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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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…« »Die Zeiten sind ungewöhnlich, Messer Crispo«, unterbrach ihn Silvia.
    »Vater«, rief Giovanni mit flehender Stimme. Sein Vater brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und erklärte: »Das Gut Frascati ist an mich verpfändet und nie ausgelöst worden. Euer Vater befand sich in großen finanziellen Schwierigkeiten … Vielleicht sind sie ja inzwischen behoben. Fortuna ist eine launische Göttin.« In seine Stimme mischte sich ein höhnischer Unterton.
    Silvia schaute ihn prüfend an. Er war ein alter Fuchs, aber seine Augen wirkten nicht so sicher, wie er sie glauben machen wollte. Er warf erneut einen kurzen Blick auf seinen Sohn, strich sich über seine Samtrobe und schlug dann den Fellkragen hoch.
    »Kalt ist es diesen Januar, elend kalt. Und nichts zu heizen! Die Vandalen in der Heiligen Stadt!«
    »Es war Betrug im Spiel. Und Erpressung«, sagte Silvia ohne Übergang. »Die Alaunminen – ich besitze Beweise …«
    Silvia wußte genau, daß sie keine Beweisstücke in der Hand hielt. Blieb Crispo ruhig und forderte Erklärungen und Beweise, stand sie schlecht da. Außerdem: Wer würde sich heutzutage, in einem besetzten Rom, in Kriegszeiten, um ein längst vergangenes Geschäft kümmern, bei dem vielleicht einer der Beteiligten über den Tisch gezogen worden war? So etwas kam täglich vor!
    »Ich kann Frascati als Mitgift einbringen. Aber unseren Palazzo im Rione della Pigna muß ich allein behalten …«
    Wieder beugte sich Giovanni vor und flüsterte mit flehender Stimme seinem Vater zu: »Vater, ich liebe sie. Und der Stand der Sterne …«
    »… ist noch immer bedrohlich.«
    Silvia erhob sich, ohne den alten Crispo anzublicken. »Ich muß gehen. Meine Bedingungen sind klar. Ich werde die Beweise vorlegen, sobald wieder Ruhe eingekehrt ist in der Stadt. Auch gegen Agostino Chigi.«
    Sie merkte, wie die Erwähnung dieses Namens den alten Crispo zusammenzucken ließ. Trotzdem verließ sie mit entschlossenen Schritten den Raum.
    »Silvia!?« rief ihr Giovanni nach, aber sie drehte sich nicht mehr um.
    Sie eilte nach Hause, um von ihrem Vater Genaueres zu erfahren. Falls er noch sprechen konnte. Falls er überhaupt noch am Leben war.
40. K APITEL
    Alessandro hatte die Tage in selbstgewählter Einsamkeit auf der Isola Bisentina verbracht, schwimmend, lesend und sogar betend. Er sorgte sich um seine Schwester Giulia, von der er seit ihrer Gefangennahme nichts mehr gehört hatte. Natürlich hatte er sofort Kardinal della Rovere benachrichtigt und um Intervention gebeten, aber was im einzelnen geschehen war, darüber blieb er im Ungewissen. Die Gefahr, daß ihr Gewalt angetan wurde, ja, daß man sie sogar umbrachte, stieg von Tag zu Tag – gerade in dem Durcheinander, das in Rom herrschte, das gewiß auch im französischen Heer herrschte, in dem wegen des babylonischen Sprachengewirrs unter den Söldnern kein Befehl richtig ausgeführt wurde.
    Zumindest sein Bruder hatte sich gesund nach Rom und dann wieder zurück nach Capodimonte durchschlagen können, wo ihn die Mutter schon bangend erwartete. Über Giulia hatte er nichts in Erfahrung gebracht, aber nach ihrem römischen Palazzo hatte er schauen können. Deutsche Landsknechtsführer waren dort einquartiert worden, hatten Stroh auf die Marmorböden geschüttet, die mit Intarsien verzierten Holzwände verschmiert und zerkratzt, überall ihre Zeichen hinterlassen und den Vorratskeller leergeräumt. Natürlich hatten sie auch das Silberbesteck weggeschleppt – aber wie durch ein Wunder war es der Familie Farnese dann nach einer Anordnung des Königs zurückerstattet worden. Also, insgesamt war man glimpflich davongekommen und hatte auch keine Verluste an Personen zu beklagen. Womöglich hatte die eine oder andere der jüngeren Mägde den ausgehungerten Männern die Beine breitmachen müssen, aber da auch die Stallknechte der eigenen famiglia nicht immer zimperlich waren und manche der Mägde kaum von Straßenhuren zu unterscheiden waren, brauchte man sich über solche Geschehnisse nicht aufzuregen.
    Alessandro lag im Schatten seiner Lieblingseiche, unter ihm schwappten die Wellen über die Felsen, vereinzelte Möwen schrien, und aus dem Waldstück, das einen Teil der Insel bedeckte, hörte er die Vögel lärmen. Die Hortensien blühten, der späte Ginster leuchtete mit seinen gelben Rispen. Und immer wieder zogen süße Jasmindüfte herüber, vom Garten der Villa, in dem einzelne Gärtner harkten und schnitten. Sonst war er allein auf der Insel.

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