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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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...ein Märchen, in dem es um lauter wichtige Dinge geht, Firmengeheimnisse oder Geldwäsche und Ihr Hausherr mittendrin. Aber so spektakulär ist die Sache nicht. Herr Bünting hat mich am Freitag angeheuert. Eingestellt, sozusagen«, setzte ich hinzu, als ich merkte, dass sie des Nautischen nicht mächtig war. »Es ging um einen gut bezahlten Auftrag. Aber kaum hatte ich angefangen zu arbeiten, sollte ich schon wieder aufhören. Warum, hat er mir nie gesagt. Sie können sich vorstellen, wie sauer ich war, als mir plötzlich dieser Auftrag durch die Lappen ging, und mit ihm eine schöne Stange Geld.« Wenn man mit Ausländern redet, merkt man erst, wie abenteuerlich unsere Sprache ist. Eine durch die Lappen gehende Stange! Es ist schon ein weiter Weg von Heidelberg nach Kiew. Aber Katerina klimperte nur mit ihren langen Wimpern.
    »Nun war guter Rat teuer«, fuhr ich fort. »Ich hatte mich nicht um andere Aufträge gekümmert und war dringend auf das Geld angewiesen. Plötzlich stand ich mit leeren Händen da. Ohne Begründung, einfach so.«
    Ich sah, wie sie die Stirn runzelte. Vielleicht war Geld das Thema, über das ich am ehesten ihr Vertrauen gewinnen konnte. Koller und Katerina, die beiden lonely looser am Rande der eiseskalten kapitalistischen Gesellschaft ...
    »Sagen Sie, Herr Koller ...«
    »Ja?«
    »Darf ich mir ein Stück Kuchen bestellen?«
    »Einen Kuchen? Ja ... natürlich. Nur zu.«
    Sie rief die Bedienung an unseren Tisch. »Haben Sie Schwarzwälder Kuchen?«
    »Schwarzwälder Kirsch? Ja.«
    »Zwei Stück für mich, bitte.«
    »Und Sie? Auch eins?«
    »Danke, nein.«
    Als die Bedienung verschwunden war, schwiegen wir eine Zeit lang. Der kreisende Ventilator an der Decke hatte es mir angetan. Ich konnte mich gar nicht von seinem Anblick losreißen. Weiß der Himmel, warum.
    Irgendwann hörte ich Katerina irritiert fragen: »Stimmt etwas nicht?«
    »Nein, nein, alles in Ordnung. Ich habe bloß ... Wissen Sie, ich war noch nie in der Ukraine. Ich weiß nicht, wie viel die Menschen dort ... Egal, vergessen Sie es.«
    »Bitte schön ...« Da waren sie schon, die beiden Schwarzwälder Ungetüme. Mit glasierter Kirsche, wie es sich gehört. Sofort begann Katerina, Kuchenstücke in ihren schlanken Leib zu schaufeln. Eine Gabel nach der anderen.
    »Und was wollen Sie jetzt tun?«, fragte sie zwischen zwei Bissen.
    »Wie ... tun?«
    »Jetzt, nachdem Sie keinen Auftrag mehr haben.«
    »Ach so. Das meinen Sie. Ja, was kann ich schon tun ... Ich versuche, Bünting zu überzeugen, dass er mich weiterarbeiten lässt oder mir eine ordentliche Abfindung zahlt.«
    Sie überlegte. »Und darum wollen Sie ...«
    »Darum will ich herausfinden, um was für einen Auftrag es sich gehandelt hätte. Das hat er mir nämlich verschwiegen. Wissen Sie, was ich glaube, Katerina?« Ich machte eine kleine theatralische Pause, die ihr Gelegenheit gab, mit vollem Mund den Kopf zu schütteln. »Ich glaube, dass Hanjo Bünting gewaltig Dreck am Stecken hat.«
    Sie blickte mich ausdruckslos an und kaute weiter. Vielleicht kapierte sie den verdreckten Stecken nicht. Dann grinste sie plötzlich.
    »Ich verstehe. Sie wollen ihn erpressen.«
    »Erpressen? Aber nein! Wo denken Sie hin? Ich will doch bloß ... ich will, dass er sich an unsere Vereinbarung hält. Mein Auftrag, verstehen Sie?«
    Sie nickte.
    »Deswegen brauche ich von Ihnen ein paar Informationen.«
    »Um ihn zu erpressen.«
    »Nein!« Verdammt, war die deutsche Sprache so schwierig? »Wenn ich etwas fordern würde, was mir nicht zusteht, dann wäre das Erpressung, klar? Aber ich will ja nur den Auftrag erfüllen, den wir vereinbart hatten, und dafür einen fairen Lohn kassieren. Oder eine entsprechende Abfindung. Das steht mir zu, verstehen Sie?«
    Sie nickte.
    »Anderes Beispiel. Was verdienen Sie bei Bünting?«
    »Ich bekomme 500 Euro im Monat.«
    »Sehen Sie? Das ist es. Was für ein Halsabschneider! Sind 500 Euro für ukrainische Verhältnisse viel Geld?«
    »Ja, sicher.«
    »Aber nicht für deutsche. Rechnen Sie mal: 500 pro Monat bei einer Arbeitszeit von wie vielen Stunden? 50, 60 pro Woche? Da kommen Sie am Ende auf einen Stundenlohn von vielleicht zwei Euro. Das ist doch zum Kotzen. Da müssen Sie mehr verlangen. Sie haben ein Recht darauf.«
    »Ich hatte nicht viel Auswahl, als ich nach Deutschland kam«, verteidigte sie sich.
    »Natürlich nicht. Sie mussten nehmen, was kommt. Aber es bleibt unwürdig, was er mit Ihnen macht. Sie sollten mehr fordern, glauben Sie

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