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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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nicht sicher, ob sie sich nicht getäuscht hatte. Es war so schnell gegangen. Vielleicht hatte sie aus ihrer eigenen Bewegung heraus gemeint, etwas anderes habe sich bewegt.
    Ihr Herz schlug plötzlich hart und schnell und so, dass sie es überdeutlich wahrnehmen konnte.
    Wie lange war sie draußen gewesen? Es konnten nicht mehr als fünf Minuten gewesen sein. Die Haustür hatte weit offen gestanden in dieser Zeit. Sollte sich jemand dort draußen herumgedrückt und auf eine Gelegenheit gewartet haben, so hätte er sie zweifellos gefunden: Fünf Minuten reichten, in ein Haus mit einladend geöffneter Tür zu huschen und sich dort zu verstecken. Und auf die Frau zu warten, die dort lebte.
    Auf einmal war sie sicher, dass jemand da war. Sie spürte es. Sie war nicht allein.
    Ihr erster Impuls war, die Polizei anzurufen, aber als sie sich hastig umblickte, sah sie, dass das Telefon nicht in der Ladestation im Flur steckte. Es lag wahrscheinlich in der Küche, und wenn sich dort jemand versteckt hielt, war es wahnsinnig, sich hineinzuwagen. Sollte sie zu den Nachbarn laufen? Hallo, kann ich bitte von euch aus die Polizei anrufen? Ich habe einen Schatten in meiner Küche gesehen.
    Sie wäre bis auf die Knochen blamiert, wenn sich nachher herausstellte, dass überhaupt niemand hier gewesen war.
    Aber es ist jemand hier! Ich höre ihn atmen!
    Sie konnte kaum ein hysterisches Aufschluchzen unterdrücken, als ihr aufging, dass es ihr eigenes Atmen war, was sie hörte.
    Ich drehe komplett durch. Und, verdammt noch mal, ich traue mich nicht, in meine Küche zu gehen!
    Sie verharrte, paralysiert fast und vollkommen unschlüssig, was sie tun sollte. Sie hatte nichts, um sich im Notfall zu verteidigen.
    Auf keinen Fall durfte sie von der Haustür weg, von ihrem Fluchtweg ins Freie. Aber sollte sie die ganze Nacht über hier stehen? Was, wenn der andere eiserne Nerven hatte und ebenfalls wartete – so lange, bis sie einen Fehler machte?
    Vielleicht spinne ich einfach, dachte sie.
    Und genau in diesem Moment erlosch das Licht. Überall. Im ganzen Haus. Es war von einer Sekunde zur nächsten stockdunkel.
    Gillian schrie auf, und nun hielt sie nichts mehr. Sie riss die Haustür auf und jagte ins Freie, hinein in die Dunkelheit und den Schneefall, obwohl sie auf Strümpfen war und keinen Mantel trug. Sie wäre auch barfuß losgerannt. Nur weg. Fort aus der tödlichen Falle, in die sich ihr Haus während weniger Minuten verwandelt hatte.
    Sie hatte fast das Ende des Gartenweges erreicht, als ein Schatten vor ihr auftauchte. Er schien aus dem Nichts zu kommen, so als habe er auf sie gewartet. Er versperrte ihr den Weg, sie prallte gegen ihn und begann zu schreien, begann mit erhobenen Fäusten auf das Wesen einzuschlagen. Die Angst machte sie fast wahnsinnig. Sie hörte ihr eigenes Blut in den Ohren rauschen, hörte sich nach Luft ringen und schreien. Auf einmal wurden ihre Handgelenke mit eisernem Griff festgehalten und nach unten gedrückt.
    »Was ist denn los, Herrgott noch mal?« Es war eine Männerstimme.
    »Lass mich los!«, keuchte sie.
    »Ich bin es. Luke Palm. Was ist denn passiert?«
    Sie hörte auf, sich zu wehren.
    »Luke Palm?« Sie schrie den Namen mit hoher, schriller Stimme. Er schien aus einer anderen Zeit zu stammen.
    »Ich glaube, ich habe mein Notizbuch bei Ihnen liegen gelassen. Deshalb bin ich zurückgekommen. Sie zittern ja am ganzen Körper!«
    Ihre Arme fühlten sich weich wie Pudding an. »Bitte lassen Sie mich los.«
    Vorsichtig ließ er ihre Handgelenke los, abwartend, ob sie erneut nach ihm schlagen würde. Aber sie konnte sich überhaupt nicht mehr bewegen. Den winzigen Rest an Energie, über den sie noch verfügte, brauchte sie, um nicht einfach in den Schnee zu sinken und liegen zu bleiben.
    »Bei mir im Haus ist jemand«, flüsterte sie. Sie fühlte sich plötzlich sogar zu kraftlos, um laut zu sprechen.
    »In Ihrem Haus? Wer?«
    »Ich weiß nicht. Da ist jemand. Und das Licht ist plötzlich ausgegangen.«
    »Wir sind doch gerade noch in jedem einzelnen Raum gewesen. Da war niemand.«
    »Ich habe die Vögel gefüttert. Und die Tür war offen. Als ich zurückkam … war da ein Schatten in der Küche …« Sie merkte selbst, dass sie sich ziemlich überspannt anhörte. Ganz allmählich beruhigten sich ihr Herzschlag und ihr Atem. Sie nahm die bittere Kälte wahr, spürte, dass ihre Füße wie zwei nasse Eisklumpen tief im Schnee steckten. Dass sie am ganzen Körper bebte vor Kälte.
    Auch Palm erkannte das

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