Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
schonen, Geliebter, komm, leg dich wieder auf die Decke. Ich will dich pflegen.« Sie streichelte seine Brust, fuhr vorsichtig über den Wundverband, gab ihm einen Kuß. »Laß Cesare in Frieden, reize ihn nicht, er ist unberechenbar.«
Alfonso knurrte, ließ sich dann aber weiter verwöhnen und schloß die Augen. Lucrezia strich ihm wie einem kranken Kind über den Kopf und sang leise ein Lied.
Gerade als Silvia, Alessandro und Giulia den Raum auf Zehenspitzen verlassen wollten, dröhnten Männerstimmen von unten hoch. Lucrezia sah sie erschrocken an. »Bleibt bei uns!« rief sie noch, als Cesare mit Michelotto und anderen Männern hereinstürmte.
»Raus hier!« brüllte er die Frauen an. »Ich will mit meinem Schwager alleine sprechen. Er hat auf mich geschossen, er wollte mich ermorden. Das muß gesühnt werden. Man schießt nicht ungestraft auf einen Cäsar.«
Während der stiernackige Michelotto mit seinen Pranken Silvia und Giulia packte und zur Tür zerrte, schien Cesare erst jetzt Alessandro zu entdecken.
»Was machst du denn hier?« rief er mißtrauisch. Er ließ seinen Blick von ihm zu Giulia und Silvia wandern. »Die ganze Sippe – alle raus, auch du, Lucrezia.«
»Wage nicht, ihn anzurühren, ich hole sofort unseren Vater. Er wird dich …«
Cesare lachte nur. »Er wird gar nichts. Der Spanier ist zu nichts mehr nütze – ich werde diesem frechen Pfau zeigen, daß ein Cesare Borgia sich mit keinen Halbheiten zufriedengibt.«
Lucrezia fiel ihrem Bruder in die Arme. »Laß ihn am Leben! Du weißt doch, daß ich ihn liebe. Du hast schon Perotto ermordet, nicht auch noch Alfonso!«
Alfonso lag mit weit geöffneten Augen auf dem Bett, Cesare stieß Lucrezia von sich. Sie wehrte sich, aus dem Zimmer gedrängt zu werden. Aber Michelotto schob sie nach draußen und verschloß die Tür hinter sich.
Lucrezia verschwand, um ihren Vater zu holen, Silvia flüchtete sich in Alessandros Arme. Auch Giulia klammerte sich an Alessandro, als man von innen Drohungen und Angstschreie hörte, die schließlich in erstickten Geräuschen untergingen.
Stunden später stand Silvia, noch immer sprachlos und zitternd, vor der Pietà . Neben ihr Alessandro und Giulia. Sie beteten stumm. Schließlich führte Alessandro sie hinaus in das Abendlicht. Giulia weigerte sich, den Palazzo, in dem man gerade Lucrezias Ehemann Alfonso erwürgt hatte, zu betreten, und ließ sich von ihrem Bruder in dessen Palast in der Nähe des Campo de’ Fiori bringen. Alessandro begleitete dann auch Silvia nach Hause. Wortlos saßen beide auf ihren Pferden.
Kurz bevor sie sich verabschiedeten, fragte er: »Warum bist du gekommen?«
»Ich wollte dich sehen.« Während sie die Zügel des Pferdes an den Ring neben dem Portal band, fügte sie noch mit leiser Stimme an: »Es kann nicht so weitergehen.«
»Aber was sollen wir tun?«
Sie schlug die Augen nieder, und beide standen eine Weile stumm voreinander.
»Hast du übrigens gehört«, begann er wieder zu sprechen, »daß Giovanni und ich uns in den nächsten Tagen zur Jagd im Tolfagebirge verabredet haben?«
»Ich weiß nur, daß Giovanni diese Idee ausgeheckt hat.« Sie faßte Alessandros Hand. »Geh nicht mit ihm. Ich habe Angst.«
Aber er lachte nur kurz auf, gab ihr einen flüchtigen Kuß und ritt davon.
Sie schaute ihm nach, bis er verschwunden war.
Während der nächsten Nächte plagten Silvia Alpträume. Einmal wachte sie nach Mitternacht auf. Vor ihr schwebte ein Öllicht. Hinter dem Öllicht stand ein Geist, der Geist ihres ältesten Bruders, in einem langen hellen Gewand, gesichtslos, röchelnd. Sie rief nach ihrer Kammerfrau, aber niemand kam. Sie zog die Decke über ihren Kopf, und nichts geschah. Als sie nach einer Weile die Decke langsam wegschob, stand Rosella vor dem Bett.
»Ich höre Stimmen, ich höre Streit, ich sehe den Untergang eines Mannes.«
»Was? Wie? Wo hörst du was? Wovon sprichst du?« Silvia schrie sie an, aber Rosella reagierte nicht, starrte nur mit ihrem einen Auge in das Licht, das sie vor sich hielt.
Am nächsten Morgen wußte Silvia nicht, ob sie alles geträumt hatte oder ob Rosella wirklich bei ihr gewesen war.
Die folgende Nacht blieb sie lange auf und bat Rosella, bei ihr zu schlafen. Rosella nickte, mußte aber verschwunden sein, nachdem Silvia eingeschlafen war. Und wieder überfielen sie Alpträume. Aber vielleicht waren es keine Träume. Sie sah den Überfall auf die Mutter vor sich, sah die Männer über sie steigen, hörte das gurgelnde
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