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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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mußte. Als er über den eindrucksvollen und günstig gelegenen Besitz seines Gastgebers schaute, stieg Neid in ihm empor. Denn angesichts dieser fruchtbaren Landschaft brauchte man sich nicht zu fragen, wie der mutige und außerdem noch verflixt gutaussehende Baron de Coucy zu solchem Reichtum gelangt war. Aber auf welche Weise konnten les pauvres misérables, die Coucys Ländereien bestellten, in ihrer unbeschreiblichen Not und Armut noch weiter besteuert werden? Selbst Charles der Böse, der am meisten verachtete Despot im ganzen Land, begriff, daß man einem Stein kein Blut entlocken konnte.
    Und doch hatten er und seinesgleichen versucht, es aus ihnen herauszupressen. Er konnte den Unterprivilegierten eigentlich keinen Vorwurf machen, daß sie sich erhoben – auch den Bürgern nicht, die sie unterstützten; genausowenig verübelte er einigen Mitgliedern seiner eigenen Klasse ihren offensichtlichen Unwillen, sie niederzuwerfen. Rebellion war in solchen Notzeiten durchaus üblich.
    Gleichwohl durfte man sie nicht dulden, jetzt nicht und niemals. Charles hielt es für seine heilige Pflicht, die Macht zu ergreifen, jeglichen Aufruhr zu unterdrücken und jene französischen Adeligen zu einen, die das Chaos unter seiner Tyrannei überlebt hatten. Es war ein Recht, vielleicht sogar eine Verpflichtung, die direkt von Gott kam und sein Großvater, jener erste Ludwig persönlich, an ihn weitergegeben hatte. Charles hieß die Herausforderung willkommen, denn das unbedeutende Königreich Navarra genügte seinem Ehrgeiz nicht; auch war seine Lage am Fuß der Pyrenäen viel zu weit von den Zentren der Macht und des Reichtums entfernt, um ihm zu gefallen.
    Der Dauphin sei verdammt, dachte er, während der Aufmarsch der Adeligen weiterging, und sein jämmerlicher Vater Valois möge als Gefangener am Hofe des Idioten Edward fett und blöde werden! Möge Johann von Valois dessen feuchte, elende Insel niemals verlassen!

    Guillaume Karle starrte auf das, was er vor sich sah. »Nein!« schrie er, während er aus dem Sattel sprang. »Nicht schon wieder!«
    Kate blieb auf ihrem Reittier sitzen und umklammerte mit weißen Knöcheln die Zügel. Sie kniff die Augen fest zu und begann ein verzweifeltes Gebet. »Gegrüßest seist Du, Maria, voll der Gnaden, der Herr ist mit Dir …«
    Karles wütende Stimme übertönte ihr leises Murmeln. »Dieser verfluchte Bastard!« schrie er. »Er will uns alle abschlachten!« Seine geballte Faust ragte in die Luft. »Selbst Satan könnte sich keine grausamere Tortur ausdenken!«
    »… und mit uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes«, schloß Kate ihr Gebet. Sie bekreuzigte sich mit zitternder Hand und wischte sich eine Träne von der Wange. Dann flüsterte sie: »Amen.«
    Vor ihnen hing die Leiche eines mageren Bauern, aufrecht an einen Baum gebunden, die Hände hinter dem Stamm gefesselt, die Füße unten an den Stamm gekettet. Der Kopf, wie durch ein Wunder noch auf dem Körper, hing seitlich auf der Schulter, die weit aufgerissenen Augen, die nichts mehr sahen, starrten leeren Blicks auf die eigenen Eingeweide, die man ihm aus dem Leib gerissen und mindestens drei Schritte weit verteilt hatte. Sie lagen auf der Erde ausgebreitet, und da, wo ein hungriges Tier sie angefressen hatte, war eine Blutlache übriggeblieben.
    »Ein Wolf ist schon hier gewesen«, sagte Karle steif, als er sich dem grausigen Fund näherte. »Sie werden jeden Tag frecher, weil die Menschen vom Hunger geschwächt sind. Und sie sind schlau genug, das zu wittern.«
    Oder war in der Nacht ein Fuchs oder ein Wiesel gekommen, um sich an dieser verlorenen Seele gütlich zu tun? Kate fragte sich unwillkürlich, wie lange dieser Mann hatte zusehen müssen, wie die Tiere des Waldes sich mit glühenden Augen um seine glänzenden Eingeweide stritten, ehe er das Bewußtsein verlor.
    Endlich fand sie den Mut, vom Pferd zu steigen. Guillaume Karle hatte sich gerade von dem grauenhaften Anblick abgewandt und würgte.
    »Das ist das Werk Navarras«, polterte er, während er sich den Mund abwischte. »Aber wie kann er überall zugleich sein?«
    »Dies hier hat vielleicht einer seiner Anhänger auf dem Gewissen.«
    »Dann gibt er seine grausamsten Einfälle an sie weiter!«
    Ein weiteres unheimliches Opfer von Navarras Rachefeldzug hatten sie eine Stunde zuvor gesehen, an eine verrottende Regentonne gelehnt, den abgetrennten Kopf sauber im Schoß. Am Vortag hatten sie drei weitere Wehrlose begraben, einer gekreuzigt, einer geröstet,

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