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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Promotion ab. Ja, und da haben wir es schon, das Geheimnis seines Wohlstandes.«
    »Chemie?«
    »Genau. Er steigt erst in Hannover bei einer kleinen Firma ein, die längst nicht mehr existiert: Gutfreund Chemikalien. 1959 wechselt er zur BASF nach Ludwigshafen, Abteilung Pharmazeutika. Ziemlich rasante Karriere dort, ist an der Entwicklung einiger wichtiger Medikamente beteiligt. Im Jahre 1966 geht er zu den DACH, den Darmstädter Chemiebetrieben, wo er auch gleich eine führende Position einnimmt. Von 1968 an sitzt er ununterbrochen im Vorstand; die DACH mausern sich derweil vom mittelständischen Unternehmen zum weltweit agierenden Exporteur. Filialen in den USA und Asien, Zehntausende Mitarbeiter, davon circa 1500 in Deutschland.«
    »Die DACH sind für Darmstadt ein ziemlich wichtiger Arbeitgeber, soviel ich weiß.«
    »Ein enorm wichtiger Arbeitgeber. Und Bünting galt einmal als der wichtigste Industriemanager Südhessens.«
    »Das stimmt«, warf der Dicke unvermittelt ein. »Der wichtigste!« Seine Säuberungsaktion war beendet, er faltete das Tüchlein sorgfältig zusammen und steckte es zurück in seine Hülle.
    »Galt?«, fragte ich.
    »Kommt sofort. Die DACH stehen natürlich im Schatten der großen Pharmaunternehmen Hoechst, BASF und Bayer, und man hatte in den 90ern auch das ein oder andere schlechte Jahr. Aber soweit ich das verstanden habe, blieben die Darmstädter durch Konzentration auf einige Produkte im Rennen. Sie sind hauptsächlich im Bereich der Nahrungsmittelindustrie tätig: Konservierungsmittel, Aromastoffe, Geschmacksverstärker.«
    »Verstehe. Das Kleingedruckte auf den Tütensuppen. E 330 und 176.«
    »So ungefähr. Anscheinend nehmen die DACH in einigen Produktbereichen eine Art Monopolstellung ein.«
    »Und Bünting war der Chef des Ladens.«
    »Nicht ganz. Eine entscheidende Figur, das war er zweifellos. Allerdings gab es da auch noch die Nachkommen des Firmengründers.«
    »Und wann ist er ausgeschieden?«
    »Tja, das ist so eine Sache. Offiziell 97. Aber er hat sich nicht vollständig von den DACH verabschiedet. Bei wichtigen Sitzungen ziehen sie ihn dazu, als Berater und ›elder statesman‹, dessen Wort nach wie vor einiges gilt.«
    »Umsonst? Aus Liebe zur Firma?«
    »Kaum. Er hat einen Beratervertrag mit den DACH, heißt es. Wie viel Geld dabei fließt, ist umstritten. Bünting wird zu Meetings geladen, mischt bei manchen Gesprächen und Verhandlungen mit, aber immer als Patron der Firma, als ein Stück gelebter DACH-Geschichte oder als Freund der Meyers. Die Meyers, das ist die Gründerfamilie. Es spricht einiges dafür, dass dein guter Hanjo Bünting nicht weniger verdient als früher.«
    Ich lehnte mich zurück und ließ mir diese Informationen durch den Kopf gehen. Der Alte hatte tatsächlich den Eindruck gemacht, als könne er ein Unternehmen mit links leiten. Wahrscheinlich nahm er in jeder Sitzung den DACH-Leuten, diesen Meyers, nach fünf Minuten das Heft aus der Hand und verhandelte im Alleingang über die Zukunft der Firma. Selbstbewusst, unangreifbar, gelangweilt – so gab er sich, so agierte er. Und zwar überall, in Konferenzsälen wie auf Bergfriedhöfen.
    »Mit anderen Worten«, fasste ich zusammen, »der heimliche Herrscher der DACH heißt Hanjo Bünting.«
    Lothar, der Rugbyspezi, zwinkerte mir schmunzelnd zu. Irgendwie irritierte mich der Typ. Wenn er mir etwas zu erklären hatte, dann raus mit der Sprache.
    »Heimlicher Herrscher ist vielleicht übertrieben«, sagte Covet. »Die neueren Meldungen über Bünting lesen sich so, als mische er noch eifrig mit. Als ginge wenig ohne ihn. Auch wenn die Enkel des Firmengründers weiterhin die Mehrheit an den DACH halten. Cajetan und Caspar Meyer heißen die, beide Mitte 40. Solide Unternehmer wahrscheinlich, aber von denen lässt sich einer wie der Bünting mit seinen fast 50 Jahren Berufserfahrung doch nichts sagen.«
    »Cajetan? Der heißt wirklich so?«
    »Und Caspar junior. Was ist daran komisch? Ein Neffe von mir heißt auch Kajetan. Allerdings mit K, während die beiden Meyers Wert auf ihr C legen. Ich habe dafür vollstes Verständnis.«
    »Schnickschnack.«
    »Ich«, kam es aus Lothars Ecke, »bin auch schon ohne H geschrieben worden. Das muss man sich mal vorstellen.«
    »Und sonst?«, seufzte ich. »Noch was von Belang?«
    »Es gibt Anspielungen«, sagte Covet, »Andeutungen, dass Büntings Abschied aus der Firma nicht ganz freiwillig verlief. Oder sagen wir: nicht ganz reibungslos.«
    »Wahrscheinlich

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