »Brauche ich jetzt ein Alibi für die Tatzeit?« feixte er. »Noch nicht«, sagte sie und war schon draußen.

    Dr. Hüttner, der Leiter des Stadtarchivs, ein hagerer, rotblonder Akademiker in den Vierzigern mit einem nervösen Tick am linken Auge, demonstrierte höfliches Desinteresse. Er hatte nichts gegen die Polizei, wie Toppe zunächst dachte; der Mann war einfach maßlos eitel.
    Toppe ärgerte sich. Das ganze Gespräch dauerte nicht einmal eine Viertelstunde und brachte so gut wie nichts.
    Van Velden habe in den letzten drei Jahren regelmäßig im Archiv gearbeitet, mindestens zweimal im Monat. Er habe sich intensiv mit den historischen Plänen des Forstgartens beschäftigt. In den letzten Wochen allerdings nicht mehr.
    Der »Lageplan« sage ihm überhaupt nichts. Er war ganz sicher, ihn noch nie gesehen zu haben, räumte aber ein, daß er natürlich noch nicht sämtliche Bestände des Archivs persönlich eingesehen habe, schließlich sei er erst seit knapp vier Jahren im Amt und sein Aufgabengebiet sehr umfangreich.
    Sein persönlicher Schwerpunkt sei das frühe 18. Jahrhundert – »eine ausgesprochen interessante Epoche« – über die er im übrigen im Jubiläumsjahr ein größeres Werk veröffentlichen werde.
    Toppe sprach ihn auf van Veldens Vater und den Widerstand in Kleve an und erntete Erstaunen. Was solle er, Hüttner, ihm dazu sagen? Er sei Historiker, nicht einmal Hiesiger, stamme vielmehr aus Freiburg. Selbstverständlich könne Toppe alle Unterlagen, die sich aus jener Zeit im Archiv befänden, einsehen, wenn er ihm konkret sagen könne, was er suche. Darauf wußte Toppe natürlich keine Antwort. Hüttner gab ihm, mit einem Seitenblick auf Toppes Bücherstapel, den Rat, sich doch besser an die Stadtbücherei zu wenden. Nein, es gäbe keine Aufzeichnungen darüber, welche Unterlagen van Velden eingesehen habe. In der Regel holten seine Mitarbeiter die gewünschten Materialien aus den Regalen, hatten ein Auge auf einen pfleglichen Umgang und überprüften die Vollständigkeit, bevor sie sie selbst wieder wegräumten.
    Leider seien die Mitarbeiter im Moment in der Mittagspause, aber wenn Toppe sich später noch einmal bemühen wolle … Sie konnten sich

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