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Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers

Titel: Berge versetzen - das Credo eines Grenzgängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLV Buchverlag GmbH & Co. KG
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wenn du nicht den Gipfel zum Ziel hast. Als ob er einen Druck ausübte auf unser Gemüt. Er macht eine Reise ungemütlich. Diese Lhotse-Expedition scheint für mich erholsamer zu werden als alle meine 29 Achttausender-Expeditionen, bei denen ich des Gipfels wegen aufgebrochen war.
    25.3.1989
    Ankunft in Kathmandu. Alle sind müde und irgendwie abwesend. Der Lhotse mit seiner Südwand ist weit weg. Wir werden die einzige Expedition dort sein.
    26.3.1989
    Wir sortieren Material, kaufen Essen und Küchengeräte. Die Treibstoffknappheit in Nepal macht sich bemerkbar. Es sind kaum Taxis aufzutreiben, die Fahrer fordern den fünffachen Tarif.
    Christophe Profit und die französischen Teilnehmer sind eingetroffen. Erstmals reden wir über Taktik. Ob es möglich ist, im Alpinstil und »direttissima« zum Gipfel zu kommen? Ich glaube es nicht.
    27.3.1989
    Ein erster Charterflug mit Ausrüstung geht nach Lukla.
    28.3.1989
    Der Flug nach Lukla wird wegen Regens abgesagt. Wir haben einen Tag verloren, nicht aberdieChance,»dieWand«zu durchsteigen.
    29.3.1989
    Wieder werden alle Flüge nach Lukla gestrichen.
    30.3.1989
    Unser Charterflug ist abgesagt. Die Situation wird ernst. Enric Lucas, der Spanier, wird nervös. Er versteht nicht, warum ich nicht mehr tun kann als alle anderen auch. Als Reinhold Messner habe ich in Nepal keinerlei Vorteile und vor allem keinen Einfluss aufs Wetter.
    Krzysztof Wielicki bleibt ruhig und erzählt vom Versuch einer Südwand-Durchsteigung 1987. Es war im Herbst, und bei 8200 Metern war Schluss.
    Wir lernen uns allmählich kennen, tasten uns gegenseitig ab. Ist die Bereitschaft, im anderen sein Spiegelbild zu erkennen, nicht die Voraussetzung für ein starkes Team?
    31.3.1989
    Wieder kein Flug. Die lokalen Probleme – kein Benzin, schlechtes Wetter, unbrauchbare Infrastruktur – werden Tag für Tag schlimmer. Die Mannschaft wird nervös. Es gelingt mir nicht, die Gruppenbildung unter den Teilnehmern zu verhindern.
    1.4.1989
    Alle sechs Lukla-Flüge werden wegen Nebels gestrichen. Ich schicke die Mannschaft mit Sirdar (Sherpa-Führer) und Begleitoffizier im Auto nach Jiri. Von dort sind es acht Tage bis ins Basislager, von Lukla knapp fünf.
    Unser Charterflug mit der Ausrüstung soll anderntags um 9 Uhr starten.
    2.4.1989
    Mit einer gecharterten Maschine bringe ich 56 Gepäckstücke nach Lukla. Unsere Sherpamannschaft ist da. Das Wetter ist gut. Die Lhotse-Südwand ist wieder denkbar. Ich verteile Ausrüstung an die Sherpas und sende die ersten Lasten nach Namche Bazar.
    6.4.1989
    Essensrationen werden gepackt, Haken gezählt, Lasten gewogen. Als ob ein Berg ausgemessen werden könnte. Von Jiri kommend, sind die anderen in Lukla eingetroffen. Die Spannung in der eintrudelnden Mannschaft ist abgeklungen. Es herrscht Erwartungshaltung.
    7.4.1989
    Marsch nach Tengpoche. Der Aufbruch gestaltet sich langsam. Als ginge es rund um die Welt. Dabei gilt es nur, 100 Lasten abzuwiegen und gerecht zu verteilen. Träger und Yaktreiber greifen sich jeweils die handlichsten und leichtesten Gepäckstücke. Wenig Hilfe von der Mannschaft. Ich erwarte nicht, dass die Gruppe »hinter der Fahne« steht. Ich erwarte nur Solidarität.
    8.4.1989
    Marsch nach Chuckung. Die Strecke ist nicht lang, für die meisten von uns trotzdem mit Kopfschmerzen und Husten verbunden. Der Höhenunterschied von 1000 Metern ist fast zu viel bei unserer spärlichen Akklimatisation.
    In Dingpoche treffen wir mit dem Polen Artur Hajzer, der vom Mount-Everest-Basislager zurückkommt, zusammen. Er macht auf mich einen sympathischen Eindruck: handfest und offen – kein Zweifel, ein starker Bergsteiger.
    9.4.1989
    Ankunft im Basislager (5250 m, die Stelle von 1975). Streit mit Krzysztof Wielicki, der im Graben zwischen dem Hang und der Moräne lagern möchte. Diese Stelle wurde bei einer Lawinenkatastrophe 1975 völlig mit Eisbrocken gefüllt. Dazu ist sie total verdreckt. Wir tragen alles ungefähr 50 Meter höher, wo wir uns zwischen mannshohen Granitblöcken einrichten. Wind. Sand zwischen den Zähnen.
    10.4.1989
    Aufbau des Basislagers. Persönliche Egoismen werden versteckt. Die Rechtfertigung beginnt. Ratlosigkeit breitet sich aus. Nur wenn jeder Einzelne sich organisiert und einrichtet, wie es ihm gefällt, kann das Basislager gemütlich werden. Und ohne friedliches Basecamp wird ein Ausharren unter der Wand zur

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