Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
seinen richtigen Gang.« Myra lehnte sich zurück und musterte Janie ein paar Augenblicke, maß sie von Kopf bis Fuß. »Sie möchten Ihr Journal also vielleicht hier unterbringen. Verzeihen Sie, wenn ich so unverblümt rede, aber ich denke, Sie wünschen dafür eine Gegenleistung. So läuft das gewöhnlich.«
»Was ich möchte, ist garantierter Zugang zu dem Journal – ganz gleich, wann. Und Ihr Versprechen, daß Sie es, wenn Sie es von mir erwerben, niemals an jemand anderen weiterverkaufen.«
»Nun, den Zugang kann ich Ihnen nur dann versprechen, wenn das Depository geöffnet hat, es sei denn, Sie melden sich vorher an. Wir würden unser Bestes tun, um Ihnen entgegenzukommen, wenn Sie es hier unterbringen. Aber Sie verstehen, daß es Sicherheitsvorkehrungen gibt.«
»Ja, natürlich. Das schwebt mir ja vor.«
»Und was einen Verkauf betrifft – jeder Zweifel an Ihrer Eigentümerschaft würde auf uns übergehen, wenn wir es von Ihnen erstehen – also sind uns ohnehin die Hände gebunden. Aber der Besitzanspruch würde bei uns definitiv mehr Fragen aufwerfen als bei Ihnen – es wäre also vielleicht keine gute Idee, daß wir Eigentümer werden. Es besteht eine Menge anderer Möglichkeiten. Die erste, die mir einfällt, ist eine Vereinbarung, daß mehrere Einrichtungen wie unsere sich für eine vertraglich abgesicherte … ›Dauerleihgabe‹ einsetzen. Auf diese Weise würde das Buch immer Ihnen gehören. Wir würden es hier nur aufbewahren und ausstellen – jedoch bliebe es immer Ihr Besitz. Sie können darauf Kredit aufnehmen, wenn Sie Geld brauchen, es zu persönlichem Gebrauch zurücknehmen, wenn Sie das wünschen, und so weiter. Sicher haben Sie in Museen schon Plaketten gesehen, auf denen etwas steht wie ›Leihgabe aus der Sammlung Soundso‹.«
»Ja, habe ich. Aber ich möchte nicht, daß mein Name offiziell erscheint.«
»Dann könnte es lauten: ›Anonyme Sammlung‹, wenn Ihnen das lieber ist.«
»Ja, entschieden.«
»Das wäre kein Problem. So etwas ist durchaus üblich. Wenn nun die Vereinbarung für Sie zufriedenstellend ist und Sie beschließen, das Buch bei uns verwahren zu lassen, dann nehmen wir sofort eine Schätzung vor, um es angemessen zu versichern. Wie hoch haben Sie es zur Zeit versichert?«
»Gar nicht, muß ich leider zugeben. Zumindest nicht außerhalb meiner normalen Hausratversicherung.«
Mit tadelndem Blick fragte die Kuratorin: »Wie können Sie nachts schlafen, Dr. Crowe?«
Schuldbewußt schlug Janie die Augen nieder. »Ich weiß nicht. In manchen Nächten schlafe ich offen gestanden gar nicht. Das ist mit ein Grund für mein Hiersein.«
»Nun, dann lassen Sie uns tun, was wir können, um dem abzuhelfen, ja? Bringen Sie mir diesen Schatz, damit ich ihn mir ansehen kann. Je eher, desto besser. Und seien Sie vorsichtig.«
An den Zeitunterschied gewöhnte Janie sich einfach nicht. Sie war noch bei der Arbeit, und Bruce machte sich fertig, um zu Bett zu gehen. Der Anruf war verabredet, aber sie hatte sich um ein paar Minuten verspätet. Als sie sich einschaltete, war er längst da, lächelte eifrig von ihrem Computerbildschirm, eine Vision in kariertem Flanell.
»Hübscher Pyjama«, sagte sie. »Ist der neu?«
»Ja. Gefällt er dir?«
»Chic.«
»Bei Harrod’s war Ausverkauf. Für dich habe ich auch eine Kleinigkeit gekauft. In der Wäscheabteilung.«
»Oooh, zeig sie mir!«
»Nein. Das wird warten müssen, bis ich dir gegenüberstehe.«
»Und das wird, wie ich dir erfreut berichten kann, nächsten Monat sein.«
»Wirklich? Du liebe Güte, das ist toll! Wohin fahren wir?«
»Du wirst es nie erraten. Island.«
Seine Erregung klang ein wenig ab. »Da hast du recht. Darauf wäre ich nie gekommen.«
»Das Reisebüro sagt, daß es dort wirklich wunderschön ist.«
»Janie, es ist ein riesengroßer Felsblock. Mitten im Nirgendwo.«
»Macht uns das etwas aus? Wir werden zu tun haben. Und das Reisebüro will mir einen Prospekt schicken. Wenn wir nicht beschäftigt sind, werden wir also wissen, was es sonst zu unternehmen gibt.«
»Für wie lange kannst du weg?«
»Fünf Tage, vielleicht sechs.«
»Dann brauchen wir keine Prospekte.«
Sie lachte. »Das habe ich auch gedacht. Das Reisebüro schickt mir in den nächsten paar Tagen die endgültigen Unterlagen.«
»Gut. Du wirst sie mir faxen …«
»Natürlich, sobald ich sie habe.« Sie schwieg einen Moment.
»Himmel, wie ich dich vermisse! Ich weiß, das kommt nicht rüber durch die Leitung, aber ich hoffe,
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