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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Schande allerorten. Die Wollust hat aus dir eine schamlose Dirne gemacht, die auf dem Stuhle sitzt und, wie Salomo sagt, alle heranlockt. Wer Geld hat, geht hinein und kann tun, was ihm gefällt. Geld, Geld ist alles, wonach die Kirche strebt. Ihre Glocken tönen um Habsucht, und ihre Priester gehen um Geld zum Chore. Sie verkaufen die Sakramente, handeln mit der Messe. Sobald der Abend kommt, geht der eine zum Spiel, der andere zur Konkubine. Ja, jeder Priester hat seine Konkubine, ohne Hehl treibt man Unzucht und schändet Gottes Wort. Früher nannten die Priester ihre Söhne Neffen; heute nennen sie sie schamlos und offen Söhne!«
    Savonarola hielt kurz inne und schaute offen zum Chor, wo Cesare neben Lorenzo saß und kurz davor war, aufzuspringen. Alessandro hörte ihn »Ich erwürge den Hundesohn« zwischen den Lippen herauspressen. Lorenzo legte ihm begütigend die Hand auf den Arm. Aber Cesare schrie: »Du wirst noch durch einen Borgia sterben, du tyrannischer Prophet, du machtgieriger Heuchler!«
    Savonarola zuckte zurück, durch die Menge ging ein anschwellendes, empörtes Raunen, und diesmal bewegte sie sich in Richtung Chor. Aber noch bevor sie dort anbranden konnte, ergriff der Prior wieder das Wort. » Ich halte keine Buben noch Konkubinen, wie die Kardinäle zu Rom und die Tyrannen anderswo, sondern predige das Evangelium Christi. Aber von Rom steigt ein Pesthauch zum Himmel auf. In Rom grasen die fetten Kühe, von denen Arnos spricht, die Buhlerinnen der Kirche. Rom ist die Tochter Babylons, sie bedeutet Verwirrung und Laster. So flieht vor ihr! Denn wahrlich ich sage euch: Es wird kommen ein neuer Cyrus, ein neuer Nebukadnezar, und er wird die Sünder, die Lasterhaften, die falschen Priester und die Tyrannen hinwegfegen. Dies sage ich euch, und ich irre so wenig, wie Gott irrt.«
    Inzwischen war das Raunen der Menge immer lauter geworden, immer mehr Männer brüllten etwas, dazwischen einzelne Schreie von Frauen, und schließlich entstand ein Tumult, in dem Savonarola kaum noch zu verstehen war. »Wer mich verfolgt«, schleuderte er noch in die Richtung des Chors, »verfolgt Gott!« Und ohne ein Schlußgebet, ohne versöhnende Geste und ohne ein Amen verließ er fluchtartig, die Kapuze über seinen Kopf gezogen, die Kanzel und war verschwunden.
    Der Versuch seiner Confratres, die Messe in ihrer gewohnten Ordnung zu Ende zu bringen, mißlang. Niemand wollte mehr zuhören oder gar still beten. Opferung, Wandlung und Kommunion interessierten nicht. Der Tumult legte sich nur langsam, und schließlich strömte die Menge träge zu den Ausgängen und schob sich aus den Portalen. Vereinzelte Rufe und Flüche waren noch zu hören.
    Lorenzo, umringt von seinen Freunden, bewegte sich langsam dem Seitenausgang zu. Kaum blinzelten sie ins helle Mittagslicht, wandte sich Cesare an ihn: »Und diesen tollwütigen Hund ernährst du an deinem Hofe? Warum erschlägst du ihn nicht?« Ein schwerer, unterdrückter Schmerz prägte Lorenzos Miene. Seine Bewegungen waren langsam. Alessandro tat so, als reiche er ihm freundschaftlich seinen Arm, und versuchte, ihn zu stützen. Lorenzo lächelte dankbar, ließ aber nicht zu, daß ihn jemand berührte. »Florenz ist nicht Rom«, sagte er. »Florenz ist eine Stadt, in der das Recht herrscht und Meinungen geduldet werden, die …«
    »Meinungen?« unterbrach ihn Cesare. »Dieser Ketzer hetzt das Volk gegen Euch und Rom, gegen die heilige Kirche auf, ja, er ruft zum Mord an Euch auf, habt Ihr das nicht gehört?«
    »Ich bin kein Tyrann, selbst wenn Savonarola mich so nennt. Ich werde mich auch durch seine Worte nicht zum Tyrannen machen lassen«, antwortete Lorenzo mit ungewohnt scharfer Stimme.
    »Wer sich nicht wehrt, ist verdammt, unterzugehen.« Cesare stellte sich vor Lorenzo und hinderte ihn daran, weiterzugehen.
    Lorenzo blieb stehen und sprach nun wieder mit ruhiger Stimme: »Vor zwölf Jahren ist schon genug Blut geflossen, als die Pazzi, angestiftet von einem Papst, mich zu ermorden versuchten. Mein über alles geliebter Bruder fiel unter ihren Dolchen. Ich will nicht, daß Blutrache, Fehden, Aufruhr und politischer Mord wiederkehren. Florenz soll der Welt ein Beispiel geben für Frieden und die Herrschaft des Volkes.«
    Cesare streckte vor Lorenzo seine athletische Figur. »Es ist besser, gefürchtet und geachtet zu werden als geliebt. Denn in der Liebe des Volkes steckt immer Verachtung. Und außerdem ist die Liebe des Volkes so wankelmütig und käuflich wie die Liebe

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