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Beraten, Trainieren, Coachen

Beraten, Trainieren, Coachen

Titel: Beraten, Trainieren, Coachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tomas Saller , Lars Foerster
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klar in der jährlichen Mitarbeiterbefragung niederschlug.
Erster Versuch: Konfliktklärung durch einen männlichen Trainer
    Der Bereichsleiter wurde durch die Geschäftsführung angehalten, die Situation zu verbessern, konkret durch einen strukturierten Dialogprozess und die Einbindung der Mitarbeiter. Ein männlicher Kollege von mir bekam den Auftrag, als ersten Schritt dieses Prozesses einen Workshop zum Thema „Führungsethik – Führungsverständnis – einheitliche Führungsleitlinien“ für die fünf Topführungskräfte zu moderieren. Schon die Auftragsanbahnung gestaltete sich nach seinen Worten sehr schwierig: Jede Nachfrage nach einzelnen Themen aus der Mitarbeiterbefragung (wie beispielsweise der sehr schlechte Wert für „Vertrauen in die eigene Führungskraft“) wurde als Angriff aufgenommen und nur mit einer beleidigt-patzigen Antwort quittiert.
    Mein Kollege sah sich dann in der Auftragsklärung und Workshop-Vorbereitung immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen einzelne der fünf Führungskräfte ihn in den Konflikt mit hineinzuziehen suchten – sei es durch direkte Angriffe oder Verbrüderungsversuche.
    Ich bin mir sicher, mein Kollege hat sich in diesem Prozess immer professionell, aufmerksam, wertschätzend und respektvoll verhalten, aber allein die Tatsache, dass er als Mann diese „weichen“ Themen ansprach, löste eine starke emotionale Reaktion bei den Führungskräften aus. Vielleicht, weil sie in ihm eine Konkurrenz sahen, also jemanden, der es als Führungskraft besser gemacht hätte als sie? Ein Mann, der diese Themen bedienen kann, die sie selbst nicht bedienen können? Auf jeden Fall wurde seine Neutralität in Frage gestellt und im Verlauf des Prozesses gingen die Führungskräfte mit ihm zunehmend genauso respektlos um, wie sie es auch untereinander taten. Als Höhepunkt endete die Vorbesprechung für den Workshop mit Geschrei, Anschuldigungen (gegenseitig unter den Führungskräften und gegen den Trainer) und knallenden Türen.
Zweiter Versuch: Konfliktklärung durch eine Trainerin
    Im Anschluss an dieses Debakel schlug mein Kollege vor, dass eine weibliche Person den Prozess moderieren sollte, woraufhin er mich vorschlug. Seine Hoffnung war, dass ich eine „befriedende Wirkung“ entfalten könnte. Er hoffte, die Führungskräfte würden einer Frau mit mehr Respekt entgegentreten und sich vor ihr im Verhalten disziplinieren. Und diese Rechnung ging auch auf.
    Der weitere Prozess gestaltete sich für mich angenehm und einfach. Ich hatte gleich zu Anfang drei Dinge sehr deutlich gemacht:
Erstens sind die Ergebnisse die eigenen Ergebnisse des Führungskräfteteams. Je besser die Führungskräfte miteinander arbeiten, desto besser und zufriedener würden sie auch sein. Ich stelle lediglich die Methoden, Inhalte und Ergebnisse sind in der Verantwortung des Führungskräfteteams.
Zweitens sprach ich die Situation sehr klar, aber gleichermaßen auch wertschätzend an. Ich zeigte auf, wie ich die Situation und die Beteiligten wahrnahm und versicherte gleichermaßen, dass ich mit Sicherheit davon ausging, dass jeder der Führungskräfte nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe, aber die gegenwärtige Situation eine neue Herangehensweise fordern würde. Dazu bestand in diesem Prozess die Chance.
Drittens machte ich deutlich, dass ich die Gesamtsituation als sehr ernst einschätze und dass die anderen Führungskräfte und Mitarbeiter des Bereiches hohe, berechtigte Erwartungen an die Ergebnisse dieses Prozesses hätten. Entsprechend müssten Ergebnisse verbindlich sein, transparent und nachhaltig und die anwesenden fünf Führungskräfte müssen sich für die Zeit des Workshops auf das Ergebnis konzentrieren, um sicherzugehen, dass sie nicht alle fünf gemeinsam Schaden nehmen.
Vorteile der Frauenrolle für die Moderation
    Genau diese drei Punkte hatte mein Kollege auch angesprochen. Aber von mir konnten es die Führungskräfte annehmen. Ich glaube, dies lag daran, dass sie es von mir als Frau erwarteten, dass ich die ganzen „weichen“ Themen stärker wahrnehme und verständnisvoller damit umgehen kann. Vielleicht war es auch die Sorge, vor mir nicht das Gesicht zu verlieren, sodass sie sich deswegen entsprechend professionell und kooperativ verhalten haben. Und vielleicht konnten sie sich aufgrund ihres Alters und ihrer Erziehung vor mir nicht so gehen lassen wie vor meinem Kollegen. Insbesondere das Thema „inhaltliche Verantwortung“ konnte ich gut platzieren.

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