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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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haben sie ihn rausklagen müssen.«
    »Konkreteres weiß ich nicht, da muss ich noch ein wenig recherchieren.«
    »Okay. Und was ist mit seiner Familie? Seine Verbindung zu Heidelberg, seit wann wohnt er hier?«
    Covet spitzte die Lippen und zog einen zweiten Notizzettel zurate. »Bünting hat zweimal geheiratet, zunächst 1958 in Hannover, mit 30 Jahren. Eine Frau namens Celestine Weißenborn.«
    »Schon wieder mit C«, murmelte ich.
    »Acht Jahre hält die Ehe, dann lässt er sich scheiden, kurz, nachdem sein Sohn zur Welt kommt. Im selben Jahr übrigens, in dem er zu den DACH wechselt.«
    »Was passiert mit der Frau?«
    »Keine Ahnung. Die liebe Celestine verschwindet im Dunkel der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte. Zweite Eheschließung 1968 mit Isolde von Mattern in Heidelberg. Keine Kinder, keine Scheidung. Ob da ein Zusammenhang besteht?«
    Ich lachte. Marc Covet, der Frauenheld, hasst Kinder.
    »Bestimmt, Marc. Und mit dieser Adligen ist er immer noch verheiratet?«
    »Offensichtlich. Das muss deine Wachspuppe im Rollstuhl gewesen sein. Ich kenne ihre Familie, die Matterns. Ein Name, der in Heidelberg einen guten Klang hat, wie man so schön sagt. Hier passt das gut, denn die Matterns sind Wagner-Enthusiasten. Deshalb auch der Name Isolde. Alte Bankiersdynastie, immer per du mit dem großen Geld. Verschwiegen, aber einflussreich. Bünting hat seine Frau hier kennengelernt. Er wohnte 1959 zunächst in Ludwigshafen, zog aber noch während seiner BASF-Zeit um. Im Auweg residiert er schon Jahrzehnte.«
    »Und zwar standesgemäß. Erstaunlich, dass du ihn nicht kennst, wo du doch ...«
    »Überhaupt nicht erstaunlich«, fiel er mir ins Wort. »Natürlich kenne ich den Mann. Kommt darauf an, was man unter Kennen versteht. Über den Weg gelaufen sind wir uns schon öfters, bei Industriellentreffs und so. Und in Darmstadt ist er stadtbekannt. Aber hier in Heidelberg lebt er absolut zurückgezogen. Lässt sich so gut wie nie blicken, mischt sich nicht unters Volk. Kein Vereinsleben, keine politische Betätigung, kein Ehrenmitglied in der Schützengilde.«
    »Doch«, mischte sich der Dicke ein. »Er ist Rugby-Sponsor. Beim SC Neuenheim steht sein Name auf einem der Torpfosten.«
    »Und wie oft beehrt er eueren Sportplatz?«, blaffte Covet seinen grinsenden Kollegen an. »Siehst du? Überhaupt nicht. Der Mann scheut die Öffentlichkeit. Und wer die scheut, taucht in meinem virtuellen Karteikasten nicht auf. So ist das nämlich.« Er klappte die Lesebrille zusammen und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Du hättest mir schon ein Polaroid von ihm bringen müssen.«
    »Und wie bist du dann auf ihn gekommen?«
    »Durch Lothar.«
    Lothar grinste noch breiter als zuvor. »Genau«, sagte er zufrieden und schien den Punktsieg über seinen Kollegen unendlich zu genießen.
    »Sie kennen ihn vom Rugby?«
    »Yep«, sagte der Dicke, vollführte mit seinem Stuhl eine halbe Drehung, um sich mir zuzuwenden, und kratzte sich lässig unter einer Achsel. »Einmal war er da, und das ist auch schon Jahre her. Bei dieser Torpfostengeschichte. Die Sponsorennamen, wissen Sie. Sein BMW war ganz neu, der ist uns aufgefallen, und wir haben Witzchen drüber gemacht. Als Marc mich gestern fragte, wusste ich, das Auto kennst du. Nur der Besitzer fiel mir ums Verrecken nicht ein. Heute Morgen dann ...« Er machte eine halbe Drehung zurück, griff hinter den PC-Monitor und hielt triumphierend einen Becher hoch.
    »Bünting-Tee«, sagte ich. Der Dicke strahlte.
    »Was für ein Glück, dass Lothar kein Kaffeetrinker ist«, brummte Covet.
    Der Dicke brach in schallendes Gelächter aus. »Was für ein Glück«, japste er, »was für ein Glück, dass der Mann nicht Tchibo heißt.«
    Covet lächelte säuerlich.
     

16
    Ich ließ Bünting in aller Ruhe sein Auto abschließen, sich die Nase schnäuzen, auf dem Absatz kehrtmachen und zum Eingangsportal gehen. In der Hand trug er eine braune Aktentasche. Seine Schuhe knirschten auf dem hellen Kies: ein Alltagsgeräusch für ihn, für mich der Trommelwirbel der Revolution! Er hatte kaum die Tür zu seiner Villa geöffnet, als ich aus meinem Versteck huschte und hinter ihm über die Schwelle trat.
    Er hörte meine letzten Schritte und drehte sich um.
    »Guten Abend«, grinste ich und zog einen imaginären Hut.
    »Sie!«, sagte er. Mehr nicht.
    Natürlich war er überrascht, ich meine, jeder wäre das, aber verdammt noch mal, anmerken ließ sich der Alte nichts. Staunen, Bestürzung,

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