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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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seine verwandtschaftliche Bindung an die Orsini als unsicherer Kandidat. Ebenso wie Orso Orsini, der als gehörnter Ehemann Giulias zwar im päpstlichen Sold stand, sich aber hauptsächlich auf seiner Burg in Bassanello aufhielt, dort auf die Jagd ging und, wenn Alessandro es ihm nahelegte, den in seiner Ehre gekränkten Edel- und Ehemann spielte.
    Weil die Franzosen sich nicht aufhalten ließen, auf Rom vorzurücken, schickte der Papst Giulia als Hofdame seiner gerade verheirateten Tochter Lucrezia an den Hof von Pesaro. Begleiten ließ er sie von Adriana del Mila. Dort waren die Signoras in Sicherheit. Aber Giulia langweilte sich schnell und fühlte sich vernachlässigt. Die päpstlichen Geschenke blieben aus. Sofort schrieb sie leidenschaftliche Briefe an ihren Liebhaber, in denen sie betonte, daß ihr Herz dort wohne, wo auch ihr Schatz sei. Diese so schön doppeldeutige Stelle hatte ihr Bruder Alessandro für sie formuliert. Sie entstammte dem LukasEvangelium, und zwar einer Passage, die vom Geiz handelte. Der kluge Borgia mußte den Hinweis verstehen, dessen war sich Alessandro sicher.
    Aber bevor er ihn in klingende Münze oder glitzernde Juwelen umsetzen konnte, geriet Alessandro endgültig in Entscheidungszwang. Es sah so aus, als würde der Papst bald abdanken und nach Neapel fliehen. Er erwartete sicher, daß Giulia ihm von Pesaro aus folge. Dann wäre sie aber vollends dem Einfluß ihres Bruders entzogen. Außerdem demonstriere die Familie Farnese auf diese Weise, daß sie noch zu den Gefolgsleuten des Borgia gehöre. Dies wäre unklug, möglicherweise sogar höchst riskant.
    Alessandro rief also seine Schwester aus Pesaro zurück, und zwar nach Capodimonte, wo sie gemeinsam die unruhigen Zeiten zwischen Skylla und Charybdis überstehen konnten. Die mächtige Burg war nicht einfach im Handstreich zu nehmen, außerdem vermied der Aufenthalt an diesem Ort den Hinweis auf eine eindeutige Parteinahme. Kardinal Farnese verließ mit seiner Familie das Patrimonium Petri nicht, blieb aber auch nicht in der Nähe des Papstes.
    Alessandro beschrieb Giulia die gefährliche Situation, in der sich ganz Italien und insbesondere das Oberhaupt der katholischen Kirche befinde, und schilderte zudem in dramatischen Farben, daß ihr ältester Bruder Angelo, das Oberhaupt der Familie Farnese, schwer erkrankt sei und mit dem Tode ringe.
    Giulia gehorchte ihrem Bruder und eilte sofort an Angelos Krankenbett. Adriana del Mila ließ es sich nicht nehmen, in diesen schweren Zeiten ihre liebe Giulia zu begleiten.
    Kaum waren die beiden in Capodimonte eingetroffen, erreichte sie auch schon ein Schreiben des Papstes: Giulia solle sich sofort zu ihm nach Rom begeben. Alessandro antwortete an ihrer Stelle, bevor seine Schwester zu dem Heiligen Vater aufbreche, müsse erst ihr rechtmäßiger Ehemann Orso Orsini, der zur Zeit in seiner Burg in Bassanello weile und der seine Gattin zu sehen wünsche, die Zustimmung geben. Schließlich stünde seine Ehre auf dem Spiel – natürlich auch die Ehre der schönen Giulia sowie die Ehre der Familien Orsini und Farnese.
    Der Papst schäumte. Er schrieb einen wütenden Brief an seine Geliebte, warf ihr Niedertracht und Undankbarkeit vor, verbot ihr »unter Androhung von Kirchenbann und ewiger Verdammnis«, sich nach Bassanello zu begeben, »um dich erneut diesem Zuchthengst hinzugeben«.
    Alessandro las den Brief mit dramatischer Betonung seiner Schwester vor, und beide mußten heftig lachen. Allerdings fand er selbst, daß ihr Lachen nicht echt klang. Hatte er den Bogen vielleicht überspannt? Was geschah, wenn der Borgia die Invasion der Franzosen überlebte? Auch Giulia stand die Angst in den Augen geschrieben. Sie wollte ihren Liebhaber wirklich nicht verlieren.
    Angelo, der inzwischen wieder zu gesunden begann, fand das Hin und Her der Forderungen und Anschuldigungen moralisch verwerflich. Die Mutter enthielt sich eines Urteils, studierte aber, wie sie mehrfach kommentarlos betonte, die Apokalypse Johannis’ . War Adriana del Mila zugegen, sprachen Alessandro und Giulia überhaupt nicht über die verzwickte Lage.
    Man saß tatsächlich in der Falle. Truppenteile der Franzosen zogen am Lago di Bolsena entlang nach Süden. Mittelitalien war vollständig in ihrer Hand. Und Virginio Orsini hatte Bracciano, seine Burg, tatsächlich dem Feind überlassen, hatte den Papst also verraten.
    Nun war guter Rat teuer. Als der Papst durch einen Geheimboten Orso Orsini eine hohe Geldsumme bot, damit er

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