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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Lateinstudien und Malversuchen, sie schickte ihm Gedichte und berichtete, sie sei jetzt sogar in Boccaccios Fußstapfen getreten. Alessandro erzählte in seinen Briefen von seinen Griechischstudien, von den Diskussionen über Platon, die Liebe und den idealen Staat, er erzählte von den Calcio-Turnieren und den Festen, vor denen man sich in Florenz kaum noch retten könne. Jede Anspielung auf eine Florentinerin vermied er. Alessandro schien das Leben eines philosophierenden Mönchs zu führen, Florenz wirkte nach seinen Berichten wie eine frauenlose Stadt. Auf die Nachrichten von Sandro ging er kaum ein. Kleine Kinder schienen ihn nicht zu interessieren. Während Silvia ihm ihr Herz ausschüttete, hielt er sich mit Liebesgeständnissen zurück. Und doch versteckte er zwischen den Zeilen seiner Briefe eine unerfüllte Sehnsucht. Dies spürte sie insbesondere dann, wenn er ihr Platons Überlegungen zur Liebe nahezubringen versuchte. Der Mensch, so führte er aus, sei ursprünglich rund gewesen, sei dann aus Übermut von Zeus bestraft und in zwei Hälften geschnitten worden. Diese Hälften sehnten sich nacheinander, sie versuchten, wieder zusammenzukommen, aus zweien eins zu machen und die menschliche Natur zu heilen. Dies Verlangen eben und Trachten nach dem Ganzen heißt Liebe , zitierte Alessandro den griechischen Philosophen, und sie verstand sehr wohl, daß er von seinem Verlangen sprach und daß er in ihr und sich selbst die zwei Hälften einer ursprünglichen Einheit sah.
    Silvia saß lange Dämmerstunden auf der Dachterrasse und schaute nach Norden. In ihren Gebeten bat sie Gott um Alessandros Rückkehr. Immer wieder schrieb sie auch an Giulia Farnese und erkundigte sich, ob die Schwester vielleicht mehr wisse über die Rückkehr des fernen Geliebten.
    Dann gelang es Giulia, Silvia nach Capodimonte einzuladen. Mutter Caetani und Tochter Farnese hielten sich gerade in Rom auf und planten, zu ihrem Stammsitz zurückzukehren. Man beschloß, Silvia gleich mitzunehmen. Die Frauen zogen im Schutz einer waffenstarrenden Truppe über die Straßen von Latium; daher gab es auch keine unbotmäßige Belästigung, geschweige denn einen Überfall.
    In Capodimonte ließ sich Silvia von ihrer Freundin Alessandros Zimmer zeigen, mit den Büchern und Waffen, die er zu Hause gelassen hatte. Der Höhepunkt ihres Besuchs war der Aufenthalt auf der Isola Bisentina. Die beiden Freundinnen genossen unbeschwerte Tage auf dem Sirenenfelsen oder im Schatten der Steineichen, und Silvia lernte sogar schwimmen. Gelegentlich ritten sie auch: durch die lichten Wälder, durch die Olivenfelder und Weinberge. Silvia durfte auf einer von Alessandros Stuten reiten, sogar auf seinem Sattel sitzen. Das Pferd war gutmütig, ertrug ohne zu murren die fremde Reiterin, und Silvia fühlte sich ihrem abwesenden Alessandro nahe. Das einzige, was sie zunehmend befremdete, war das Gefühl, ständig von Madonna Caetani beobachtet zu werden.
    An einem Abend probierten die Freundinnen unter ausgelassenem Gelächter die wertvollen Kleider der Familien Caetani und Farnese an. Als sie nur im Hemd vor dem einzigen großen Spiegel des Schlosses standen, rauschte plötzlich Giulias Mutter ins Zimmer. Aber sie war nicht allein. Eine andere Frau ihres Alters, streng gescheitelt in einem tiefroten Samtkleid, begleitete sie. Silvia, die sich erröten fühlte, wurde sie als Madonna Adriana del Mila vorgestellt. Madonna Caetani lächelte gewinnend, und Giulia wurde von der Besucherin mit einem Kuß begrüßt. Giulia entfuhr ein unterdrückter Seufzer, und als die Blicke der beiden Freundinnen sich trafen, verdrehte sie kurz die Augen. Silvia wollte schnell wieder ihr Kleid überstreifen, aber Madonna Caetani wies sie mit einer unzweideutigen Geste an, es zu unterlassen. Sie warf einen prüfenden Blick auf die beiden Mädchen und befahl dann einer Kammerfrau, ihr eigenes altes Hochzeitskleid aus der Truhe zu holen, von Staub zu befreien und auf mögliches Ungeziefer zu untersuchen. Sie wolle prüfen, ob es ihrer Tochter und auch Silvia passe. Ohne entschuldigende Vorrede ließ sie ihre Hände an Giulias Körper entlanggleiten, ertastete die Festigkeit ihrer Brüste und die Rundungen ihrer Hüfte. »Muß passen«, stellte sie fest und wandte sich fragend Madonna del Mila zu. Diese nickte anerkennend.
    »Wem der Schöpfer solch einen schönen Körper und ein derart liebreizendes Antlitz gegeben hat, der wird es weit bringen«, sagte sie mit einer harten Stimme und einem

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