Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
aus dem Hinterhalt fällt.«
    Arndt, der inzwischen weißer war als die Wand, griff sich mit beiden Händen an den Kopf. »Hör nicht auf den Spinner«, rief ihm sein Großvater zu. »Der glaubt doch selbst nicht, was er sagt!«
    »Bergfriedhof, kurz vor Mitternacht. Auftritt Max Koller. Und nun kommt es zur Panne Nummer eins: Der Serbe, der doch erst totgemacht werden soll, ist schon tot. Hat Schafstett zu früh geschossen? Kann der Fettsack vielleicht die Uhr nicht lesen? Oder war es wirklich so geplant, dass wir gemeinsam die Leiche entdecken sollten? Das fände ich, ehrlich gesagt, reichlich dilettantisch. Wer hätte Ihnen das glauben sollen?«
    Bünting lachte nur hysterisch. Was ihn mühsam um seine Fassung ringen ließ, war weniger meine Rekonstruktion der Ereignisse als die Sorge um seinen Nachkommen. Ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen, sank Arndt langsam die Tapete nach unten. So recht verstand ich sein Verhalten nicht. Ich dachte, die Liebe zu seinem Großvater sei nicht allzu ausgeprägt. Oder sah er sein Erbe davonschwimmen?
    »Max Koller«, setzte ich das muntere Kaffeekränzchen fort, »kam, kassierte und – Panne Nummer zwo – glaubte kein Wort. Gut, wir alle sind käuflich, aber verarschen lasse ich mich ungern. Und Widerstand macht mich nur noch ehrgeiziger. Während Sie mir ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht erzählen und anschließend Pfefferspray einsetzen, schafft Ihr Mann fürs Grobe, der sich in der Gegend auskennt, unseren Ex-Serben außer Reichweite. Den Rest der Arbeit überlässt man den Ratten. Die Situation scheint bereinigt – aber da ist noch dieser unberechenbare Privatflic. Sie setzen auf Ihre bewährte Zuckerbrot-und-Peitsche-Strategie. Mal winken Sie mit ein paar Geldscheinen und mimen das greise Sippenoberhaupt, mal schicken Sie Ihren Boxer vor, der für Sie die Managermuskeln spielen lässt. Resultat: null. Ich erfahre, wer Sie sind, wo Sie wohnen, ich weiß über Ihre Familienverhältnisse Bescheid und: Ich mache mich an Ihre Putze ran.« Wieder legte ich eine kleine Pause ein. Das Publikum verhielt sich ruhig.
    »Plötzlich eine neue Gefahr. Schon die dritte Panne. Katerina ist nämlich durchtriebener, als wir alle denken. Am besagten Freitag hat sie etwas aufgeschnappt, ein Gespräch, ein Telefonat, hat vielleicht einen Brief gelesen – und dass sie damit etwas anfangen kann, dafür sorgt Max Koller. Unfreiwillig. Mir hat sie nämlich kein Sterbenswörtchen verraten. Lieber selbst abkassieren, denkt sie. Sie zählt zwei und zwei zusammen, droht mit Erlauschtem, Erratenem, deutet an und spekuliert. Wie weit kann man Sie unter Druck setzen? Wo ist die Grenze? Bei 5000 im Monat? Oder noch höher? Sie wissen keinen Ausweg und rufen mal wieder Schafstett zu Hilfe. Der Dicke kommt und löst das Problem auf seine Weise. Kurze Zeit später ist Katerina tot – allerdings nicht einfach ermordet, Arndt, sondern ... hingerichtet.«
    Bevor ich in Details schwelgen konnte, hielt mich Arndt davon ab. Er brüllte, dass die Scheiben klirrten: »Hör auf! Aufhören! Scheiße, verdammt!« Dann fing er an zu heulen.
    Ein bemerkenswerter Ausbruch, aber kein fruchtbarer Beitrag zu unserer Diskussion. Der Alte sprang auf, als wolle er mir an die Gurgel, und schrie mich an, höchstens 10 Zentimeter vom Lauf der Pistole entfernt: »Halten Sie das Maul, Sie Irrer! Schweigen Sie! Sie wissen ja gar nicht, was Sie anrichten! Kein Wort von dem, was Sie erzählen, ist wahr! Kein Wort! Ich bin kein Mörder! Und Heinz auch nicht.« Mein Gott, waren das viele Ausrufezeichen. Mit heiserer Stimme fuhr er fort, in beschwörendem Ton: »Arndt, mein Junge, du musst mir glauben, ich bin kein Mörder! Und ich habe auch keinen in Auftrag gegeben.«
    »Aber das weiß ich ja!«, schrie Arndt, noch lauter als zuvor. »Ich war es doch! Ich!«
    Unsere offenen Münder hätte man für Brunnenfiguren verwenden können, so dämlich schauten wir beide drein, Bünting und ich.
     
     

42
    Auch Heinz Schafstett guckte ziemlich einfältig aus der Wäsche, als ihm die veränderte Lage bewusst wurde: keine Waffe mehr in Händen, dafür eine klaffende Wunde am Schädel. Stöhnend bewegte er den Kopf, ein echter Jammerlappen. Dabei war er nicht einmal ohnmächtig geworden. Er fremdelte bloß eine Weile mit seinen Gliedmaßen. Ich nutzte dieses Intermezzo, um ihn mit dem Fernsehkabel zu fesseln und dem Kühlschrank eine neue Bierflasche zu entnehmen. Zum Trinken, nicht zum Zuschlagen. Dann machte ich es mir auf

Weitere Kostenlose Bücher