Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
Plötzlich blitzten wieder die Dämonen aus seinen Augen, und der Teufel verhöhnte sie.
»Du Bastard einer Hure, warum hast du meinen Zeisig getötet?« schrie sie und schlug immer wieder auf das Kind ein, das sich zusammengekrümmt auf den Boden warf. Schließlich trat sie nach ihm. »Du verfluchter Bastard, ich hasse dich, dich soll der Teufel holen!«
Schließlich ließ sie von ihm ab. Sie sah das wimmernde Bündel vor sich liegen, und langsam dämmerte ihr, was sie getan hatte. Noch bevor sie Sandro aufheben konnte, war ihr Vater zurückgekommen, hatte sie beiseite geschoben, den Jungen tröstend in den Arm genommen und ihn dann auf Verletzungen untersucht. Das Gesicht des Kindes war noch immer verzerrt und lief blau an. Sandro schnappte nach Luft, und einen Augenblick sah es so aus, als müsse er ersticken. Aber dann konnte er wieder normal atmen und begann von neuem zu weinen.
»Geh mir aus den Augen!« herrschte der Vater Silvia an und trug den Jungen fort.
Sie verzog sich in ihr Zimmer. Auch sie weinte nun, betete dann schluchzend das Ave Maria . Vor ihr stand das verzerrte Gesicht des Jungen, und das leidende Gesicht des Gekreuzigten an der Wand schien sie zu verhöhnen.
Silvia schrie auf. Der Teufel hatte sich wieder ins Haus geschlichen, er grinste aus allen Wänden, packte sie mit seinen kalten, schmierigen und gleichzeitig brennendheißen Fingern, sein Atem stank, seine Nägel grub er in ihr Fleisch, und als sie nach ihm schlagen wollte, hörte sie ihn lachen und blitzschnell ausweichen. Vor ihr das Pult. Neben ihr ein Hocker. In der Ecke ihre Truhe. Das Bett. An der Wand der höhnische Heiland, der angeblich alles Leid der Welt auf sich genommen hatte. Sie kniete auf dem kalten Stein. Sie sah ihn nicht mehr, den Teufel, aber sie hörte ihn noch. Und er faßte sie von hinten, er griff nach ihren Brüsten, seine Krallen rutschten über den Bauch bis zwischen die Beine, und sein Atem stank so, daß sie glaubte, sich übergeben zu müssen.
Der Teufel will aus dir eine Hexe machen, schoß ihr durch den Kopf. Sie versuchte, um Hilfe zu rufen, aber mehr als ein gurgelndes Geräusch brachte sie nicht hervor. Er befahl ihr, anbetend die schwärenden Lippen zu küssen, seinen Eselsschwanz zu heben. Er wollte in sie eindringen nach der Art der Teufel. Sein scharfer Bocksgestank umhüllte sie, nahm ihr den Atem, lähmte die Gegenwehr.
Half ihr denn niemand? Ihr Vater, nach dem sie rief? Der Gekreuzigte, der doch den Satan besiegt hatte? Sie warf sich, wie in Anbetung, auf den Boden. Sie stieß mit dem Schädel auf die Fliesen, und Schmerzen explodierten hinter der Stirn. Aufschreiend sprang sie hoch und begann zu tanzen. Sie drehte sich und hüpfte, sie verrenkte ihre Glieder und riß sich schließlich alle Kleider vom Leib. Irgendwann fiel sie erschöpft und wie tot auf ihr Bett.
Sie wagte sich erst am nächsten Tag wieder aus ihrem Zimmer. Der Durst plagte sie. Auf dem Weg zur Küche begegnete sie zuerst der Amme, die sich bekreuzigte und ihr dann auswich, dann Sandro, der sich verschämt an die Wand drückte. Als sie ihn hochnehmen wollte, wehrte er sich. Schließlich erschien auch ihr Vater. Sie wollte sich weinend in seine Arme werfen, aber er blieb abweisend und kalt.
»Soll ich einen Priester rufen lassen, der dir die Beichte abnimmt?«
Sie schüttelte entschieden den Kopf.
Ihr Vater schaute sie prüfend an. »Es ist vielleicht auch besser so. Er könnte auf falsche Gedanken kommen. Wir brauchen nur an Ippolita Crispo zu denken.« Er hielt wieder inne. Der kleine Sandro drückte sich an seine Knie. Der Vater strich ihm über den Kopf und schickte ihn dann zur Amme.
»Wenn man den Teufel ruft, steht er schon vor der Tür. Nein, er steht im Raum.«
Dann nahm er Silvia doch in den Arm. Ihr waren die Tränen versiegt. Sie fühlte seine Wärme, aber sie glaubte nicht mehr an seinen Schutz. Sie fühlte sich schuldig und voller Scham.
»Wenn ein Priester deinetwegen ins Haus kommt und der alte Crispo von solchen Anfällen erfährt, ist es aus mit der Heirat. Dann kann ich dich nur noch in ein abgelegenes Kloster stecken. Aber welcher Orden nimmt freiwillig ein Mädchen auf, das im Geruch steht …« Er unterbrach sich und ließ sie stehen.
Silvia wünschte zu sterben.
Während der nächsten noch immer brütendheißen Tage versank für sie alles in Dunkelheit. Sie verstand sich nicht mehr. Der kleine Sandro hatte Angst vor ihr. Und der Vater schwieg, in Gedanken versunken.
Dann erschütterten eine
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