Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
Teufel schüttelte den Kopf und trat auf mich zu. Er war geschmeidig wie eine Katze. Sein schlanker, muskulöser Körper bewegte sich so anmutig, dass ich den Blick einfach nicht abwenden konnte. Er war wahrhaft ein lüsternes Raubtier erster Güte. Ich fragte mich, wie viel Zeit ich in Wirklichkeit mit ihm verbracht hatte, während ich geglaubt hatte, seinem Protegé gegenüberzustehen. Bei dem Gedanken wurde mir ernsthaft übel.
„Deshalb habe ich dich sogar hergebracht. Jetzt muss ich nämlich wirklich los und Daniel holen. Das war ein böser Schlag, den ich ihm da auf den Hinterkopf verpasst habe, nicht wahr? Aber so wirkungsvoll. Ich muss ihn langsam auf seine neue Stelle vorbereiten, sein Vorgänger war nämlich wirklich ein abgrundtiefer Versager.“
„Bitte nicht“, sagte ich, doch der Teufel beachtete meine Worte nicht.
„Ich habe einen Rat für dich. Wenn du gleich fällst – schau nicht nach unten. Du würdest doch nur durchdrehen.“
„Warum?“ Ich versuchte, ruhig zu bleiben, obwohl mir vor Angst fast Hören und Sehen verging.
„Darum. Weil die Hölle bodenlos ist, Dummerchen.“ Und damit streckte er die Hand aus und gab mir mit seinen langen, spitzen Fingern einen so kräftigen Stoß, dass ich nicht mal spürte, wie meine Füße den Boden verließen.
Ihr erinnert euch, dass ich von der Kante besessen war, dass ich mich schon immer in den Horizont werfen wollte, um herauszufinden, was dann geschehen würde? Tja, ich möchte einfach nur hier und jetzt festhalten, dass ich total verrückt war! Was für ein Idiot muss man sein, um sich bei vollem Bewusstsein in einen verdammten Abgrund zu stürzen?
Der Teufel hatte recht gehabt. Ich hätte die Augen geschlossen halten sollen. Es ist ein ziemlich grausiges Gefühl, wenn man ins Nichts starrt und das Nichts zurückstarrt.
Während ich fiel, schien mein Sturz sich immer mehr zu beschleunigen. Je länger ich mich also im freien Fall befand, desto schneller schoss das Nichts an mir vorbei. Es war zutiefst erschütternd und verstörend … und wahnsinnig und endlos traurig. Hier war ich also, in der Blüte meiner Jugend, und würde nie wieder ein Eis essen. Ich würde niemals die Gelegenheit bekommen, Clio zu erzählen, dass ich die Gute in diesem Spiel war. Ich würde mir nie wieder eine enge Jeans kaufen oder ins Fitnessstudio gehen und sechs Kilo loswerden, um endlich in ein perfektes Marc-Jacobs-Outfit Größe S zu passen.
Doch dann ereignete sich wie durch ein Wunder das genaue Gegenteil der traurigen, endlosen Existenz im freien Fall, mit der ich gerechnet hatte. Nachdem ich mich voll und ganz darauf eingestellt hatte, den Rest meines ewigen Lebens damit zuzubringen, dem Nichts entgegenzurasen, wie eine Pistolenkugel, die sich niemals in einen Körper bohren würde …
… entdeckte ich unerwarteterweise etwas.
Und dieses Etwas … war Gott.
26
„Calliope Reaper-Jones, hörst du mich?“
Es war die seltsame Stimme vom Strand, die mich an RuPaul erinnerte. Die, die dafür gesorgt hatte, dass ich den Meeresschaum gekriegt hatte.
„Ja!“, rief ich zurück, und der Klang meiner eigenen Stimme schlug mir ins Gesicht, als ich meinen rasenden Weg zum Grund des Nichts fortsetzte.
„Vertraust du mir?“
Ob ich der Stimme vertraute? Ich wusste nicht mal, zu wem sie gehörte, was für ein Geschlecht ihr Besitzer hatte, geschweige denn, oh ich ihr guten Gewissens trauen konnte.
Ich beschloss, nicht zu antworten, obwohl die Stimme mir den Meeresschaum beschafft hatte. Daraufhin schwieg sie, was mich vermuten ließ, dass ich mir wahrscheinlich nur eingebildet hatte, etwas zu hören, weil ich mich fürchtete und einsam war und mir einen Freund wünschte.
Moment mal – wenn ich bis ans Ende aller Zeit in einen bodenlosen Abgrund am Rand der Hölle stürzen würde, warum glaubte ich dann nicht einfach an die seltsame Stimme, ob ich sie nun wirklich gehört hatte oder nicht, und bedankte mich dafür, dass sie mir Gesellschaft leistete?
Ich sollte wirklich aufhören, mein Schicksal von einer so negativen Warte aus zu betrachten. Immerhin hatte die schreckliche Todesstimme seit ihrer jüngsten Begegnung mit dem Teufel die Klappe gehalten – man sollte auch für die kleinen Dinge dankbar sein.
„Wenn ich dir sage, was ich bin, vertraust du mir dann?“, fragte die Stimme und schreckte mich damit auf.
Da ist er wieder, dachte ich, mein freundlicher Copilot auf der langen Reise zum Grund des bodenlosen Abgrunds der Hölle.
Ich schien
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