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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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halben Gehirn, Zufälle für etwas sehr Seltenes hältst. Aber ich habe dir noch nicht alles gesagt. Heute morgen bekam ich eine bizarre E-mail ohne Antwortadresse. Es war die zweite, die mir jemand mit demselben Decknamen geschickt hat – Wargirl. Die erste lautete bloß: ›He, wer sind Sie?‹ Ich dachte, das wäre ein Übermittlungsfehler oder ein Scherz von irgendeinem jugendlichen Hacker. Aber die zweite sagte: ›Haben Sie keine Angst.‹« Janie hielt einen Moment inne.
    »Und sie kam zu einer Zeit, zu der ich Angst hatte, und zwar aus gutem Grund. Auch ich glaube nicht an solche Zufälle!«
    Michael stimmte ihrer Hypothese zwar nicht direkt zu, hatte aber auch kein vernünftiges Gegenargument, um sie zu widerlegen. »Ich kann mir die Ermittlungsakte ansehen und schauen, was intern bekannt ist. Das ist nicht immer dasselbe wie die Zeitungsartikel.«
    Sie warf ihm einen zynischen Blick zu. »Was du nicht sagst! Du hast mein Vertrauen in die Nachrichtenmedien total erschüttert.«
    »Tut mir leid, Janie. Ich kann nicht klar denken.« Dann sah er sie durchdringend an und fügte hinzu: »Du hast mich mit all dem ein bißchen überfallen.«
    Eigentlich hätte er sie anschreien müssen. Er nahm es unglaublich freundlich auf, daß sie ihm seinen Taschencomputer entwendet hatte. Deswegen sagte Janie mit echter Zerknirschtheit: »Es tut mir leid, Michael, ich weiß jetzt, daß das …«
    »Vergiß es«, schnitt er ihr das Wort ab. »Ich an deiner Stelle hätte wahrscheinlich dasselbe getan. So, und jetzt diese Nachricht – wie lautete noch der Deckname? Ich werde sehen, ob ich etwas darüber ausgraben kann.«
    »Wargirl«, sagte Janie erleichtert, »geschrieben, wie man’s spricht.«

    Als sie am späten Nachmittag in den Empfangsbereich von Toms Anwaltskanzlei kam, waren die Streßfalten auf ihrer Stirn so deutlich sichtbar, daß Toms Sekretärin Janie fragte, ob sie sich nicht wohl fühle. Janie verneinte das halbherzig und bot eine schwache Erklärung an.
    »Ich habe letzte Nacht nicht allzugut geschlafen, kann ja mal vorkommen.«
    Und weil die Frau weitgehend über Janies juristische Probleme Bescheid wußte, nickte sie mitfühlend und sagte: »Oh, das tut mir leid. Es muß eine schwierige Zeit für Sie sein. Aber ich bin sicher, daß die Lage sich bald bessert. Mr. Macalester setzt sich sehr für Ihren Fall ein.«
    Fälle, dachte Janie bei sich, und es sieht so aus, als könnte es einen weiteren geben. »Ja, das weiß ich. Ich habe volles Vertrauen zu ihm. Hören Sie, ich platze hier einfach so rein, aber bloß für ein paar Minuten. Tom bewahrt etwas in seinem Safe für mich auf. Das hätte ich bitte gern wieder, wenn es möglich wäre.«
    »Warum nehmen Sie nicht Platz – ich werde mal nachsehen, was er macht.«
    Janie war rasend nervös und wäre lieber auf und ab gegangen, um ein Ventil für ihre Energie zu haben; aber sie tat wie geheißen und setzte sich. Der zu weich gepolsterte Sessel war so bequem und angenehm, daß Janie sich in einem Halbschlummer befand, als Tom ein paar Minuten später aus seinem Büro kam, um sie zu begrüßen. Er weckte sie mit einer sanften Berührung am Arm.
    »He, du Schlafmütze!«
    Janie war sofort hellwach und setzte sich auf. Sie rieb sich die Augen und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »O ja, damit hätte ich definitiv rechnen müssen.«
    »Denk dir nichts dabei.« Er lächelte herzlich und tätschelte ihre Schulter. »Selbst Superwoman braucht mitunter etwas Ruhe. Monica sagte, du wolltest deine Sachen aus dem Safe haben.«
    »Ja. Aber nicht Sachen. Nur eine Sache. Ich habe zwei Gegenstände in diesen Umschlag gesteckt. Einen würde ich gern dalassen. Ich werde aber wahrscheinlich ziemlich bald alles abholen. Nur muß ich vorher ein paar Vereinbarungen treffen.«
    »Gut, in Ordnung. Dann komm nach hinten ins Allerheiligste.«
    Janie stand auf und folgte Tom durch das unaufdringlich ausgestattete Büro. Sie war so oft hier gewesen, daß es ihr genauso vertraut war wie ihr eigener Arbeitsplatz; aber es wirkte wesentlich einladender. Das Privatbüro, in dem er seine Arbeit tat, war so spartanisch wie Tom selbst – nichts Belangloses, nichts ohne Sinn oder Funktion. Die Möbel hatte er allerdings sorgfältig ausgewählt – aber unauffällig, Erfolgsbeweis von Toms stiller, doch oft brillanter Arbeit für seine Mandanten.
    Er ging direkt zu einem hölzernen Schrank hinter seinem Schreibtisch und öffnete ihn mit einem kunstvollen Messingschlüssel. Janie erblickte

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