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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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vollkommen der Wahrheit entsprach. »Ja. Ich komme mit allem zurecht, wenn du bei mir einziehst.«
    Sie schüttelte den Kopf. »John …«
    »Bitte. Überleg es dir.«
    »Wir kennen einander kaum. Wir sind einmal miteinander ins Bett gegangen. Mehr war nicht.«
    Er sah sie geradezu verzweifelt an. Er wusste, dass er mit seinem Vorschlag, sie könne zu ihm ziehen, viel zu schnell, zu überfallartig gewesen war. Ihr Mann war ermordet worden. Gillian konnte das noch kaum richtig begriffen haben. Und er schmiedete gemeinsame Zukunftspläne! Er benahm sich wie ein Trampel, aber er hatte plötzlich Angst … furchtbare Angst, er könnte sie für immer verlieren.
    »Wenn du es so siehst«, sagte er, »dann ja – mehr war nicht. Aber seitdem liebe ich dich, Gillian.«
    Sie wirkte völlig überfordert. »John, es geht einfach nicht. Versteh das bitte. Als ich Tom mit dir betrogen habe, da habe ich mich doch in Wahrheit einfach nur benommen wie ein kleines Kind. Ein Kind, das um Aufmerksamkeit und Zuwendung und Geborgenheit bettelt, weil es glaubt, anders nicht leben zu können. Und damit habe ich eine furchtbare Tragödie angerichtet. Ich kann doch jetzt nicht einfach weitermachen, als ob nichts geschehen wäre. Verstehst du?«
    »Ja. Es ist furchtbar, was mit deinem Mann passiert ist, und ich kann verstehen, dass du dich mit den schrecklichsten Schuldgefühlen herumschlägst. Dass du deine Motive, die dich zu mir geführt haben, analysierst. Vielleicht ziehst du auch durchaus die richtigen Schlüsse, aber … ich glaube trotzdem, dass wir zusammengehören. Und ich weiß, dass ich dich liebe.«
    »Ich kann nicht …«, setzte sie an, aber er unterbrach sie:
    »Es ist das erste Mal, dass ich das zu einer Frau sage. Es ist das erste Mal, dass ich das für eine Frau empfinde. Bitte, egal was dir jetzt durch den Kopf geht, schlag mir meine Gefühle nicht einfach um die Ohren.«
    Sie sahen einander an.
    Nach einer Weile sagte Gillian: »Ich will dir nicht wehtun. Aber ich gehe nach Norwich. Zu meiner Familie. Zu dem Rest meiner Familie.«
    Scheiße. Verdammt. Okay. Er würde nicht vor ihr auf den Knien herumrutschen.
    Überwältigt und völlig frappiert von dem Schmerz, der plötzlich in ihm anschwoll und sich anfühlte, als wolle er sich zur Unerträglichkeit steigern, fragte er dennoch noch einmal: »Gibt es irgendetwas, womit ich dich für mich gewinnen kann?«
    Sie wandte den Blick von ihm ab.
    »Nein«, sagte sie.

MITTWOCH, 13. JANUAR
    1
    Das schöne Wetter war schon wieder vorbei. Es schneite seit dem frühen Morgen. In großen, dichten Flocken, die manchmal wie eine fast undurchdringliche Wand vom Himmel kamen.
    John war den Vormittag über in der Firma gewesen, hatte wenigstens ein paar liegengebliebene Schreibtischarbeiten erledigen können. Sein Kopf schmerzte, obwohl er inzwischen drei Aspirin genommen hatte. Nach seinem Besuch bei Gillian war er im Halfway House abgetaucht und hatte sich hemmungslos mit Alkohol zugeknallt. Er hatte Schutz vor den Gedankenspiralen gesucht, die ihn bedrängten.
    Was, zum Teufel, war eigentlich in ihn gefahren?
    Ihm hatte noch nie eine Frau wehgetan. Ihm hatte vor allem noch nie die Trennung von einer Frau wehgetan. Sein ganzes bisheriges Leben lang hatte er es nur andersherum erlebt: Er hatte sich halbherzig auf Beziehungen eingelassen, irgendwann hatten die Frauen mehr verlangt, als er bereit war zu geben, Zusammenleben, Heirat, Kinder, und dann hatte er sich verabschiedet, jedes Mal mit dem unguten Gefühl, einen Menschen zu verletzen, der ihm schließlich nichts getan hatte, und doch erleichtert, dass er der Gefahr entgangen war, festgehalten, eingeengt, angebunden zu werden. Er hatte seine Freiheit genossen, gelegentliche Affären als sehr erfrischend empfunden und sich darüber hinaus mit seinem eigenen Wesen arrangiert: Er war wahrscheinlich bindungsunfähig, weshalb auch immer. Er war nicht der Typ, der seine eigene Kindheit und Jugend nun vorwärts und rückwärts reflektiert hätte, schon überhaupt nicht mit Hilfe eines Psychologen, um herauszufinden, worin die Gründe für seine Wesensstruktur liegen mochten. Seiner Ansicht nach war es völlig gleichgültig, ob sein Vater oder seine Mutter vor langen Jahren irgendetwas mit ihm falsch gemacht hatten oder ob während seiner Pubertät die Dinge aus geheimnisvollen Gründen aus dem Ruder gelaufen waren. Wirklich ändern konnte man nichts. Es war, wie es war.
    Zum ersten Mal sah er sich plötzlich mit der Möglichkeit

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