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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bevor man ein vernünftiges Wort mit dir wechseln kann. Lass uns reingehen, hier friert man sich ja alles ab.«
    »Du kommst mir nicht ins Haus«, fauchte Arndt. »Wenn du mir was zu sagen hast, dann morgen.«
    Ein Hustenanfall nahm seinen Worten die Aggressivität. Er wirkte erschöpft und niedergeschlagen, regelrecht zermürbt: eine vom Regen ausgewaschene, ausgelaugte Gestalt. Sein Haar klebte auf der Stirn, einen Ärmel seines Hemdes hatte er zurückgeschlagen, der andere hing nass herunter. Das Burschenband lugte zerknüllt aus der Brusttasche. Er schien nicht einmal zu merken, wie sehr er fror.
    Marten musterte ihn kopfschüttelnd. Ich hatte eine spöttische Bemerkung erwartet, doch er sog nur schweigend an seiner Pfeife. Vielleicht hatte er gerade seine verständnisvolle Viertelstunde.
    »Na, komm«, sagte er und zeigte auf das Haltestellenhäuschen. »Stellen wir uns wenigstens unter. Es ist dringend.«
    Bünting junior zögerte. Er stieg nicht vom Rad. »Was soll denn so dringend sein, dass wir es nicht morgen besprechen könnten?«
    »Ich wollte dich warnen.«
    »Warnen? Wovor?«, fragte Arndt. Es sollte argwöhnisch klingen, wirkte aber hysterisch.
    »Vor einem, der etwas anderes ist, als er vorgibt.«
    »Wer soll das sein?«
    Micevski ging zur Bushaltestelle zurück. »Dass es regnet, ist dir offenbar entgangen?«
    »Nun sag schon, wer?«
    Marten lehnte sich an die Wand des Unterstands und sog an seiner Pfeife. »Dein heldenhafter Retter«, sagte er schließlich. »Dieser Herr Koller.«
    »Max? Wieso ... was ist mit dem?«
    »Komm halt unters Dach, dann erzähl ich es dir.«
    Arndt stieg ab, lehnte sein Rad an die Bushaltestelle und stellte sich unter. Ich pirschte mich noch ein paar Meter weiter nach vorne, immer hart an der efeubewachsenen Steinmauer vorbei. Angst, gehört zu werden, hatte ich nicht; der Regen machte genug Lärm. Ich musste nicht einmal sehr nahe an die beiden heran. Arndt sprach in seiner Erregung meistens überlaut, und die Tenorstimme des Langen durchschnitt die Regenfäden mühelos.
    »Ich warte übrigens schon eine geschlagene Stunde hier«, sagte Micevski. »Wo hast du dich eigentlich die ganze Zeit herum ...«
    »Geht dich nichts an. Was ist jetzt mit Max?«
    »Du hast einen Ton drauf ...« Adlernase schüttelte missbilligend den Kopf. »Dein Max Koller behauptet, er sei Redakteur. Oder hat er dir etwas anderes erzählt?«
    »Nein.«
    »Na also.«
    »Und was ist er?«
    Wieder eine der wohlabgewogenen Kunstpausen des Oberburschen. »Privatdetektiv.«
    »Was?«, schrie Arndt. »Privatdetektiv?«
    »Halts Maul«, zischte Marten, überrascht von der Wirkung seiner Worte. Und seiner Kunstpause. »Willst du hier alle aufwecken?«
    »Privatdetektiv«, stöhnte Arndt und griff sich an den Kopf. »Ich glaube es nicht ... Das darf doch ... Woher willst du das wissen?«
    »Schon mal was von Telefonbüchern gehört?«
    »Und was steht da ...?«
    »Da steht: Max Koller, Nachforschungen aller Art. Ich kenne keinen Redakteur, der seine Tätigkeit so definieren würde.«
    Der junge Bünting schwieg eine Zeit lang. Dann sagte er ohne rechte Überzeugung: »Vielleicht ist er ja beides: Detektiv und schreibt nebenher Artikel.«
    »Träum weiter, Arndt. Glaubst du das etwa? Mir ist sein Name noch nie in den Neckar-Nachrichten begegnet. Und warum sollte er sonst die Geschichte mit deinem Alten erfinden?«
    »Meinst du, die ist erfunden?«
    »Was denn sonst? Auf dem Marktplatz war der Kerl auch nicht zufällig.«
    »Warum erzählst du mir das erst jetzt?«
    »Weil du erstens heute Abend nicht ansprechbar warst. Weil ich zweitens nicht weiß, ob Geheimnisse bei dir momentan gut aufgehoben sind. Und weil ich mir drittens erst einmal ein Bild von dem Menschen machen wollte.«
    »Und? Hast du?«
    »Ja, ich habe ein wenig mit dem Herrn geplaudert. Eines ist sicher: So harmlos und einfältig, wie er tut, ist er auf keinen Fall.« Trotz der Kälte lief mir ein Schmunzeln übers Gesicht. Endlich nahm mich einer mal ernst. Wenn das meine Exfrau gehört hätte!
    »Und was will er dann bei uns?«
    »Siehst du, genau das frage ich mich auch.«
    Pause.
    »Hör mal«, fuhr Arndt plötzlich auf, »wenn du meinst, ich hätte etwas mit dem Typen zu tun oder so, dann irrst du dich. Mein Lebtag habe ich den noch nicht gesehen.«
    »Das sage ich ja gar nicht. Reg dich ab. Ich weiß nur so viel: Da kommt uns ein Unbekannter auf dem Marktplatz zu Hilfe, ohne einen von uns zu kennen, angeblich nur, weil er Regungen der

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