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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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ihn täuschen, ob sie ihm Angst einjagen oder verwirren wollte. Wahrscheinlich beabsichtigte sie nur, ihn unter Druck zu setzen. Mit aller Macht überfiel ihn nun das Absurde und Unerträgliche seiner Situation. Er war noch immer eingesperrt wie ein Verbrecher, obwohl er nichts anderes getan hatte, als ein paarmal seine Arbeit zu vernachlässigen und womöglich die eine oder andere lose Bemerkung fallen zu lassen. Aber immerhin hatte er einem Mädchen das Leben gerettet! Und seine Familie holte ihn nicht etwa sofort heraus, sondern ließ ihn schmoren. Nach Wochen erschien seine Mutter, Gott allein wußte, wer ihr die Genehmigung erteilt hatte, kein Wort des Mitleids, der Sorge – im Gegenteil! Er ertrug nicht länger diese Situation, er war ein geduldiger Sohn, aber dies war zuviel!
    »Wann komme ich hier endlich raus?« schrie er.
    »Ich bin ein Farnese und muß hier wie eine Ratte hausen, mit anderen Ratten zusammen – und Fledermäusen!«
    Seine Mutter hielt den Kopf leicht schräg, mit hochgezogenen schmalen Brauen. »Du vergißt, daß du auch ein Caetani bist, und als Caetani sollst du Kardinal werden! Deine Sorglosigkeit muß dir ausgetrieben werden, ein für allemal.«
    Alessandro hatte sich abgewandt und starrte auf die grauen Steine der Mauer. »Wenn du meinst, daß du mich auf diese Weise zu etwas zwingen kannst, dann täuschst du dich.« Seine Stimme wurde leise, und er dachte nicht daran, seine Mutter anzuschauen. Giulia legte ihm nun ihren Arm auf die Schulter.
    »Sag mir, was ich für dich tun kann«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »Angelo will dir ebenfalls helfen …« »Giulia, laß auch mich an deinen Worten teilhaben!« Die Stimme seiner Mutter war schneidend und kalt.
    Alessandro ergriff die Hand seiner Schwester, drehte sich aber wieder seiner Mutter zu. »Keiner hat das Recht, mich einzusperren, auch du nicht.« Seine Mutter verzog keine Miene.
    Es gab keinen Zweifel mehr daran, daß er in erster Linie seiner eigenen Mutter diese unerträgliche Lage verdankte. Und trotzdem, so widersinnig es war, er haßte sie nicht, im Gegenteil, er liebte sie sogar, wie er eigentlich seine gesamte Familie liebte und noch heute nicht den Tod des Vaters verwunden hatte. Der Vater hatte ihm das Jagen und das Reiten beigebracht, das Bogenschießen und Fechten, sein Vater hatte ihn zu den berühmten Humanisten der Accademia Romana geschickt und war stolz, als sein Lehrer Pomponeo Leto ihm berichtete, sein Sohn Alessandro schreibe schon als Vierzehnjähriger ein so elegantes Latein wie Cicero.
    Sein Vater drückte zufrieden, ja stolz lächelnd die Brust heraus, als gelte das Lob ihm persönlich, und schlug seinem Sohn anerkennend auf die Schulter.
    »Schickt Alessandro nach Florenz, an die Accademia Platonica«, riet ihm Leto. »In der Stadt am Arno hat Lorenzo de’ Medici, il Magnifico , das Sagen, ein Mann, der vom Geist der Alten durchdrungen ist, dort florieren die Künste, dort herrscht die Freiheit – während hier in Rom, na, Ihr wißt ja selbst! Wir wurden verfolgt, unsere Gedanken verboten, ich mußte sogar ins Gefängnis. Auch wenn die Lage sich heute gebessert hat – schickt ihn nach Florenz. Dort können sich seine großen Gaben entfalten.«
    »Aber unser Alessandro steckt seine Nase nicht nur in Bücher«, antwortete der Vater, »er reitet gern, geht auf die Jagd und wirft schon jetzt ein Auge auf das weibliche Geschlecht – ohne es allerdings anzurühren!«
    »Die Natur ist das weiseste Buch, sagte schon Lucretius Carus«, beschied ihn Leto, und sein Vater schaute Alessandro voll stolzer Liebe an und nickte. Aber seine Mutter hatte durchgesetzt, daß Alessandro noch im selben Jahr, anno domini 1482, eine lächerliche Schreiberstelle im Vatikan übernehmen mußte und nicht in Florenz seine Studien vervollständigen durfte.
    »Ich will nur das Beste für dich«, sagte seine Mutter, nun mit sanfterer Stimme.
    Alessandro antwortete nicht. Er wollte nur frei sein und weder in der Engelsburg noch im Skriptorium ersticken.
    »Ich will dir etwas erzählen, mein lieber Sohn«, fuhr sie fort. »Vielleicht wirst du mich dann verstehen. O Gott, ist das hier stickig!« rief sie aus und fächelte sich Luft zu. »Kurz vor deiner Geburt quälte mich ein furchtbarer Traum: Ich sah das Nest eines Adlers mit vier Jungen. Plötzlich senkte sich ein Schatten herab, und ein Geier mit schwarzen Schwingen stürzte sich auf die Jungen. Der Kampf zwischen dem Adler, der seinen Nachwuchs verteidigte, und dem Geier tobte hin

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