Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
sexuellen Dingen, die gepaart war mit einer außergewöhnlichen Toleranz und Aufgeschlossenheit den meisten anderen Themen gegenüber. Es war eine Mischung, an die er sich ohne große Anstrengung gewöhnen könnte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er je mit einer ganzen Schar Frauen mehr Spaß gehabt hätte.
Jetzt mischte sich April, die nicht ganz so ausgelassen war wie die anderen, wieder in die lebhafte Unterhaltung ein. Er saß ihr gegenüber, so dass er jede Menge Gelegenheit hatte, dem, was sie mit ihrer dunklen, weichen Stimme sagte, zu lauschen. Er dachte kurz darüber nach, ob sich ihre ehemalige Hemmung im Verlauf des Schreibprozesses wohl auch verflüchtigt hatten. Sie war früher ein bisschen scheu gewesen, aber wenn er sie nur genug ermutigt hatte, hatte sie mit einer natürlichen Leidenschaft reagiert, an die zu denken ihn schmerzte.
Während er seinen Gedanken nachhing, beobachtete er die Flammen der Kerzen, die ihr jedes Mal, wenn sie den Kopf drehte, einen Heiligenschein aufzusetzen schienen; er registrierte, wie weich ihr Mund war, wenn sie nicht angespannt war, und wie warm ihre Augen für alle leuchteten, außer für ihn. Nach und nach wuchs in ihm der Wunsch, hier in diesem separaten Teil des Restaurants mit ihr allein zu sein. Dieser Wunsch wurde mit der Zeit so stark, dass er sich fast fiebrig fühlte.
Vielleicht hatten die Frauen am Tisch die gedankliche Lossagung gespürt. Kurz darauf wandten sie sich an ihn.
„Dann sind Sie also der Held von Aprils nächstem Buch“, sagte eine niedliche kleine Rothaarige mit Spuren von Grau an den Schläfen. „Und wie fühlen Sie sich in der Rolle?“
„Gott, was für eine Frage“, sagte eine andere, bevor er antworten konnte. „Ich meine, schaut ihn doch an! Diese breiten Schultern und langen Beine, die schönen schwarzen Haare, die Schlafzimmeraugen …“
„Ich weiß“, sagte die Erste mit einem sehnsüchtigen Aufseufzen. „Sogar die strahlend weißen Zähne in dem sonnengebräunten Gesicht. Es passt wirklich alles.“ Sie drehte sich zu April um. „Wo hast du ihn bloß gefunden?“
„Ich habe mich einfach nur umgeschaut, und da war er“, gab April trocken zurück.
„Wenn ich jemanden brauche, liegt niemand wie er einfach so herum.“ Diese scherzhafte Bemerkung kam von einer attraktiven silberhaarigen Frau mit einer vom Rauchen heiseren Stimme.
„Ich habe nie behauptet, dass er so herumlag“, protestierte April lachend. „Ich habe einfach nur einen schwarzhaarigen Teufel gebraucht, und da war er gleich nebenan.“
„Wie praktisch!“ sagte die Rothaarige gedehnt.
„Ja, nicht wahr?“ sagte April unschuldig.
Luke lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über der Brust. Er erwog, ebenfalls etwas zur Unterhaltung beizusteuern, entschied dann jedoch, dass es ratsamer war, das Risiko nicht einzugehen. Natürlich konnte er dem Ganzen jederzeit ein Ende bereiten, aber er war neugierig zu sehen, wie weit April gehen würde.
„Passt er zum Rest der Truppe? Hat er alle Qualitäten, die du deinen Helden normalerweise zuschreibst?“ Julianne warf ihm einen ironischen Blick zu, während sie sprach.
„Die meisten jedenfalls“, gab April zurück. „Er ist offensichtlich stark. Er besitzt Intelligenz, Charme und Humor. Er bewegt sich mit der typischen Geschmeidigkeit …“
Die mit der rauchigen Stimme machte eine abschließende Handbewegung. „Er ist in der Tat perfekt.“
„Nicht ganz.“
„Gott, April, was fehlt ihm denn noch?“
„Opferbereitschaft und Hingabe“, antwortete sie bedächtig. „Oh, und noch etwas.“
Luke spürte, wie sich sein Magen verkrampfte, um den Schlag abzuwehren, den er kommen sah. April hatte das alles nur gesagt, um ihm eine Falle zu stellen. Das Schweigen dehnte sich, bis es so unerträglich wurde, dass Julianne schließlich fragte: „Und was ist das?“
April begegnete seinem Blick. Ihre Lippen bewegten sich kaum, als sie gelassen antwortete: „Ihm fehlt die wichtigste Eigenschaft eines Helden. Er hat kein Ehrgefühl.“
Der Schmerz, der Luke durchzuckte, war so heftig, dass er die Kiefer aufeinander pressen musste. Er hatte geglaubt, seit langem über dem zu stehen, was April Halstead von ihm dachte. Das war kein guter Zeitpunkt herauszufinden, dass er sich geirrt hatte.
Im selben Moment begriff er, was sie im Schilde führte; sie wollte ihn so auf die Palme bringen, dass er vorzeitig das Feld räumte, damit sie nicht mit ihm zusammen ins Hotel zurückfahren musste. Aber das
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