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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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fürs Grobe zuständig. Katerinas Leiche würde ich nie wiedersehen.
    »Na, los«, krächzte ich. »Rufen Sie doch die Polizei!«
    »Hauen Sie ab, Koller. Lassen Sie mich in Ruhe.«
    Mir wurde schwindlig. Keuchend beugte ich mich vor und stützte beide Hände auf die Oberschenkel. Allmählich begann ich zu frieren, nass, wie ich war. Was für eine Möglichkeit gab es, dem Alten beizukommen? Diesem Doppelmörder ... oder Doppelmordauftraggeber. Eines von beiden war er, obwohl ich nicht den geringsten Beweis hierfür hatte.
    Mühsam richtete ich mich auf. Bünting stand nur einige Meter entfernt, aber er bewohnte eine andere Welt. Dunkelheit und Regen trennten uns, er hielt einen Schirm schützend über sich, war sauber und ordentlich gekleidet. Mit fiel ein, dass er mir heute Abend noch gar kein Geld angeboten hatte. Am Ende hielt er mich für unbestechlich.
    Was blieb?
    »Verdammt noch mal«, schrie ich, so laut ich konnte, in die Nacht hinaus, aber ich fürchte, es war nicht sehr laut. »Hat keiner von euch etwas bemerkt, ihr scheiß Heidelberger? Hier wird eine umgebracht, und ihr kriegt nichts mit! Ihr lebt mit einem Mörder zusammen! Einem Mörder!«
    Mein Atem ging stoßweise. Bünting rührte sich nicht. Alles blieb still, nur der Regen pladderte herab. Tropfen zerplatzten auf der Oberfläche des Teichs, auf dem jungen Laub, auf dem Dach der Villa. Mein Kopf dröhnte.
    »Sie sind das lächerlichste Objekt«, sagte Bünting zähneknirschend, »das mir jemals begegnet ist. Sie sollten sich mal ansehen.«
    »Wenigstens das bleibt mir erspart«, entgegnete ich und meinte es ernst. Er hatte recht, ich benahm mich lächerlich. Wütend und leer drehte ich mich um und ging den Weg durch die Sträucher zurück, bis zu der Stelle, an der ich über das Gitter geklettert war. Bünting rief mir irgendetwas hinterher, doch es wurde vom Wasser fortgespült. Wie ich es erwartet hatte: keine Leiche mehr. Nichts, was auf eine Tragödie mit tödlichem Ausgang hätte schließen lassen. Die Erde zwischen den Bäumen hatte sich in Morast verwandelt; ob hier jemals ein menschlicher Körper gelegen hatte, war nicht zu erkennen. Ich sah hoch zu den Eisenspitzen des Gitters. Sie glänzten regennass.
    Bünting war auf der Wiese zurückgeblieben. Alter und Würde verboten es ihm, sich durch das Dickicht zu quälen. Ich gönnte ihm den Triumph meiner Rückkehr nicht. Sollte er ruhig noch eine Viertelstunde im Regen frieren, bis er sicher sein konnte, dass ich verschwunden war. Ich strich mir die klatschnassen Haare aus dem Gesicht und schwang mich über den Zaun. Die kalten Gitterstäbe packte ich so fest wie nur möglich. Einen Schauder konnte ich dabei nicht unterdrücken.
     
     

35
    »Du hast ihn gehen lassen?«, rief Fatty. »Du hast nichts unternommen?«
    »Was denn, bitte schön?«
    »Du bist einfach so nach Hause gegangen und hast dich ins Bett gelegt? Ich glaube, ich spinne! Was bist denn du für einer?«
    Ich zog die Decke über den Kopf. Er riss sie mir wieder weg.
    »Verdammt, ich hab dich was gefragt, Max!«
    Ich öffnete die Augen, so gut es ging (links war es schmerzhaft), sah ihn an und zwang mich zur Ruhe. »Nein«, sagte ich. »Ich habe dich etwas gefragt. Was hätte ich deiner Meinung nach tun können?«
    »Ihn umhauen natürlich. Das ist es doch, was er verdient hat. Sofort, ohne mit der Wimper zu zucken.«
    »Du hättest ihn umgehauen? Du, Friedhelm Sawatzki?«
    »Weiß ich nicht. Aber du kannst das. Du hast die Schlagtechnik seit dem Kurs damals.«
    »Und dann?«
    »Egal, was dann. Er hat es verdient.«
    »Weißt du was, Fatty? Mach mir einen Kaffee. Vorher geht nichts bei mir.«
    »Kaffee?«, fragte er zurück, als hätte ich ihn um die Kronjuwelen gebeten.
    »Im Schrank über der Spüle.«
    Wortlos trollte er sich in die Küche. Ich schlüpfte aus den Federn, saß eine Weile auf dem Bettrand und hielt mir den Kopf. Dann ging ich ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Zum Abschluss drehte ich das kalte Wasser auf. Eine schwache Erinnerung an den Tümpel in Büntings Garten stellte sich ein, nur die Seerosen fehlten. Anschließend putzte ich mir die Zähne und spie den ganzen verdorbenen Burschenabend ins Waschbecken.
    Als ich die Küche betrat, goss Fatty gerade heißes Wasser über den Filter. Ich lehnte mich an den Türpfosten und sah ihm mit schweren Augenlidern zu.
    »Warum kommst du eigentlich mitten in der Nacht hierher?«
    »Es ist fast acht«, herrschte er mich an. Obwohl er Katerina nur von ferne

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