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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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»Steffi hat mir hoch und heilig versprochen, nicht mehr zu flunkern. Tut mir wirklich leid, Herr Professor.« Ich nickte ihm ein letztes Mal zu und schloss die Tür.
    Hinter mir in Raum 323 verschaffte sich jemand mit einem wütenden »Verfluchtes Weib!« Luft. Durch drei Zentimeter Pressspan war es zu hören.
     
     

40
     
    Ich hatte keine Zeit, Arsani zu bedauern, denn inzwischen befand ich mich selbst in einer misslichen Lage. Schafstett musste eine Pistole entweder stets bei sich oder griffbereit neben der Eingangstür liegen haben. Das Resultat war jeweils dasselbe: Der Dicke hielt mich mit der Waffe in Schach, während er sich nach weiteren Personen in der Wohnung umsah.
    »Wieder mal alleine unterwegs, Schnüffler? Das gefällt mir, gell.«
    Ich schwieg.
    »Los, ’nüber an die Wand! Und keine faulen Tricks!«
    Heinz Schafstett hatte die Schriftsprache nicht erfunden. Aus dem Raum Hannover kam er auch nicht. Er versuchte, mich auf hochdeutsch einzuschüchtern, was nicht recht gelang. Weder das Hochdeutsche noch die Einschüchterung. Seine Wiege dürfte irgendwo zwischen Frankenthal und Feudenheim gestanden haben. Während ich die Muster seiner Tapete studierte, tatschte er mich von oben bis unten ab und dann noch einmal von unten bis oben. Er schien bass erstaunt, keine Waffe bei mir zu finden. Endlich ließ er von mir ab, ich durfte mich umdrehen.
    »Setz dich!«, befahl er.
    Ich setzte mich und versank tief in der Couchgarnitur.
    »Wie kommst du hier rein?«, fragte er und schaute gleichzeitig zur Balkontür. »Ah, ja«, sagte er und nickte finster. »Du kleines Arschloch.«
    »Sie war schon offen«, sagte ich.
    Er zeigte auf die kaputte Scheibe. »Die wirst du mir ersetzen, gell!«
    »Wieso ich? Warum nicht Hanjo Bünting, dein Busenfreund? Er regelt doch sonst alles Finanzielle. Monat für Monat.«
    Schafstett lief rot an. Mimisch glich er seinem Geländewagen. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, damals beim Subaru-Fachhändler.
    »Lass uns alles auf eine Rechnung schreiben«, fuhr ich fort. »Deine Fensterscheibe, mein Rad, auf das du dich gesetzt hast, meine Klamotten, die in die Reinigung müssen. Ganz zu schweigen von meinem linken Auge, auf dem ich nichts mehr sehe und das meine Versicherung ...«
    »Halts Maul!«, herrschte er mich an. »Du hältst jetzt sofort die Klappe, gell!«
    Ich hielt sie. Schafstett war ein Mann mit schnellen Reaktionen, wenn es darauf ankam, aber Entscheidungen zu treffen, fiel ihm schwer. Und einen gescheiten Dialog zu führen, noch viel schwerer. Er hatte mich überrascht und überwältigt, und nun fragte er sich, wie es wohl weiterging. Durch seinen Holzkopf fuhr nicht der blasseste Schimmer einer Idee. Deswegen schwieg ich. Er sollte sich seiner fatalen Lage einmal so richtig bewusst werden.
    Die Pistole unverwandt auf mich gerichtet, setzte sich Schafstett mir gegenüber in einen Sessel. Er schwitzte. Physische Überanstrengung konnte es nicht sein, eher mentale. Er vermisste wohl seinen Herrn und Meister, der ihm die Mühe des Denkens gewöhnlich abnahm.
    »Was willst du hier?«, fragte er schließlich. »Was hast du gesucht?«
    Ich blickte ihm in die Augen und schwieg. Fixierte ihn, bis seine Lider flatterten. Dann zog ich meine Mundwinkel ganz langsam in die Höhe und begann zu grinsen, immer breiter, bis ich mir vorkam wie Geschäftsfreund Cajetan Meyer.
    »Du hast da«, sagte ich und streckte meinen Zeigefinger aus, »einen Fleck auf dem Hemd.«
    Er sprang auf. »Red keinen Quatsch!«, brüllte er. Man sah ihm an, welche Anstrengung es ihn kostete, nicht auf sein Hemd hinunterzublicken. »Was soll der Scheiß?«
    »Was das soll?«, brüllte ich und tat, als wollte ich ebenfalls aufspringen. »Du bist doch der ...«
    »Bleib sitzen!«, schrie er.
    »Du bist doch derjenige, der nichts als Müll redet, Schafstett! Erst verfolgst du mich tagelang im Auftrag von Bünting, dann ertappst du mich in deiner Wohnung und fragst mich, was ich hier zu suchen habe. Was wohl, du Schwachkopf?«
    »Ja, was? Sags mir, Schnüffler!«
    »Beweise, was denn sonst? Du und Bünting, ihr habt erst den Jugoslawen umgelegt, anschließend die Ukrainerin, und ich weiß es. Fehlt nur noch der eine oder andere Beweis, dann marschiert ihr in den Knast. So einfach ist das, Heinzi.«
    »Du spinnst ja!«, schrie er. »Niemanden haben wir umgebracht, niemanden, und deshalb gibt es auch keine Beweise, nix!« Er begann durch seine Wohnung zu stiefeln und Flüche auszustoßen. Seine

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