Beraten, Trainieren, Coachen
Differenzen bestehen können. Doch ich gehe mit ihnen äußerst vorsichtig um. Ein starres Konzept von Kulturdimensionen verführt dazu, mit vorgefertigten Mustern über die Welt zu urteilen und dadurch die Offenheit zu verlieren. Ein Beispiel für dieses Schubladendenken ist der Satz: „Alle Franzosen denken hierarchisch. Da bringt es gar nichts, lange zu diskutieren.“
Expertentipp: Überprüfen Sie Ihre Kategorien
Meinen Teilnehmern gebe ich in Trainings immer den folgenden Rat: Anstatt kulturelle Erfahrungen mit vorgefertigten Kategorien zu interpretieren, sollen Sie die Kategorien anhand Ihrer kulturellen Erfahrungen überprüfen.
Interkulturelle Kompetenz und Selbstreflexion
Das Erlernen der Fähigkeit zur Selbstreflexion ist ein elementarer Bestandteil interkultureller Trainings. Teilnehmer werden im Ausland keine Kultur verändern können. Um sich in anderen Kulturen zu orientieren, bringe ich den Teilnehmern also bei, bei sich selbst anzufangen. So würde ein Vergleich zwischen den deutschen und den chinesischen „Nationaleigenschaften“ alleine den Teilnehmern wenig helfen. Denn Individuen stimmen nicht immer mit den „Nationaleigenschaften“ überein. Ich kenne viele Deutsche, die Spontaneität über alles lieben, dafür aber selten pünktlich sind. Es ist daher elementar, zunächst sich selbst zu kennen, die eigenen Werte, Einstellungen und Grenzen, also zu wissen, was einem selbst wichtig oder unangenehm ist, was einen selbst ärgert oder freut.
Ebenso ist es wichtig, die egozentrische bzw. ethnozentrische Sichtweise zu erkennen und zu hinterfragen. Mir ist es wichtig, meinen Teilnehmern dabei auch Folgendes beizubringen: Die Offenheit, andere Menschen nicht sofort mit den eigenen Maßstäben zu beurteilen, ist nicht nur im Umgang mit anderen Kulturen wichtig. Sie kann auch generell in unserem alltäglichen Leben hilfreich sein.
Vermittlung länderspezifischer Lerninhalte
Die Vermittlung länderspezifischer Lerninhalte ist meiner Meinung nach der schwierigere Teil des interkulturellen Trainings. Dies klingt im ersten Moment überraschend. Wenn ein Trainer beispielsweise – wie ich – Chinese ist, dann scheint es doch nichts Einfacheres zu geben, als über das Heimatland zu berichten, sollte man denken. Sicherlich ist es nicht besonders schwierig, über harte Fakten wie das Bruttoinlandsprodukt, die Arbeitslosenquote und das Rechtssystem zu referieren. Aber sobald es um die Kultur, die Mentalität, die Werte und die Verhaltensweisen der Menschen geht, wird es komplizierter.
Wie denkt der typische Deutsche?
Versuchen Sie doch einmal den Prototypen eines Deutschen zu beschreiben. Wie denkt der typische Deutsche? Wie verhält er sich? Eher wie ein kühler Norddeutscher oder ein sturer Schwabe? Wie ein 68er-Rebell oder ein konservativer Katholik? Sie werden merken, dass eine Beschreibung nicht gerade einfach ist. Unsere Gesellschaft ist komplex und unsere Verhaltensweisen lassen sich keineswegs nur aus der Kultur ableiten. Die Frage, wie man also idealerweise mit einem Deutschen oder Chinesen umgeht, lässt sich daher kaum beantworten. Trotzdem muss ich mich mit dieser Frage regelmäßig in länderspezifischen Trainings auseinandersetzen.
Balance zwischen Generalisierung und Komplexität
Sicherlich gibt es Gemeinsamkeiten, die auf die große Mehrheit einer Kultur übertragbar sind. Aber je heterogener ein Land ist und je dynamischer es sich entwickelt (wie beispielsweise China), desto schwieriger wird es, diese Gemeinsamkeiten zu finden. Einerseits komme ich so nicht um Verallgemeinerungen herum, andererseits muss ich mich bemühen, die Heterogenität und den dynamischen Entwicklungsprozess eines Landes zu vermitteln. Denn das unterscheidet tiefes Wissen von oberflächlichen Stereotypen. Hier geht es also darum, die Balance zwischen Generalisierung und Komplexität zu finden.
Welche Fragen werden in dem Training behandelt?
Fragen, die ich in dem interkulturellen Training behandle, sind beispielsweise:
Was sind die Gemeinsamkeiten, die von der großen Mehrheit eines Landes geteilt werden?
Wie lassen sich diese Gemeinsamkeiten durch kulturhistorische Einflüsse begründen?
Wo können die größten Missverständnisse auftauchen? Was kann ich dagegen tun?
Hat es in den letzten Jahrzehnten einen Wertewandel gegeben? Was hat dazu geführt?
Welche regionalen, alters- und schichtspezifischen Unterschiede gibt es?
Wie sehen die materiellen Lebensbedingungen heute aus? Wie wirken diese sich auf die
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