Beraten, Trainieren, Coachen
geben, der dabei hilft, dass die Gruppendynamik nicht zum „Gruppendynamit“ wird: „Bleiben Sie gelassen und nehmen Sie es nicht persönlich!“ Mit „es“ sind in diesem Fall Angriffe von Teilnehmern oder auch kritische Anmerkungen, offensichtlicher Widerstand oder Ähnliches gemeint. Warum ist uns dies so wichtig? Sehen wir uns an was passiert, wenn Sie Ihre Gelassenheit als Trainer verlieren. Sobald Sie nervös, angespannt oder laut werden, wird sich dies vermutlich übertragen. Ihre Teilnehmer bekommen zwangsläufig das Gefühl, dass Sie der Situation nicht gewachsen sind und dass eine Eskalation droht. Selbstverständlich wird in diesem Fall auch vermutet, dass Sie sich nun kaum noch auf den Trainingsinhalt konzentrieren können, sondern mit der Situation zu kämpfen haben. Bleiben Sie hingegen gelassen, indem Sie sich zumindest äußerlich an das SABVA-Prinzip halten, teilen Sie Ihren Teilnehmen implizit mit: „Ich habe die Situation unter Kontrolle“, „so etwas habe ich schon öfter erlebt“, „die Reaktionen sind zu einem gewissen Anteil sogar normal“.
Sobald Sie Kritik persönlich nehmen, vermitteln Sie Ihren Teilnehmern unterschwellig, dass diese einen Konflikt anzetteln wollen . Dies ist tatsächlich aber nur in Ausnahmefällen der Grund für den geäußerten Unmut. Meist ist es vielmehr so, dass Teilnehmer tatsächlich Schwierigkeiten mit einer Theorie, einer Technik oder dem Grund, warum sie zum Training geschickt wurden, haben. Wenn Sie mit einer positiven Grundhaltung in ein Training gehen, muss die Reaktion auf eine schwierige Situation nicht lauten: „Warum will mir dieser Teilnehmer etwas Schlechtes?“, sondern sie könnte lauten:„Wie kann ich dem Teilnehmer bei seinem Problem helfen?“. Ein Teilnehmer wird wahrscheinlich eine solche Haltung sehr zu schätzen wissen, da sie den Konflikt deeskaliert.
Schauen wir uns noch einmal das Beispiel von Regina Henzin und Wolfgang Soppe an. Hätte Regina Henzin den Kommentar persönlich genommen und zum Gegenangriff angesetzt, wäre die Situation wahrscheinlich eskaliert. Herr Soppe und vielleicht noch einige andere Teilnehmer hätten sich im Extremfall sogar darin bestätigt gesehen, dass Regina Henzin ihr Geld nicht wert sei. Stattdessen bleibt Regina Henzin ruhig und erreicht vielleicht sogar, dass Herr Soppe seine negative Einstellung in Frage stellt.
Dass es im Eifer des Gefechts nicht immer einfach ist, sich an unser Credo der Gelassenheit zu halten, ist klar. An dieser Stelle kommen einem Trainer die Erfahrung und das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen zugute. Je mehr Erfahrung ein Trainer hat, desto eher kann er auch zu gewagten Maßnahmen greifen. Im folgenden Beispiel schildern wir eine kritische Situation aus unserer Beraterpraxis, die erfolgreich geklärt werden konnte. Die Methode, die in der Trainingssituation zur Anwendung kam, nennt sich Perspektivwechsel und ist eine systemische Intervention.
Beispiel: Wie würden Sie als Trainer reagieren?
Nachdem Regina Henzin die erste Herausforderung durch Wolfgang Soppe gut überstanden hatte, stellte dieser seine bissigen Kommentare leider nicht ein. Als es um die Simulation eines Mitarbeitergesprächs ging, platzte Herr Soppe heraus: „Was soll denn dieser Unfug? Wir führen fast täglich Mitarbeitergespräche, haben unsere eigene Technik entwickelt und machen das ziemlich gut. Und da kommen Sie mit irgendwelchen Gesprächsleitfäden und künstlichen Situationsbeschreibungen an. Das ist grober Unsinn!“
Entsetzt über diesen unwirschen Kommentar sahen die übrigen Teilnehmer Herrn Soppe und Regina Henzin an. Diese jedoch ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, ging zum Sitz von Herrn Soppe und bat ihn, mit ihr Plätze zu tauschen. Der verwirrte Herr Soppe stand auf, begab sich nach vorne und Regina Henzin setzte sich. „Stellen Sie sich vor, Sie sind ich, und haben den Auftrag bekommen, dieses Training durchzuführen und ich habe mich gerade so zu Wort gemeldet wie Sie. Wie reagieren Sie nun als Trainer?“
Darauf entgegnet Herr Soppe kleinlaut: „Äh, entschuldigen Sie. Sie können ja auch nichts dafür. Mich nervt nur das Thema“.
Sicher hätte diese Reaktion die Situation auch verschlimmern können. Da es viel Erfahrung braucht, um abzuschätzen, wie ein Trainingsteilnehmer und die Gruppe insgesamt auf eine Intervention des Trainers reagieren, möchten wir weniger erfahrenen Trainern davon abraten, eine Eskalation der Gruppendynamik zu riskieren. Für sie wird es
Weitere Kostenlose Bücher