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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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Abendessen rief. Sie musste ihn gefunden haben. Was tat ein zwölfjähriges Mädchen dann? Es lief los, holte Hilfe. Klingelte Sturm bei den Nachbarn. Längst hätte ein Notarzt da sein müssen, ein Krankenwagen. Wie konnte Tom hier einfach so liegen? Vielleicht seit Stunden.
    Wieso stand die Tür zum Garten in der Küche sperrangelweit offen?
    Ihr kam ein neuer Gedanke, einer, der die Szenerie in ein völlig anderes Licht tauchte.
    Sie sprang auf.
    Wo war Becky?
    Sie lief aus dem Zimmer, jagte die Treppe hinauf. Auch hier oben brannten alle Lichter.
    »Becky!« Sie brüllte den Namen ihrer Tochter. »Becky! Wo bist du?«
    Beckys Zimmer war leer. Die Barbiepuppen, mit denen sie nur noch selten und wenn auch bloß heimlich spielte, waren auf dem Teppich verstreut, auf dem Schreibtisch lagen der Malblock und etliche Pinsel, daneben standen der geöffnete Farbkasten und ein Einweckglas mit Wasser. Die Schranktür war offen, die meisten Pullover, Röcke und Jeans waren auf dem Boden ausgebreitet, in wilder Hast, wie es schien, aus ihren Fächern gerissen. Gillian schlug die Bettdecke zurück, spähte dann unter das Bett, anschließend hinter die große Kiste mit Spielsachen. Nichts. Keine Spur von Becky.
    Sie schluchzte, ohne es zu merken. Ihr Mann lag tot unten im Wohnzimmer, er war möglicherweise von einem Einbrecher ermordet worden, und ihr Kind war wie vom Erdboden verschluckt, hatte ganz offensichtlich auch in Panik alles stehen und liegen gelassen. Was immer geschehen war, es hatte Tom und Becky ohne jede Vorankündigung überrascht. Sie hatten sich inmitten des Ablaufs eines völlig normalen Abends befunden, und plötzlich hatte jemand den Frieden gestört, war in das Haus eingedrungen, gewaltbereit und zu allem entschlossen. Gillian kam sich vor wie in einem furchtbaren Albtraum, den sie zu allem Überfluss nicht begriff und von dem sie nur dachte, dass er grausam und irreal war und eigentlich jeden Moment enden müsste – doch wenn ihr eines in all der Verworrenheit klar war, dann die Tatsache, dass es kein gnädiges Erwachen geben würde. Der Schrecken würde sich nur noch vertiefen.
    Sie lief in das Nebenzimmer, das Schlafzimmer von Tom und ihr. Auch hier brannten alle Lichter, standen die Türen des Kleiderschrankes offen, aber der Raum war leer. Wieso war überall Licht? Wieso hatte jemand alle Schränke durchsucht? Becky war in ihrem Zimmer gewesen, offensichtlich mit Malen beschäftigt, und Tom hatte realisiert, dass sich seine Frau verspäten würde, und hatte, wahrscheinlich zähneknirschend, begonnen, das Abendessen vorzubereiten. Wieso war Licht im Elternschlafzimmer? Wieso im Bad daneben? Wieso im Gästezimmer? Sie rannte in jeden dieser Räume, alles war hell, aber alles war leer. Keine Spur von Becky.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, stürzte sie die Treppe zum Dachboden hinauf. Hier gab es einen kleinen Raum, der als Abstellkammer diente, und ein größeres Zimmer, in dem Tom eine Schaukel an den Dachbalken befestigt und Turnmatten auf den Boden gelegt hatte. Früher hatte Becky hier mit ihren Freunden getobt und gespielt, wenn das Wetter draußen zu schlecht und der Garten zu matschig gewesen war. Selbst hier brannte die Deckenleuchte.
    Gillian atmete schwer. »Becky! Becky, bitte, wo bist du?«
    Sie wollte schon wieder hinunterlaufen, denn der Keller war ihr in den Sinn gekommen, und dort hatte sie noch nicht nachgesehen, aber in diesem Moment vernahm sie ein Geräusch. Es schien aus der nebenan gelegenen Abstellkammer zu kommen.
    Sie fuhr herum. »Becky?«
    Deutlich vernahm sie jetzt ein Schluchzen. »Mummie!«
    Sie war wie der Blitz in dem Gerümpelraum. Hier herrschte ein furchtbares Durcheinander, das sie schon lange hatte aufräumen wollen; letztlich hatte sie aber nie die Zeit oder die Energie gefunden. Koffer und Reisetaschen stapelten sich hier, alte Kisten und Kartons, ausrangiertes Spielzeug von Becky, Zeitschriften, von denen irgendjemand einmal geglaubt hatte, er werde sie noch brauchen, ein paar alte Möbelstücke und zusammengerollte Teppiche. Die Kammer war völlig unüberschaubar.
    »Becky?«, fragte Gillian ängstlich.
    Der Deckel eines großen Koffers hob sich ein Stück. Beckys Gesicht tauchte auf. Die Haare fielen ihr wirr in die Stirn, die Augen waren rot und geschwollen vom Weinen, die Haut bleich und mit roten Flecken übersät.
    »Mummie!« Ihre Stimme klang krächzend von der noch kaum überstandenen Halsentzündung.
    Gillian stolperte über das Chaos zu ihren

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