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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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der Straße standen, sagte er: »Ich begleite dich noch zur Haltestelle.«
    »Danke.« Sie klang frustriert.
    Schweigend gingen sie nebeneinanderher. Schließlich sagte sie verzweifelt: »Ich muss nicht unbedingt nach Hause, John.«
    Er blieb stehen. »Kate …«
    »Morgen ist Sonntag. Ich habe keinen Dienst. Wir könnten zusammen frühstücken …«
    »Es tut mir leid, Kate. Das geht nicht.«
    »Warum nicht? Gibt es … hast du eine Freundin?«
    »Nein. Aber im Moment passt keine Frau in mein Leben.«
    »Ich will dich auf nichts festlegen, John. Man kann doch sehen, was sich entwickelt. Und wenn sich nichts entwickelt … dann ist es eben so.«
    Leere Worte, dachte er. Wenn er auf eines gewettet hätte, dann darauf, dass er eine Frau wie Kate nie mehr loswerden würde, wenn er auch nur das mindeste Entgegenkommen signalisierte. Geschweige denn eine Nacht mit ihr verbrachte. Kate war eine Frau, die sich zur Stalkerin entwickeln konnte, wenn sie abgewiesen wurde.
    »Es geht einfach nicht, Kate. Das hat nichts mit dir zu tun. Nur mit mir.«
    »Ich dachte …«
    »Was?«
    »Ach, nichts.« Was hätte sie sagen sollen? Dass sie geglaubt hatte, sein Interesse an ihr gehe über das bloße Erlangen geheimer Informationen hinaus? Er konnte ihr förmlich ansehen, wie sie sich in diesem Moment fühlte: wie eine Idiotin.
    Trotzdem riskierte er die Frage: »Du sagtest, du hättest noch etwas für mich?«
    Sie blickte ihn aus stumpfen Augen an. Überlegte. Schließlich ging ihr wohl auf, dass es sich mit ihrer Selbstachtung noch weniger vereinbaren ließe, wenn sie nun, da sie klar zurückgewiesen worden war, herumzickte. Dann wurde vollends deutlich, worauf sie gelauert hatte und wie enttäuscht sie sich fühlte.
    »Ja. Da ist noch etwas. Was die Morde an den beiden Frauen angeht, wurde ein wesentliches Detail nicht an die Medien gegeben. Auf welche Weise nämlich genau die Opfer getötet wurden.«
    »Sie wurden also nicht erschossen?« Er hatte sich das schon gedacht, weil immer von besonders grausamen Taten die Rede gewesen war.
    »Im Fall Westley hat der Täter ein Türschloss zerschossen, um in einen Raum einzudringen. Ansonsten diente die Waffe wohl nur dazu, sie gefügig zu machen. Der Täter konnte sie jedenfalls mit Paketklebeband an Händen und Füßen fesseln, ohne dass sie sich offenbar zur Wehr setzten.«
    »Und dann?«
    »Er stopfte ihnen ein Geschirrtuch in den Mund. Schob es ihnen ziemlich tief in den Rachen. Bei Carla Roberts bewirkte das, dass sie sich erbrechen musste. Sie ist daran erstickt.«
    »Und Anne Westley?«
    »Da musste er nachhelfen. Sie starb einfach nicht. Er hat ihr schließlich die Nase komplett mit Paketband zugeklebt. Daran erstickte dann auch sie.«
    »Oh verdammt«, sagte John.
    Hass, dachte er, ein unglaublicher, wahnsinniger Hass. Es ging nicht einfach darum, die Frauen zu töten. Sie sollten qualvoll sterben.
    »Thomas Ward wurde jedoch erschossen?«, vergewisserte er sich. Obwohl er im Grunde sicher war, dass ihm Gillian, die ihren Mann ja gefunden hatte, erzählt hätte, wenn es anders gewesen wäre.
    »Ja. Und das untermauert Fielders Theorie, dass Thomas Ward gar nicht gemeint war. Der Täter hatte eine Frau erwartet. Stand aber plötzlich einem Mann gegenüber. Und zwar nicht irgendeinem. Thomas Ward war sehr groß. Sehr sportlich. Ungeheuer trainiert. Ward hätte sich bestimmt ganz anders gewehrt als die beiden älteren Frauen, wenn ihn der Täter nicht sofort erschossen hätte.«
    »Und die Frauen wurden tatsächlich mit Geschirrtüchern erstickt?«
    »Ja.«
    »Gehörten sie den Opfern? Also waren sie einfach das Nächste, was der Täter greifen konnte? Oder hatte er sie mitgebracht?«
    »Sie gehörten den Opfern. Bei Carla Roberts hat deren Tochter das Tuch identifiziert. Und im Fall Westley hat man identische Tücher in einer Schublade gefunden. Der Täter scheint sie sich also erst am Tatort zu besorgen.«
    Sie kamen am Bahnhof von Charing Cross an, als die Bahn gerade einlief.
    »Also dann«, sagte Kate. Ihre Gesichtsfarbe wirkte noch fahler als sonst.
    »Komm gut nach Hause«, sagte John, »und – danke!«
    Sie war verletzt und drehte sich nicht mehr um, während sie einstieg. Sie wählte einen Sitzplatz auf der gegenüberliegenden Seite.
    Er vermutete, dass sie weinte.

SONNTAG, 10. JANUAR
    Zum ersten Mal, seitdem Tom ermordet worden war, hatte sie das Haus allein betreten. Beim letzten Mal hatte John sie begleitet. Diesmal gab es niemanden an ihrer Seite.
    Es roch zunehmend

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